Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Hunde und Katzen lassen sich auch umweltfreu­ndlicher ernähren

Plastik über Plastik und Fleisch aus unbekannte­r Haltung: Tierfutter hat häufig ein schlechtes Image. Unappetitl­iche tierische Teilchen darin wecken bei Verbrauche­rn ein schlechtes Gewissen. Zu Recht? Nachgefrag­t bei einer Ernährungs­beraterin für Tiere.

- VON MARIE VON DER TANN

Katzen und Hunde sind Fleischfre­sser, das Menü kommt oft portionier­t aus der Plastikver­packung. Für nachhaltig­keitsbewus­ste Konsumente­n äußerst unbefriedi­gend. Doch was tun – selber kochen oder vegan ernähren? Kathrin Irgang, Berliner Tierärztin mit Zusatzbeze­ichnung Ernährungs­beratung Kleintiere, erklärt, worauf Tierhalter achten sollten.

Frau Irgang, Tierfutter ist oft in Plastik verpackt, woran liegt das? Und: Gibt es Alternativ­en?

KATHRIN IRGANG Tierfutter zu verpacken, ist nicht ganz einfach. Trockenfut­ter ist zum Beispiel mit Fett besprüht. Das kann nicht in einfache Papiertüte­n gefüllt werden. Aber es gibt inzwischen Futter in Papiertüte­n mit kompostier­barer Folie und Leckerli-Kekse in Papierbech­ern. Nassfutter ist auch in Tetrapaks und Gläsern erhältlich. Glas ist aber natürlich schwer, was für den Transport wiederum ungeschick­t ist.

Wer selber kocht oder roh füttert, der kann den Verpackung­smüll sehr stark minimieren – sind das Alternativ­en?

IRGANG Selber kochen oder die Rohfütteru­ng, das sogenannte Barfen, kann man machen. Man braucht aber spezielles Wissen. Fütterung nach Augenmaß mit ein bisschen Gemüse und ein bisschen Fleisch ist nicht automatisc­h bedarfsger­echt. Hunde und Katzen sind Beutetierf­resser, sie fressen nicht nur Muskelflei­sch und sie brauchen bestimmte Mineralien aus Knochen und Innereien, ebenso Vitamine. Ich würde deshalb dringend raten, eine Ration von einem Tierarzt mit der Zusatzbeze­ichnung Ernährungs­beratung für Kleintiere oder einem Fachtierar­zt für Tierernähr­ung zusammenst­ellen zu lassen.

Tritt das Tier dann nicht in Nahrungsko­nkurrenz mit dem Menschen?

IRGANG Bei einer richtig zusammenge­stellten Ration nicht automatisc­h. Dazu gehören unbedingt auch Innereien. Hunde fressen aber zum Beispiel auch das Euter, das wir nicht essen. Katzen sind sehr wählerisch. Sie fressen nur, was sie in den ersten Lebensmona­ten kennengele­rnt haben. Der Satz „Irgendwann kriegt sie schon Hunger und frisst es“stimmt so nicht, Katzen fressen dann lieber gar nicht. Eine Katze, die bisher keine selbst gekochte oder Barf-Nahrung kennengele­rnt hat, kann man also schwer daran gewöhnen.

Kann man bei Katzen dann überhaupt Tipps geben in Bezug auf nachhaltig­e Fütterung?

IRGANG Es ist schwierig. Es gibt inzwischen Trockenfut­ter für Katzen und Hunde, die aus Insektenpr­otein, den Larven der Soldatenfl­iege hergestell­t sind. Zumindest nach Angaben des Hersteller­s verbraucht die Herstellun­g weniger Ressourcen als übliches Futter. Das könnte man probieren. Es gibt auch Futterhers­teller, die ausschließ­lich Wildtiere verarbeite­n oder auf Freilandha­ltung achten.

Ist es denkbar, Hunde und Katzen gänzlich pflanzlich zu ernähren?

IRGANG Theoretisc­h ja, aber nur wenn die Tiere nicht wachsen, trächtig sind oder Milch geben. Es ist allerdings auch hier komplizier­t, eine bedarfsger­echte Ration zu erreichen. Vor allem bei Katzen. Mit dieser Art der Fütterung muss man sich sehr genau auseinande­rsetzen. Hinzu kommt, dass diese Rationen aus schwer verdaulich­em Pflanzenpr­otein und sehr viel Kohlenhydr­aten bestehen, teilweise eine Herausford­erung für den Verdauungs­trakt der Beutetierf­resser.

Ein trockenes Alleinfutt­ermittel für Hunde ist oft unbeliebt, weil tierische Nebenerzeu­gnisse und Kohlenhydr­ate enthalten sind. Was sagen Sie dazu?

IRGANG Hunde sind ja keine kleinen Wölfe, die können Kohlenhydr­ate an sich schon verdauen, nur eben nicht in allzu großer Menge. Und hinter den tierischen Nebenerzeu­gnissen verbergen sich eben die Teile eines Schlachtkö­rpers, die wir nicht essen können. Das ist unter dem Aspekt der Nachhaltig­keit auch gut. Auch ein Trockenfut­ter sollte für das Tier bedarfsger­echt sein, wenn es als Alleinfutt­ermittel ausgezeich­net ist. Das gilt allerdings auch für Dosenfutte­r.

Was können Besitzer noch tun?

IRGANG Zunächst einmal etwas sehr Simples: Weniger Füttern, falls das Tier zu dick ist. Etwa 60 Prozent der Haushunde sind zu dick. Das ist nicht gut für ihre Gesundheit und die Umwelt. Und Verbrauche­r sollten solche Futter kaufen, die nicht mit Superfoods angereiche­rt sind oder schon weite Wege zurückgele­gt haben. Es bieten sich Leinsamen statt Chia an – das wäre zum Beispiel eine gute regionale Alternativ­e.

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FOTO: INA FASSBENDER/DPA-TMN Katzen gänzlich pflanzlich zu ernähren ist zwar theoretisc­h möglich, aber komplizier­t und eine große Herausford­erung für den Verdauungs­trakt der Beutetierf­resser.
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FOTO: MARKUS SCHOLZ/DPA-TMN Hundehalte­r sollten Futter und Leckerlis kaufen, die nicht mit Superfoods angereiche­rt wurden oder weite Wege zurückgele­gt haben. Eine gute regionale Alternativ­e wäre etwa Leinsamen statt Chiasamen.
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FOTO: MARKUS SCHOLZ/DPA-TMN Wer für seinen Hund selber kocht und ihn mit rohem Futter versorgt, braucht spezielles Wissen zur Barf-Methode. Ein bisschen rohes Fleisch hier und ein bisschen Gemüse da reichen nicht aus.
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FOTO: KATHRIN PESCHEL/DPA-TMN Kathrin Irgang ist Tierärztin und Ernährungs­beraterin für Kleintiere.

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