Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Digitalisierung sorgt für Ärger
Der Kreistag hat den Haushalt für 2022 verabschiedet. Kämmerer Goertz plant ein Minus von 4,5 Millionen Euro.
KREIS HEINSBERG Der Heinsberger Kreistag hat den Haushalt für das Jahr 2022 mit einem geplanten Minus von 4,5 Millionen Euro verabschiedet. Dagegen stimmten bei der Sitzung am Donnerstagabend lediglich die Grünen, alle anderen Fraktionen konnten sich mit der Planung für das laufende Jahr anfreunden.
Eingerechnet sind im Haushalt auch sogenannte außerordentliche Erträge in Höhe von 1,8 Millionen Euro. Dieses Geld existiert faktisch nicht, wird nach Vorgaben des Bundes aber in den Haushalten verwendet, um Fehlbeträge auszugleichen, die durch die Corona-Pandemie entstehen. Es kann entweder auf einen Schlag oder über die nächsten 50 Jahre ausgeglichen werden.
CDU-Fraktionschef Harald Schlößer sieht den Kreis auf einem sehr guten Weg und lobte vor allem die Digitalisierung: Schon 2018 sei auf CDU-Antrag das Serviceportal auf den Weg gebracht worden, über das sich mittlerweile 472 Dienstleistungen online erledigen lassen. „Die immense Antragsflut, die durch die Pandemie kam, wäre ohne dieses Portal kaum zu verarbeiten gewesen“, sagt er. Ein deutlich anderes Bild zeichnen hingegen die Grünen: Jörg van den Dolder rechnete vor, dass die Verwaltung trotz Pandemie die Zahl der Beschäftigten im Homeoffice („alternierende Heimarbeit“) gerade mal auf zehn Prozent gesteigert habe.
Auch Ralf Derichs von der SPD sieht andere Kreise bei der Digitalisierung vorne. „Da braucht man nur die Angebote etwa für Impfungen oder die Flutopferhilfe zu vergleichen. Auch auf Facebook haben andere Kreise ein besseres Informationsangebot.“Dagegen steuerte Stefan Lenzen von der FDP: „Mit dieser Legendenbildung müssen wir sofort mal aufhören“, sagte er zum angeblich schwach digitalisierten Kreis. Es sei viel zu tun, aber man steuere unter anderem mit elf Millionene Euro dagegen, die für den
Breitbandausbau im Kreis veranschlagt sind. Hinzu komme ein um mehr als 700.000 Euro erhöhter Aufwand für die Stabstelle Digitalisierung, ergänzte Harald Schlößer.
Mehr als die fehlende Digitalisierung störte die Grünen aber – und da stimmte auch die SPD zu – die nach Meinung der Fraktion deutlich zu geringe Investition in den Klimaschutz: „Für den Straßenbau wird immer noch deutlich mehr veranschlagt als für Radwege und Klimaschutz zusammen“, sagte van den Dolder. Der SPD fehlt zudem (ein Dauerbrenner bei den Sozialdemokraten) eine Verbraucherzentrale, auch die medizinische Versorgung sei nach dem Aus der Geilenkirchener Notdienstpraxis nicht mehr gut.
Die Freien Wähler stören sich an der Umlage für den Landschaftsverband Rheinland (LVR). Bei den geplanten 220 Millionen Euro „muss man sich die Frage stellen, was der LVR damit macht“, sagte Walter Leo Schreinemacher. „Nicht mehr nachvollziehbar“sei es, wie kritiklos die Heinsberger Landtagsmitglieder (Stefan Lenzen für die FDP, Thomas Schnelle und Bernd Krückel für die CDU) dies hinnehmen würden. Gerne sähen die Freien Wähler mehr Weitsicht für Investitionen in Jugend, Schule und Bildung. „Stattdessen wird Geld in ein Fass ohne Boden namens Haus der Musik investiert“, sagte Schreinemacher.
Die AfD war nach Ausführung von Jürgen Spenrath nicht darüber informiert worden, dass die Haushaltsreden anders als zunächst geplant in coronabedingt kurzer, aber dennoch mündlicher Form vorgetragen werden sollten. Sie gab ihre Rede daher nur zu Protokoll. Dem Haushalt stimmte die AfD zu, kritisierte aber den zu großen Fokus auf den Klimaschutz, der der wirtschaftlichen Entwicklung im Weg stehe.
Für das Jahr 2021 prognostiziert Kämmerer Goertz ein Minus von 6,15 Millionen Euro, das damit knapp 1,6 Millionen über dem geplanten Minus (4,5 Millionen) liegen dürfte.