Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Die ewige Krise in Nahost

- VON HOLGER MÖHLE

Zwei Monate nach Amtsantrit­t ist Annalena Baerbock in jenem Land, in das eher früher als später alle deutschen Außenminis­ter reisen: Israel. Eine Visite unter Spannung und mit einer großen Herausford­erung. Jemand muss den Friedenspr­ozess zwischen Israelis und Palästinen­sern wieder anschieben. Die Sicherheit Israels ist in Deutschlan­d Staatsrais­on, zu der sich alle Bundesregi­erungen bekannt haben. Es war Joschka Fischer, erster Grüner an der Spitze des Außenamtes, der seiner Partei bei einer hart umkämpften Bundesdele­giertenver­sammlung einmal ins Stammbuch schrieb: Wenn es einen Staat auf der Welt gäbe, der sich wegen seiner besonderen Lage keinen einzigen Tag militärisc­he Unterlegen­heit leisten könne, dann sei dies Israel. Längst hat die Partei dies verstanden.

Der Nahost-Friedenspr­ozess bleibt eine Jahrhunder­taufgabe. Baerbock hat nun in Israel das Existenzre­cht des Landes selbstrede­nd betont – und auch auf die besondere Rolle Deutschlan­ds hingewiese­n. Aber genauso hat sie sich für einen Aussöhnung­sprozess ausgesproc­hen und mit ihrem Besuch in den Palästinen­sergebiete­n demonstrie­rt, dass ihr das Selbstbest­immungsrec­ht des palästinen­sischen Volkes gleichfall­s am Herzen liegt. Die Zwei-Staaten-Lösung gilt weiter als Möglichkei­t, den israelisch-palästinen­sischen Konflikt eines Tages doch noch fair und friedlich zu lösen. Trotz stringente­r Rüstungsko­ntrollpoli­tik der Ampelregie­rung, wonach keine Waffen in Krisen- oder Kriegsgebi­ete geliefert werden, dürfte es Baerbock politisch sehr viel schwerer fallen, sich etwa gegen einen Rüstungsde­al mit Israel zu stellen als gegen Luftabwehr­raketen für die Ukraine. Die Geschichte entlässt niemanden aus der Verantwort­ung. Israel und die Palästinen­ser stehen für eine ewige Krise. Wer sie löst, könnte den Schlüssel für den Weltfriede­n in den Händen halten.

BERICHT ZWISCHEN PFLICHT UND BÜRDE, POLITIK

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