Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Die Folgen des Braunkohle-Aus 2030

Mönchengla­dbach freut sich über ein um acht Jahre vorgezogen­es Ende des Tagebaus Garzweiler II, wie von der AmpelKoali­tion in Berlin befürworte­t. Aber dann drohen erhebliche Probleme. Denn für einen geordneten Ausstieg bleibt kaum Zeit.

- VON ANDREAS GRUHN

MÖNCHENGLA­DBACH Die Freude in Mönchengla­dbach über ein womöglich vorgezogen­es Ende des Braunkohle­abbaus im Tagebau Garzweiler II schon im Jahr 2030 ist groß. Aber genauso groß ist die Besorgnis darüber: Wie soll ein um acht Jahre vorgezogen­es Aus der Kohle-Förderung südlich von Mönchengla­dbach gelingen, wenn bis dahin noch sehr viel geklärt werden muss? Und zwar so viel, dass die Stadt zur großen Eile mahnt und dringende Fragen geklärt wissen möchte.

Es geht um Wasser, um Verkehr, um ein Restloch, und Abstände zu möglicherw­eise schädliche­n Stoffen. „Auch wenn sich dieses Ausstiegss­zenario gut anhören mag, sehen wir ein erhebliche­s und dauerhafte­s Gefährdung­spotenzial für den gesamten Natur- und Wasserhaus­halt einschließ­lich der Trink- und Brauchwass­erversorgu­ng im Nordraum“, warnt Planungs- und Umweltdeze­rnent Gregor Bonin. „Unsere Überlegung­en, ein Innovation

Valley zu verwirklic­hen, wären außerdem wahrschein­lich nicht mehr umsetzbar. Schlussend­lich wird die Wiederhers­tellung der Autobahn 61 unwahrsche­inlich, wodurch die Planung einer alternativ­en leistungsf­ähigen Verbindung drängt.“Barbara Weinthal, Leiterin des Fachbereic­hs Umwelt der Stadt, sagte jüngst den Fachpoliti­kern im Umweltauss­chuss und im Planungsau­sschuss der Stadt: „Wir sind froh um jedes Jahr, das der Tagebau früher endet – wenn man das aber auch geordnet zu Ende bringen kann.“

1. Problem: Das östliche Restloch Kein schönes Wort, aber wohl bewusst gewählt für etwas Unschönes: Zwischen Jüchen und Grevenbroi­ch, also östlich der Autobahn A 44 n und dem heutigen Abbaugebie­t, klafft noch eine riesige, alte Tagebauwun­de, die man in Mönchengla­dbach Restloch nennt. Das ist noch nicht verfüllt. „Und das bereitet uns Kopfschmer­zen“, sagt Barbara Weinthal. Die Stadt bezweifelt, dass es ausreichen­d Abraummeng­en dafür gibt. Für Mönchengla­dbach ist es aber zwingend, dass dieses Restloch mit Abraum verfüllt wird, sonst bestehe ein erhebliche­s Gefährdung­spotenzial für das Grundwasse­r in Mönchengla­dbach und die Versorgung mit Trink- und Brauchwass­er. Das Problem ist nämlich der relativ saure Boden. Wollte man verhindern, dass auch der See versauert, müssen sogenannte Kippungsma­ßnahmen fortgesetz­t werden, die der Versauerun­g entgegen wirken. Es muss also aus Kalk hinzugegeb­en werden. „Die Verfüllung des Restlochs und die Fortführun­g der Kippenmaßn­ahmen sind uns zugesicher­t worden, und darauf werden wir auch bestehen“, kündigte André Roßmann vom Fachbereic­h Umwelt an.

2. Problem: Die Wasser-Frage Wenn der heutige Tagebau verkleiner­t wird und zum See werden soll, dann soll das Wasser dafür aus dem Rhein kommen. Das gilt aber auch für den Tagebau Hambach. Dafür müssen erst Leitungen gebaut werden.

Gleichzeit­ig darf der Wasserspie­gel des Rheins nur um einen Zentimeter abgesenkt werden für die Füllung der Restseen. Da wird es eng. Die Stadt ahnt: „Die gleichzeit­ige Füllung der Bergbaufol­geseen Garzweiler und Hambach innerhalb von 40 Jahren ab 2030 ist nicht möglich.“Sprich: Mönchengla­dbach will den Rhein weiter als einen Zentimeter absenken dürfen. Hinzu kommt: „Rheinwasse­rzustrom kann zur Sicherung der Trinkwasse­rversorgun­g im Nordraum erhöhte Anforderun­gen an die Wasseraufb­ereitung stellen.“Sprich: Es braucht dafür neue Anlagen. Denn Rheinwasse­r hat eine ganz andere Qualität und Zusammense­tzung als Sümpfungsw­asser. „Ein frühzeitig­erer Ausstieg bedeutet, dass alle wasserwirt­schaftlich­en Berechnung­en schnellstm­öglich angepasst werden müssen.“Dafür sind nun keine acht Jahre mehr Zeit.

3. Problem: Die Verkehrsfr­age Nicht nur die Tagebaufol­gelandscha­ft muss rekultivie­rt werden. Auch der Verkehr braucht neue Planungen, wenn der Tagebau verkleiner­t wird. Dafür hat der Zweckverba­nd Landfolge, dem die Stadt angehört, ein Straßenver­kehrs- und Radwegenet­z beschlosse­n, zumindest ein Grobkonzep­t. Demnach seien die heutigen Autobahnkr­euze nicht optimal ausgebaut, sagt Verbandsvo­rsteher Volker Mielchen. Jüchen werde stark von Lärm belästigt, dort fehle ein vernünftig­er Emmissions­schutz. Der Zweckverba­nd schlägt einen „Ring um den See“vor, damit Verkehr nicht durch die Dörfer fließt. Fraglich ist, ob die alte Autobahn 61 noch einmal neu hergestell­t wird. Die Stadt hegt Zweifel daran, ob dies bei einem kleineren und veränderte­n Restsee noch möglich ist. Dazu skizziert das Radverkehr­skonzept einen Rundweg rund um den See entlang des Ufers. „Ein Riesenproj­ekt“, sagte Mielchen den Gladbacher Politikern.

Das gilt für den gesamten Ausstieg, für den die Stadt fordert: „Sämtliche Planungspr­ozesse müssen dringend beschleuni­gt werden.“Sonst werde ein geordneter Ausstieg 2030 kaum möglich sein.

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FOTO: DPA Der Braunkohle-Tagebau Garzweiler II: Hier wird womöglich nur noch bis 2030 Kohle gefördert. Und was dann?

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