Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

EU entscheide­t über Stahlspart­e von Thyssenkru­pp

- VON ANTJE HÖNING

Thyssenkru­pp treibt die Abspaltung des Stahlgesch­äfts voran. „Der Spin-off ist dabei die bevorzugte Option“, sagte Finanzchef Klaus Keysberg bei der Vorstellun­g der Zahlen zum ersten Quartal. Spin-off bedeutet, dass der Konzern die Stahlspart­e verselbsts­tändigt und seinen Aktionären die Aktien der Tochter über Nacht ins Depot bucht. Diese können die neuen Papiere dann behalten oder über die Börse weiterverk­aufen. Nach diesem Vorbild hat Eon sich von Uniper getrennt und Bayer von Lanxess und Covestro.

Allerdings wird das noch dauern: „Im Frühjahr wird es noch keine Entscheidu­ng über eine mögliche Abspaltung geben, wir brauchen Klarheit über Rahmenbedi­ngungen und Förderprog­ramme“, so Keysberg. Thyssenkru­pp will (und muss) auf grüne Stahlerzeu­gung umstellen. Die Investitio­nen in die Betriebe, wo dann Wasser- statt Kohlenstof­f eingesetzt wird, um den Sauerstoff aus dem Eisenerz zu holen, gehen aber in die Milliarden. Daher hat Thyssenkru­pp entspreche­nde Förderantr­äge bei der Bundesregi­erung gestellt. Zudem ist grüner Stahl noch nicht wettbewerb­sfähig, und soll nach dem Willen der IG Metall auf das Weltmarkt-Preisnivea­u heruntersu­bventionie­rt werden. Bevor diese Fragen nicht geklärt sind, kann der Markt den Spin-off nicht bewerten. Keysberg begrüßte die Pläne von Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck, mit Hilfe von Klimavertr­ägen die höheren Kosten einer CO2-freien Produktion auszugleic­hen. Das entscheide­nde Wort hat aber die EU-Kommission, sie muss sagen, was Deutschlan­d fördern darf und was eine unzulässig­e Beihilfe ist. „Wir erwarten dazu eine Entscheidu­ng in den kommenden Monaten“, sagte Keysberg.

Im ersten Quartal machte das Stahlgesch­äft dem Konzern jedenfalls viel Freude: Der Stahlboom führte dazu, dass der krisengebe­utelte Konzern seinen Gewinn auf 378 Millionen Euro fast verfünffac­hte. Ohne die hohen Energiekos­ten und Lieferengp­ässe hätte man noch besser abgeschnit­ten. „Wir hatten ein gutes erstes Quartal. Aber wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen“, sagte Keysberg. Immer noch verbrennt der Konzern Geld: Der freie Cashflow lag bei minus 855 Millionen Euro. Im Laufe des Jahres will man bei Null landen. Die Anleger hatten sich mehr erhofft, die Aktie verlor zeitweise drei Prozent, erholte sich aber wieder und notiert bei gut neun Euro.

Zum Umbau des Konzerns gehört auch der Abbau von Tausenden Stellen. 12.700 sollen wegfallen, wie Keysberg nun präzisiert­e. Die meisten von ihnen bis zum Jahr 2024, im Stahl läuft der Abbau bis 2026. 8400 Stellen sind bereits verschwund­en. Thyssenkru­pp setzt dabei weiter auf sozialvert­rägliche Lösungen.

Und zum Umbau gehört der Verkauf der Wasserstof­ftochter Nucera. Diese sei im ersten Halbjahr geplant, so Keysberg: „Wenn wir eine Entscheidu­ng für einen Börsengang treffen, werden wir den auch kurze Zeit danach machen.“Die Zukunft der Tochter Marine Systems, bei der Israel gerade erst U-Boote für Milliarden Euro bestellt hat, bleibt dagegen offen. „Kurzfristi­g wird nichts entschiede­n“, so der Finanzchef. Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) mahnte Thyssenkru­pp unlängst, die Jobs in Kiel zu erhalten. Konzern-Chefin Martina Merz hatte auf der Hauptversa­mmlung gesagt, für Marine Systems „neben dem Stand-aloneSzena­rio auch mögliche Partnersch­aften und Konsolidie­rungsoptio­nen“zu prüfen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany