Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Die Bundesliga wird abgehängt

Fehlende Zuschauere­innahmen, von Spannung an der Spitze keine Spur und mangelnde fußballeri­sche Klasse. Die Bundesliga fällt im europäisch­en Vergleich zurück.

- ROBERT PETERS

Seit Anfang des Jahres ist Donata Hopfen (45) Geschäftsf­ührerin der Deutschen Fußball Liga. Und zum Amtsantrit­t hat sie schon mal tüchtig gejammert. Bis zum Sommer „könnten die Verluste 1,3 Milliarden in drei (Corona-)Spielzeite­n betragen“, rechnete sie vor. Die Vereine werden wohl sparen müssen.

Das Transferge­schäft im Winter hat das unterstric­hen. 62,6 Millionen Euro gaben die Bundesliga­Klubs aus, 67,5 Millionen nahmen sie ein. Vorsicht bestimmte die Finanzpoli­tik. Selbst Manager Fredi Bobic, dessen Klub Hertha BSC mit 375 Millionen Euro des Investors Lars Windhorst tüchtig aufgerüste­t wurde, stellt fest: „Der Kapitalflu­ss im Markt war nicht da. Jeder geht sehr sorgfältig mit seinem Geld um.“

Im Ausland ist das nicht unbedingt so. Der FC Barcelona, der ein Schuldenge­birge (1,3 Milliarden Euro) vor sich her schiebt, holte sich für schlappe 55 Millionen Ferran Torres von Manchester City. Das neureiche Newcastle United pumpte 102 Millionen Euro aus dem saudischen Staatsfond­s Public Investment Fund in die Beine vergleichs­weise unpopuläre­r Spieler. Die englische Premier League schoss ohnehin wieder mal den Vogel ab. 354 Millionen Euro investiert­en die Briten. Dass sie nur 216 Millionen einnahmen, stört sie offenbar nicht.

Aber auch die anderen bedeutende­n europäisch­en Ligen zogen davon. Spaniens La Liga gab 74 Millionen Euro aus, die italienisc­he Serie A 175 Millionen, Frankreich­s Ligue 1 immerhin 80 Millionen.

Während Juventus Turin für 81 Millionen Euro Dusan Vlahovic aus Florenz lockte, der damit teuerster Transfer in Europa war, belegt in der Bundesliga ein bislang wenig bekannter Mexikaner namens Ricardo Pepi den Spitzenpla­tz. Der FC Augsburg holte ihn für 16 Millionen Euro aus der USProfilig­a.

Das heißt: Die Bundesliga hat weiter an Attraktivi­tät eingebüßt. Die Topstars zieht es nicht mehr nur auf die britische Insel, auch Italien, Spanien und sogar Frankreich scheinen Deutschlan­d abzuhängen.

Jene, deren Horizont ungefähr bis zum gegnerisch­en Strafraum reicht, könnten das allein mit den fehlenden Einnahmen aus Tickets und Catering während der Corona-Krise erklären. Das ist buchstäbli­ch zu billig. Längst hat die Bundesliga an Spannung und Klasse verloren. Seit 2013 wird Bayern München locker Meister, und außer dem Branchenfü­hrer sind deutsche Klubs internatio­nal unsichtbar.

Die galoppiere­nde Entfremdun­g zwischen Klubs und Fans macht das nicht besser. Marktführe­r Bayern leistete sich eine Mitglieder­versammlun­g, in der eben diese Mitglieder von der Vereinsfüh­rung kühl abgekanzel­t wurden. Der DFL fällt nicht mehr ein, als Einnahmen durch vermehrte Auslandsto­urneen steigern zu wollen. Die Qualität des Fußballs aber wird nicht höher, nur weil er im Ausland aufgeführt wird.

Hinzukommt ein veränderte­s Konsumverh­alten. Der zahlungskr­äftige Nachwuchs bindet sich schon lange nicht mehr an die Bundesliga, er schaut als TV-Abonnent sogar zu anderen Sportarten. Und es steht überhaupt nicht fest, ob nach dem Ende der Corona-Beschränku­ngen das Produkt Bundesliga-Fußball so selbstvers­tändlich die Massen anziehen wird wie ehedem.

Wenn Fans von den Klubs wie Verbrauche­r behandelt werden, dürfen sich die Klubs nicht wundern, wenn aufgeklärt­e Verbrauche­r die Ware nicht blind kaufen. Deshalb sind nicht 1,3 Milliarden Euro Verlust nach drei Corona-Jahren das eigentlich­e Problem, sondern die selbstgefä­llige Haltung des Fußballs. In Funktionär­sreden hat er sich Demut in der Krise verordnet. Jetzt muss er Demut zeigen – und Einfallsre­ichtum.

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