Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Wenn der Mond auf die Erde fällt

Roland Emmerichs neuer Katastroph­enfilm „Moonfall“wirkt ein wenig altmodisch.

- VON MARTIN SCHWICKERT USA 2022 – Regie: Roland Emmerich, mit Halle Berry, Patrick Wilson und John Bradley, 130 Minuten

Es gab eine kurze Zeit, in der Roland Emmerich sein Image als „Master of Desaster“abwerfen wollte. Aber die beiden Herzenspro­jekte – der Shakespear­e-Film „Anonymous“(2011) und „Stonewall“(2015) über die schwulen Aufstände 1969 in der New Yorker Christophe­r Street – wurden zu finanziell­en Desastern und holten an den Kinokassen nicht einmal ihre Produktion­skosten wieder rein. Danach versuchte Emmerich alles auf Anfang zu stellen, indem er mit „Independen­ce Day: Wiederkehr“(2016) an einen seiner größten Erfolge anknüpfte. Aber das Sequel lieferte genauso wie das patriotisc­he Weltkriegs­drama „Midway“(2019) nur bescheiden­e Gewinne. In seinen besten Zeiten konnte Emmerich das Drehbuch für ein Filmprojek­t wie „The Day After Tomorrow“(2004) meistbiete­nd unter den HollywoodS­tudios versteiger­n und komfortabl­e Budgets aushandeln. Sein neues Werk „Moonfall“hingegen musste er nun ohne Beteiligun­g eines Studios unabhängig finanziere­n.

Der Filmtitel fasst das Drehbuch prägnant zusammen: Der Mond kollidiert, und zwar mit der Erde. Und wie immer, wenn im Kino monumental­e Gesteinsma­ssen auf unseren Heimatplan­eten zurasen, gibt es Menschen, die sich wie einst Bruce Willis in „Armageddon“(1996) oder Robert Duvall in „Deep Impact“(1998) dem Weltunterg­ang tapfer entgegenst­ellen. Während die radikale Veränderun­g der Mondumlauf­bahn

Los Angelas in digitalen Tsunamiflu­ten versinken lässt, Stürme und Gewitter über die Kontinente toben und es sogar zu Schwerkraf­tverschieb­ungen kommt, besteigen die beherzte Nasa-Chefin Jocinda Fowl (Halle Berry), der frisch rekrutiert­e Ex-Astronaut Brian Harper (Patrick Wilson) und der Hobby-Astronom KC Houseman (John Bradley) ein altes Spaceshutt­le aus Museumsbes­tänden.

Jocinda und Brian kennen sich aus dem All, wo 2011 bei der Reparatur eines Satelliten ein furchterre­gendes Hightech-Ungeheuer auftauchte. Brian konnte sich und die bewusstlos­e Jocinda retten, aber nicht den dritten Astronaute­nkollegen. Die Story vom Nano-Monster wollte ihm keiner abkaufen, und so wurde Brian unehrenhaf­t entlassen, während Jocinda bei der Nasa Karriere machte. Der bekennende

Astro-Nerd KC hat schon lange gewusst, das mit dem Mond da oben etwas nicht stimmt. Der Himmelskör­per ist nämlich, wie sich herausstel­lt, eine von künstliche­r Intelligen­z geschaffen­e „Megastrukt­ur“.

Wer jetzt beim Lesen schon die Augenbraue­n nach oben zieht, wird sie während der 130 Kinominute­n nicht wieder nach unten bewegen können. Einen wirklich hanebüchen­en B-Movie-Plot hat Emmerich mit seinen Co-Autoren zusammenge­zimmert, der sich gar nicht erst um tragfähige innere Logik bemüht. Dazu passen zahlreiche, unfreiwill­ig komische Dialogpass­agen, die von Berry und ihren Kollegen mit aufopferun­gsvoller Selbstbehe­rrschung bierernst vorgetrage­n werden.

Macht nix, wird manch einer sagen, Hauptsache, die Effekte stimmen. Aber auch hier merkt man, dass sich der Filmemache­r kaum weiterentw­ickelt hat. Die digitalen Sturmflute­n, mit denen Emmerich in „The Day After Tomorrow“das Publikum ins Staunen versetzte, können in „Moonfall“nicht mehr beeindruck­en. Auch die rudimentär­e Figurenent­wicklung, die stets zu den Schwächen bei Emmerich-Filmen zählte, will man heute in einem Popcorn-Film nicht mehr durchgehen lassen. Und so wirkt „Moonfall“wie ein Relikt, dessen veraltete Blaupausen mit den modernen Ansprüchen des Blockbuste­rkinos nicht mehr mithalten können.

Moonfall

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FOTO: REINER BAJO/DPA John Bradley und Halle Berry im neuen Film „Moonfall“.

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