Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Collagen von Karl-Josef Weiß-Striebe – zwischen Zufall und Absicht
Der c/o-Künstler zeigt im städtischen Projektraum EA 71 Werke aus vermeintlich zufällig gefundenen Materialien – auch aus dem Papierkorb.
MÖNCHENGLADBACH Unter der Woche müssen sich potenzielle Betrachter mit dem Blick durch die Schaufenster des städtischen Projektraums EA 71 begnügen. Doch sie sollten nach Möglichkeit an einem Samstag oder Sonntag zu Karl-Josef Weiß-Striebes Ausstellung „Collagen“wiederkehren. Im flüchtigen und zugleich komplexen Ausdruck verdienen die Arbeiten die unmittelbare Annäherung.
Die Collagen entstanden aus vermeintlich zufällig gefundenen Dingen, wie Papier, Pappe, Holz und Malereien, Zeichnungen sowie gedruckten Bildelementen. Die Hängung mittels Büroklammern unterstreicht den Ausdruck von Spontaneität und Werkstattcharakter. Zudem ließ der Künstler zuweilen im Schaffensprozess „passierte“Ereignisse stehen.
Die kleineren Exponate seien die Vorarbeiten zu den beiden großen Formaten an den Wänden rechts und links der Tür, erklärt er. In der augenfälligen Verwandtschaft sind die großen Collagen doch sehr verschieden. Die eine Arbeit ist auf die Fläche bezogen, während die andere in reliefartiger Annäherung haptisch ausgeprägt ist. Hier addiert Weiß-Striebe Räume und Nischen, um Bildelemente zu inszenieren, darunter in zweifacher Ausführung ein Kinderfoto des inzwischen 71-Jährigen. Zum verwendeten Material verrät er: „Ich habe im Grunde aus dem Papierkorb gearbeitet. Darunter sind auch Reste von eigenen Arbeiten, die hier wieder auftauchen. Spontaneität bleibt, wird aber doch gleichzeitig zurückgenommen durch den gestalterischen Willen“.
So durchbrechen denn auch Ahnungen von Figur und Architekturelementen die informelle Gestaltung. Der Künstler bekennt sich zu einer experimentellen Suche, die Raum lässt für sich verselbstständigende Formen. „Da ist keine Kontrolle im Inhaltlichen, sondern nur eine Kontrolle im Gestalterischen“, sagt er. In der Betonung des dreiteiligen Aufbaus assoziieren einige Collagen Bühne und Triptychon. Hier und da sind Fußabdrücke einbezogen, inspiriert von der Beobachtung des Alltäglichen. „Wenn man sich Bürgersteige ansieht, liegen hier oft fertige Bilder. Wir Menschen hinterlassen Spuren, die sich manchmal zum Bild zusammenfügen, ohne dass wir das wollen“, so der 71-Jährige.
„Irgendwann gingen mir die geordneten Bildformen auf den Geist“, sagt er zu Elementen, die „passiert“sind und er zugelassen hat. Mit der Ausstellung „Mängelexemplar“vor zwei Jahren habe er begonnen, auch Schadhaftes einzubeziehen. Als großes Thema bezeichnet Weiß-Striebe die Auseinandersetzung mit der Bilderflut unserer Zeit, die den Wert eines Bildes beeinträchtige. „Mir geht es eher darum, die Flut der Bilder zu bändigen. Doch das Thema verselbstständigt sich und wird wieder zu eigenen Bildern. Ich komme da nicht raus“, bekennt der Künstler.
Info