Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Die Folgen des Braunkohle-Aus 2030
Mönchengladbach freut sich über ein um acht Jahre vorgezogenes Ende des Tagebaus Garzweiler II, wie von der AmpelKoalition in Berlin befürwortet. Aber dann drohen erhebliche Probleme. Denn für einen geordneten Ausstieg bleibt kaum Zeit.
MÖNCHENGLADBACH Die Freude in Mönchengladbach über ein womöglich vorgezogenes Ende des Braunkohleabbaus im Tagebau Garzweiler II schon im Jahr 2030 ist groß. Aber genauso groß ist die Besorgnis darüber: Wie soll ein um acht Jahre vorgezogenes Aus der Kohle-Förderung südlich von Mönchengladbach gelingen, wenn bis dahin noch sehr viel geklärt werden muss? Und zwar so viel, dass die Stadt zur großen Eile mahnt und dringende Fragen geklärt wissen möchte.
Es geht um Wasser, um Verkehr, um ein Restloch, und Abstände zu möglicherweise schädlichen Stoffen. „Auch wenn sich dieses Ausstiegsszenario gut anhören mag, sehen wir ein erhebliches und dauerhaftes Gefährdungspotenzial für den gesamten Natur- und Wasserhaushalt einschließlich der Trink- und Brauchwasserversorgung im Nordraum“, warnt Planungs- und Umweltdezernent Gregor Bonin. „Unsere Überlegungen, ein Innovation
Valley zu verwirklichen, wären außerdem wahrscheinlich nicht mehr umsetzbar. Schlussendlich wird die Wiederherstellung der Autobahn 61 unwahrscheinlich, wodurch die Planung einer alternativen leistungsfähigen Verbindung drängt.“Barbara Weinthal, Leiterin des Fachbereichs Umwelt der Stadt, sagte jüngst den Fachpolitikern im Umweltausschuss und im Planungsausschuss der Stadt: „Wir sind froh um jedes Jahr, das der Tagebau früher endet – wenn man das aber auch geordnet zu Ende bringen kann.“
1. Problem: Das östliche Restloch Kein schönes Wort, aber wohl bewusst gewählt für etwas Unschönes: Zwischen Jüchen und Grevenbroich, also östlich der Autobahn A 44 n und dem heutigen Abbaugebiet, klafft noch eine riesige, alte Tagebauwunde, die man in Mönchengladbach Restloch nennt. Das ist noch nicht verfüllt. „Und das bereitet uns Kopfschmerzen“, sagt Barbara Weinthal. Die Stadt bezweifelt, dass es ausreichend Abraummengen dafür gibt. Für Mönchengladbach ist es aber zwingend, dass dieses Restloch mit Abraum verfüllt wird, sonst bestehe ein erhebliches Gefährdungspotenzial für das Grundwasser in Mönchengladbach und die Versorgung mit Trink- und Brauchwasser. Das Problem ist nämlich der relativ saure Boden. Wollte man verhindern, dass auch der See versauert, müssen sogenannte Kippungsmaßnahmen fortgesetzt werden, die der Versauerung entgegen wirken. Es muss also aus Kalk hinzugegeben werden. „Die Verfüllung des Restlochs und die Fortführung der Kippenmaßnahmen sind uns zugesichert worden, und darauf werden wir auch bestehen“, kündigte André Roßmann vom Fachbereich Umwelt an.
2. Problem: Die Wasser-Frage Wenn der heutige Tagebau verkleinert wird und zum See werden soll, dann soll das Wasser dafür aus dem Rhein kommen. Das gilt aber auch für den Tagebau Hambach. Dafür müssen erst Leitungen gebaut werden.
Gleichzeitig darf der Wasserspiegel des Rheins nur um einen Zentimeter abgesenkt werden für die Füllung der Restseen. Da wird es eng. Die Stadt ahnt: „Die gleichzeitige Füllung der Bergbaufolgeseen Garzweiler und Hambach innerhalb von 40 Jahren ab 2030 ist nicht möglich.“Sprich: Mönchengladbach will den Rhein weiter als einen Zentimeter absenken dürfen. Hinzu kommt: „Rheinwasserzustrom kann zur Sicherung der Trinkwasserversorgung im Nordraum erhöhte Anforderungen an die Wasseraufbereitung stellen.“Sprich: Es braucht dafür neue Anlagen. Denn Rheinwasser hat eine ganz andere Qualität und Zusammensetzung als Sümpfungswasser. „Ein frühzeitigerer Ausstieg bedeutet, dass alle wasserwirtschaftlichen Berechnungen schnellstmöglich angepasst werden müssen.“Dafür sind nun keine acht Jahre mehr Zeit.
3. Problem: Die Verkehrsfrage Nicht nur die Tagebaufolgelandschaft muss rekultiviert werden. Auch der Verkehr braucht neue Planungen, wenn der Tagebau verkleinert wird. Dafür hat der Zweckverband Landfolge, dem die Stadt angehört, ein Straßenverkehrs- und Radwegenetz beschlossen, zumindest ein Grobkonzept. Demnach seien die heutigen Autobahnkreuze nicht optimal ausgebaut, sagt Verbandsvorsteher Volker Mielchen. Jüchen werde stark von Lärm belästigt, dort fehle ein vernünftiger Emmissionsschutz. Der Zweckverband schlägt einen „Ring um den See“vor, damit Verkehr nicht durch die Dörfer fließt. Fraglich ist, ob die alte Autobahn 61 noch einmal neu hergestellt wird. Die Stadt hegt Zweifel daran, ob dies bei einem kleineren und veränderten Restsee noch möglich ist. Dazu skizziert das Radverkehrskonzept einen Rundweg rund um den See entlang des Ufers. „Ein Riesenprojekt“, sagte Mielchen den Gladbacher Politikern.
Das gilt für den gesamten Ausstieg, für den die Stadt fordert: „Sämtliche Planungsprozesse müssen dringend beschleunigt werden.“Sonst werde ein geordneter Ausstieg 2030 kaum möglich sein.