Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Die Kunst lockt mit Größe
Kassels Documenta und die Kunst-Biennale Venedig zählen zu den wichtigen Ereignissen 2022. Es gibt aber noch weitere wichtige Ausstellungen. Eine Vorschau von Köln bis London.
Kassel: Documenta
Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Die am 18. Juni beginnende 15. Ausgabe der Kasseler Weltkunstausstellung Documenta wird das Ergebnis eines riskanten Wagnisses sein. Denn die Direktion hat die künstlerische Leitung aus den Händen gegeben und einer hierzulande kaum bekannten Gruppe übertragen, dem Kollektiv „Ruangrupa“aus Indonesien. Die Leute von „Ruangrupa“reichen die Verantwortung weiter, indem sie ihrerseits Aufträge an Künstler vergeben. In einem Fall hat das bereits zu Protesten geführt. Der Vorwurf gegen das palästinensische Künstlerkollektiv „Question of Funding“lautet: Antisemitismus. Es wird vermutlich nicht die einzige Kontroverse bleiben, mit der die Documenta in diesem Jahr von sich reden macht.
Venedig: Kunst-Biennale
Feministisch dagegen will die bereits am 23. April beginnende KunstBiennale von Venedig Aufmerksamkeit erregen. Unter dem Titel „Die Milch der Träume“beschäftigt sie sich mit Fragen, denen zurzeit alle nachgehen: Welche Überlebenschancen hat die Menschheit? Und wie würde der Planet ohne sie aussehen? Anders als in Kassel wird man in Venedig auch Künstlerinnen begegnen, die auf dem internationalen Markt einen Namen haben.
Krefeld: Adolf Luther
Wenn die alle fünf Jahre anberaumte Documenta und die Biennale wieder einmal gleichzeitig stattfinden, führt das erfahrungsgemäß zu einem verstärkten Besucherstrom aus Übersee, der ebenso den europäischen Museen zugutekommt. Vielleicht auch dem Haus Esters in Krefeld, das ab 3. April an Adolf Luther (1912–1990) erinnern wird, den Sohn Uerdingens und bedeutenden Vertreter der kinetischen Kunst und der Op-Art.
Köln: Isamu Noguchi
Das Museum Ludwig in Köln wird vom 26. März an den amerikanischjapanischen Bildhauer Isamu Noguchi (1904–1988) ins Blickfeld rücken. Noguchi ist mit seinem „Mid-Century“von Couchtisch und AkariLeuchten vor allem als Designer weltbekannt. Die Kölner Ausstellung wird ihn als großen, Grenzen überschreitenden Bildhauer des 20. Jahrhunderts vorstellen.
Köln: „Karlsruher Passion“
Ebenfalls in Köln, rechtzeitig vor Ostern, wird das Wallraf-RichartzMuseum vom 8. April an die seit Jahrhunderten getrennten sieben Tafelbilder der „Karlsruher Passion“wieder vereinen. „Die spätgotischen Tafeln mit Szenen aus der Passionsgeschichte Christi gehören zum Besten, was die Malkunst des späten Mittelalters hervorgebracht hat“, verspricht das Museum. Und schon mal vormerken: Ab 28. Oktober wird das Museum zusätzlich die „weltweit erste Ausstellung zur biblischen Susanna in der Kunst“bieten, jener Susanna im Bade, die von zwei lüsternen Greisen dabei beobachtet wird – ein Beitrag auch zur „Me too“-Bewegung unserer Tage.
Den Haag: „Mondrian Moves“
Unter diesem Titel schließlich wird das Kunstmuseum Den Haag vom 2. April an den 150. Geburtstag des niederländischen, durch seine geometrische Farbmalerei berühmten Konstruktivisten feiern. Die Ausstellung wird speziell Mondrians inspirierende Freundschaften und seine Rolle als Inspirationsquelle für ungezählte Künstlerinnen und Künstler beleuchten.
Düsseldorf: „Mondrian“
Eine breiter angelegte Schau wird vom 29. Oktober an das Düsseldorfer K20 beleben. Der Fokus der Ausstellung „Mondrian“in Düsseldorf liegt auf Werken, die Mondrians Entwicklung bis in die 1920erJahre und die stilistische Entstehung seines Spätwerks beleuchten. In einzelnen Kapiteln treten Motive wie Windmühlen, Dünen und das Meer, sich im Wasser spiegelnde Bauernhöfe und Pflanzen in verschiedenen Abstraktionsstufen hervor.
Trier: „Der Untergang des Römischen Reiches“
Außerhalb von Nordrhein-Westfalen verspricht vom 25. Juni an vor allem eine Ausstellung in drei Museen der Stadt Trier zum Publikumsmagneten zu werden: „Der Untergang des Römischen Reiches“. Anhand kostbarer Objekte – darunter der vergoldete, 1955 in Serbien gefundene Paradehelm von Berkasovo – verdeutlicht die Schau auch, welche Errungenschaften zwischen prunkvoller Spätantike und frühem Mittelalter verloren gingen oder in gewandelter Form fortlebten.
Frankfurt: „Renoir. Rococo Revival“
Frankfurt will Besucher vom 2. März an mit „Renoir. Rococo Revival“ins Städel-Museum locken. Es gibt tatsächlich Bezüge zwischen dem französischen Impressionisten und der Malerei des Rokoko. Pierre-Auguste Renoir teilte mit dem Rokoko die Vorliebe für Spaziergänger in Parkanlagen und am Flussufer, die Rast im Freien und das Gartenfest. Darüber hinaus malte er häufig häusliche Szenen und setzte intime Momente wie das Baden, Lesen oder Musizieren in den Mittelpunkt.
London „Raphael“
Aus dem üppigen Ausstellungsangebot des europäischen Auslands ragt auch die National Gallery in London heraus. Ihr genügt der knappe Titel „Raphael“, um vom 9. April an Liebhaber des italienischen Universalkünstlers aus ganz Europa in Bewegung zu setzen. Sie erwartet Gemälde, Zeichnungen und Beispiele aus Architektur und Dichtung unter anderem aus der Eremitage in St. Petersburg, der National Gallery of Art in Washington, dem Prado-Museum in Madrid und den Uffizien in Florenz.