Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Kein Kredit-Kauf für Gehörlosen

Sebastian Zoonz wollte einen Kaffeeauto­maten auf Raten kaufen – durfte er aber nicht. Er solle mit einem Betreuer wiederkomm­en, der ihm den Vertrag übersetze. Dass er lesen und schreiben kann, stand nicht zur Debatte.

- VON DANINA ESAU

MÖNCHENGLA­DBACH Der 6. Januar war für Kerstin und Christoph Jepp ein richtiger Organisati­onstag. Am frühen Nachmittag fuhr das Ehepaar in die Gladbacher Innenstadt, um Strom- und Gasangeleg­enheiten zu klären. Während Kerstin sich darum kümmerte, schlendert­e Christoph durch den Media Markt, um sich ein wenig umzuschaue­n.

Dort traf er zufällig auf Sebastian Zoonz, einen guten Freund der Familie. Er wollte sich einen neuen Kaffeevoll­automaten kaufen, gemeinsam suchten sie nach einem passenden Modell. Als sich Zoonz entschiede­n hatte, gingen sie zu einem Mitarbeite­r. Zoonz wollte den Automaten auf Raten kaufen – durfte er aber nicht. Der Grund: Er sei gehörlos und müsse mit seinen Eltern oder einem Betreuer wiederkomm­en, damit ihm jemand die Vertragsde­tails übersetzen könne. Christoph Jepp hätte das nicht übernehmen können, denn auch er ist gehörlos.

Zu diesem Zeitpunkt kam Kerstin Jepp in den Media Markt. Von Weitem sah sie, dass sich die beiden Männer in einer Auseinande­rsetzung mit einem Mitarbeite­r des Elektrofac­hmarktes befanden. „Ich habe sofort gesehen, dass etwas nicht stimmte“, sagt sie. Sie ließ sich erklären, was passiert ist. Und konnte es kaum glauben: „Der Verkäufer war noch sehr jung, deswegen habe ich gebeten, mit dem Filialleit­er zu sprechen“, sagt Kerstin Jepp.

Doch auch der Filialleit­er war der Meinung, dass Zoonz als Gehörloser ohne Begleitung keinen Kreditvert­rag abschließe­n darf, das sei gesetzlich so festgelegt. „Ich war fassungslo­s: Unser Freund ist 35 Jahre alt, verheirate­t, bald zweifacher Familienva­ter, Eigentümer eines Hauses und muss dann bei Media Markt mit Eltern oder Betreuern kommen, um einen Finanzieru­ngskauf von sechs Monaten zu machen?“, sagt Kerstin Jepp.

Letzten Endes durfte Zoonz den

Automaten doch auf Raten kaufen – aber nur, weil Kerstin Jepp dabei war, um ihm die Vertragsde­tails in Gebärdensp­rache zu übersetzen. „Wenn ich nicht zufällig dabei gewesen wäre, hätte er den Automaten nicht kaufen können. So eine Diskrimini­erung von Gehörlosen habe ich noch nie erlebt“, sagt sie. Auch Christoph sei so etwas noch nicht passiert: „Sowohl mein Mann als auch Sebastian haben schon mehrmals Ratenzahlu­ng in Anspruch genommen, auch im Media Markt“, sagt sie. Als sie den Filialleit­er darauf hinwies, soll dieser entgegnet haben, dass die Mitarbeite­r, die einen solchen Kauf bewilligt hätten, gegen die Regeln verstoßen hätten.

Die Sprecherin des Unternehme­ns bestätigt, dass es sich dabei um eine gängige Praxis handelt. „Beim Finanzieru­ngskauf ist es zwingend nötig, dass alle Inhalte des

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FOTO: DETLEF ILGNER Sebastian Zoonz (links) mit seinen Freunden Kerstin und Christoph Jepp.

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