Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Borussia hat eine neue Nummer drei
Auf der Torhüter-Position stehen wichtige Entscheidungen an. Inzwischen hat sich auch die Hierarchie verändert.
Für Außenstehende mag es zunächst unerheblich sein, wer der dritte Torhüter eines Vereins ist, schließlich kommt es nur selten vor, dass sowohl der Stamm- als auch der Ersatztorhüter ausfällt. Für die Spieler selbst kann es aber ein großer Unterschied sein, ob man im Klub als Nummer drei oder vier gesehen wird. Die Nummer drei hat in der Regel die Garantie, am Profi-Training teilzunehmen, während die Nummer vier sich auch schon mal bei den U23-Einheiten wiederfindet.
Bei Borussia haben Jan Olschowsky und Jonas Kersken allerdings das Glück, dass Torwarttrainer Fabian Otte sie beide regelmäßig ins Training bei den Profis eingliedert. Olschowsky, der im Alter von acht Jahren zu Borussia kam, ging vor der Saison als Nummer drei ins Rennen, Kersken als Nummer vier. Nach Informationen unserer Redaktion hat sich diese Hierarchie inzwischen geändert, Kersken ist an Olschowsky vorbeigezogen und hätte auch am vergangenen Wochenende in Bielefeld zum Kader gehört, wenn Sippel nach seiner Rippenprellung nicht rechtzeitig fit geworden wäre.
Im Klub ist man mit Kerskens Entwicklung, die er seit seinem Wechsel 2019 von Rot-Weiss Essen genommen hat, sehr zufrieden. Folglich darf Kersken mittlerweile häufiger als in der Vorsaison in der U23 unter Trainer Heiko Vogel ran. In der Spielzeit 2020/21 waren es bei Olschowsky noch 26 Einsätze, bei Kersken nur elf. In dieser Saison kommt Kersken
bislang auf elf Spiele, Olschowsky auf zehn. Für Kersken sprechen vor allem seine Stärke im Eins-gegen-Eins und seine Ausstrahlung. Seine Körpergröße von 1,90 Meter macht ihn ohnehin zu einem anderen Spielertypen als die kleiner gewachsenen Kollegen Yann Sommer, Tobias Sippel und Olschowksy.
Mit Blick auf den Sommer könnte das für Olschowsky bedeuten, dass ein Leihgeschäft Sinn ergeben würde, um Kersken zum Stammtorwart der U23 zu befördern. Mit abwechselnden Einsätzen werden sich beide auf Dauer nicht zufriedengeben. Bei Olschowsky wäre eine Leihe gleichbedeutend mit einer Vertragsverlängerung, die dann auch bei Kersken notwendig wäre, um den Status der Nummer drei zu untermauern.
Bleibt die Frage, was mit Moritz Nicolas passiert, der ebenfalls bis 2023 an Borussia gebunden ist. Schafft er mit Viktoria Köln, wo er in dieser Saison Stammkeeper ist, den Klassenerhalt der 3. Liga, könnten die Kölner daran interessiert sein, Nicolas fest zu verpflichten, was für den mittlerweile 24-Jährigen eine gute Chance wäre, sich im Profi-Fußball zu etablieren und gegebenenfalls noch für höhere Aufgaben zu empfehlen. Leihen in die Bundesliga (Union Berlin) und die 2. Bundesliga (VfL Osnabrück) hatten nicht den gewünschten Erfolg gebracht.
Wahrscheinlich ist zudem, dass Borussia und Tobias Sippel mit einem auslaufenden Vertrag in die neue Saison gehen werden. Beide Parteien strahlten in der Vergangenheit keine Ungeduld aus, wenn es um Sippels Zukunft ging und einigten sich meist erst im Winter über eine weitere Zusammenarbeit. Im nächsten Jahr wird Sippel dann 35 Jahre alt. Bleibt er fit, ist die nächste Vertragsverlängerung nicht auszuschließen.
Wie es bei Yann Sommer weitergeht, ist noch nicht abzusehen. Das zu regeln, dürfte eine der ersten Aufgaben von Gladbachs neuem Sportdirektor werden, der nach dem Abgang von Max Eberl allerdings erst noch gefunden werden muss. Mit einer weiteren Unterschrift würde der Schweizer, der in seiner Heimat zuletzt zum „Fußballer des Jahres“gekürt wurde, wohl „Ja“zu einem zehnjährigen Verbleib bei Borussia sagen, der 2024 eintreten würde. Ein Abgang Sommers, mit dessen Ablösesumme der Klub ohnehin einen externen Torhüter verpflichten könnte, würde die Frage nach der Nummer zwei, drei und vier womöglich noch einmal durcheinanderwürfeln.