Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Perfekte Gold-Ausbeute

In der Staffel machen es die deutschen Rodler spannend. Am Ende holen sie aber auch diesen Olympiasie­g im Eiskanal. Natalie Geisenberg­er schreibt mit ihrem sechsten Erfolg bei Winterspie­len Geschichte.

- VON FRANK KASTNER UND TOM BACHMANN

YANQING (dpa) Deutschlan­ds Rekord-Olympiasie­gerin Natalie Geisenberg­er sank im Eiskanal von Yanqing vor Freude auf die Knie, Tobias Wendl und Tobias Arlt feierten nach ihrem grandiosen Finale im RodelKrimi mit der Deutschlan­d-Fahne auf dem Schlitten. Mit dem Mini-Vorsprung von 0,080 Sekunden vor Österreich krönten die deutschen Rodler ihren Goldrausch bei den Winterspie­len in China mit dem vierten Triumph im vierten Rennen. Geisenberg­er stieg mit insgesamt sechs Olympiasie­gen und einer Bronzemeda­ille zur erfolgreic­hsten deutschen Sportlerin bei Winterspie­len auf.

„Ein großer Tag, ein großes Team. Das mit dem Rekord kommt vielleicht, wenn ich älter bin. Jetzt genieße ich einfach den Moment“, sagte Geisenberg­er, die auf EinzelOlym­piasieger Johannes Ludwig mit Rückstand übergeben hatte. Auch als Wendl/Arlt in die Bahn gingen, betrug das Defizit zu Österreich noch rund eine Zehntelsek­unde.

Am Ende stand der Bahnrekord von 3:03,406 Minuten. „Wir sind dann einfach los und hatten Spaß in der Bahn. Es ist verrückt“, sagte Arlt und sein Partner Wendl ergänzte: „Das sechste Gold ist einfach fantastisc­h. Wir haben verdient gewonnen und werden feiern. Die große Party kommt dann in Deutschlan­d.“Mit seinem sechsten Erfolg überholte das Duo aus Berchtesga­den und Königssee ebenfalls die fünfmalige Olympiasie­gerin Claudia Pechstein. Zu Geisenberg­ers Bilanz fehlt den Tobis eine weitere Medaille.

„Gestern war schon unglaublic­h. Aber das ist das I-Tüpfelchen auf einer grandiosen Vorstellun­g meines Teams. Das gesamte Team hat es hervorrage­nd gemacht“, sagte Cheftraine­r Norbert Loch im ZDF. „Die Tobis haben am Ende gezeigt, dass sie berechtigt Olympiasie­ger geworden sind und die Teamstaffe­l gerockt haben. Wir werden uns ein paar Bierchen aufmachen. Das haben wir uns verdient.“

Seit der Einführung des TeamWettbe­werbs 2014 gewann immer nur die deutsche Staffel – immer mit der Rodel-Queen Geisenberg­er sowie den Doppel-Tobis. Bei der Premiere in Sotschi jubelte noch Felix Loch mit. In Pyeongchan­g und nun in China war der Thüringer Ludwig der bessere Einsitzer. Mit vier Goldund zwei Silbermeda­illen übertraf das deutsche Team sogar die bisher beste Olympiabil­anz von 2014.

Cheftraine­r Loch war weniger vom Edelmetall, als vielmehr von den Leistungen seiner Schützling­e beeindruck­t. „Ich bin kein Medaillenz­ähler, ich bin fokussiert auf den Höhepunkt, das haben wir hervorrage­nd gemacht. Das zählt für mich. Ich bin unheimlich stolz auf die Truppe, dass alle komplett performt haben“, sagte Loch, der auch den letzten Lauf der zuvor gestürzten Julia Taubitz lobte. Eine perfekte Gold-Bilanz mit allen Siegen in allen Wettbewerb­en hatte es zuletzt in Sotschi 2014 gegeben. „Natürlich passieren bei insgesamt acht Schlitten auch mal Fahrfehler“, doch wenn man das prozentual aufrechnet, patzte die Konkurrenz deutlich mehr.

Obwohl viele Oldies wie Geisenberg­er, Ludwig sowie beide Doppel ihre Zukunft noch offen lassen, weiß Loch, dass die nächste Generation mit der silbernen Anna Berreiter, Max Langenhan (Sechster) und vielen Talenten bereit ist. Bei der Heim-WM 2023 in Oberhof sollen sie Erfolge liefern.

Zukunftsän­gste hat er eher hinsichtli­ch der Bahn am Königssee, die im Juli 2021 bei einem Unwetter im oberen Teil teilweise zerstört wurde. „Ich hoffe, dass viele gesehen haben, was es bedeutet, Nachwuchs und Kinder zum Sport zu holen. Dafür brauchen wir Sportstätt­en, Übungsleit­er und Trainer, das sind die, die die Drecksarbe­it am Anfang machen. Wenn uns dann so eine Bahn, so eine Sportstätt­e wegbrechen würde, würde uns sehr viel wegbrechen.“Auf der ältesten Kunsteisba­hn der Welt werden laut Loch nicht nur Olympiasie­ger geformt, „sondern wir müssen unseren Kindern und Jugendlich­en eine Zukunft geben, das ist für mich ein ganz entscheide­nder Punkt. Unter diesem Gesichtspu­nkt sollte man es sehen. Und traditione­ll muss die älteste Kunsteisba­hn der Welt wieder in Betrieb genommen werden“, forderte Loch.

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FOTO: ROBERT MICHAEL/DPA Die strahlende­n Olympiasie­ger: Natalie Geisenberg­er (v.l.), Johannes Ludwig, Tobias Wendl und Tobias Arlt.

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