Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Geimpft und getestet zum Karneval
Ganz Köln wird zur „Brauchtumszone“. Wie sicher ist das Feiern im Freien und in den Kneipen?
KÖLN (hsr/jis) Der Kölner Wirt Martin Schlüter hatte sich für die Karnevalstage zwar einiges erhofft, aber dass die Stadt Köln gleich das komplette Stadtgebiet zur sogenannten Brauchtumszone erklärt, damit hat der 48-Jährige nicht gerechnet. „Das ist ein total positives Signal und ein guter Ansatz, den Menschen Karneval zu ermöglichen, ohne dass völlige Narrenfreiheit herrscht“, sagt er.
Schlüter ist Geschäftsführer der Brauerei Reissdorf am Hahnentor und Vorstandsmitglied der IG Gastro, einem Zusammenschluss der Kölner Wirte. Als er beim Runden Tisch mit Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) Anfang der Woche hörte, dass auch Kneipenkarneval stattfinden kann, war das für ihn „das richtige Zeichen in Richtung Normalität“, wie er sagt.
Vom 24. Februar bis 1. März erlaubt Köln Karnevalsfeiern unter 2G-plus-Voraussetzungen, auch die Düsseldorfer Altstadt wird dann zur Brauchtumszone erklärt. Wer innerhalb der Zonen feiern will, muss doppelt geimpft und getestet oder geboostert sein. Für die Kneipen gilt eine weitere Verschärfung: 2G plus gilt dort auch für Menschen mit Boosterimpfung. Sie müssen einen tagesaktuellen Test mit negativem Ergebnis vorweisen.
Die Wirte müssen die Regelungen durchsetzen. Vor dem Reissdorf am Hahnentor werden jeden Tag zwei Türsteher die Nachweise kontrollieren. „Wir werden auch eine Testmöglichkeit einrichten“, sagt Schlüter. „Mehr Sicherheit kann man eigentlich nicht bieten.“
Auch der Aerosolforscher Gerhard Scheuch hält das Ansteckungsrisiko für überschaubar. „Draußen hätte man auch komplett auf Schutzmaßnahmen verzichten können“, sagt er. Zwar seien einzelne Infektionen möglich, aber zu einer Clusterbildung könne es kaum kommen, das hätten Freiluftveranstaltungen wie etwa Fußballspiele gezeigt.
In einer Kneipe sieht die Situation allerdings anders aus. Dort könnten sich die Viren im Raum ausbreiten und aufkonzentrieren, dazu achte gerade an Karneval niemand auf Abstandsregeln. „Zwar reduziert die Testpflicht die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung“, sagt Scheuch, „aber Tests sind nur Momentaufnahmen.“
Scheuch hätte es besser gefunden, auf das Feiern in Innenräumen zu verzichten oder die Anzahl der Gäste zu begrenzen. Er rät dazu, etwa darauf zu achten, dass eine Kneipe gut belüftet wird. „Studien haben gezeigt, dass zum Beispiel Raucher, die in Kneipen häufiger mal vor die Tür gehen, sich seltener infizieren“, sagt Scheuch. Auch für Nichtraucher gilt also: Ab und zu frische Luft schnappen minimiert das Ansteckungsrisiko.
Schlüter und viele seiner Kollegen begrenzen die Anzahl der Gäste aber ohnehin. „Eigentlich lassen wir bis zu 400 Leute rein, jetzt nur 220“, sagt der Kölner Wirt. Ob allerdings die Appelle der städtischen Krisenstäbe helfen, Touristen sollten sich lieber ein anderes Jahr für den Karnevalsbesuch aussuchen, ist fraglich. Schlüter jedenfalls sagt: „Daran glaube ich nicht – dazu hat Köln an Karneval eine viel zu große Strahlkraft.“