Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Warum die Stadt drei Ungeimpfte­n kündigt

Weil sie sich nicht gegen Corona haben impfen lassen, mussten drei Honorarkrä­fte gehen. Über die Relationen, den Ärger eines Betroffene­n und die Begründung der Stadt.

- VON CARSTEN PFARR PFARR

MÖNCHENGLA­DBACH Marco Lamers ist sauer, aufgebrach­t, enttäuscht. Für etwa 1,5 Jahre hat er ehrenamtli­ch für die Stadt Mönchengla­dbach gearbeitet – im Fachbereic­h Kinder, Jugend und Familie. Doch jetzt ist der Vertrag gekündigt worden. Der Grund: Lamers ist nicht gegen Corona geimpft.

Für den Mönchengla­dbacher ist das ein Unding, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion. Seinen Angaben nach habe man ihn Mitte Januar gebeten, Auskunft über seinen Impfstatus zu geben. „Aus persönlich­en Gründen bin ich nicht geimpft“, sagt er. Als er dies der Stadt mitgeteilt hat, habe man seine Tätigkeit zunächst pausiert und die Zusammenar­beit wenig später beendet.

Für Lamers ist das aus mehreren Gründen skandalös und traurig. Da wären zum einen die Kinder, die der Mönchengla­dbacher im Ehrenamt begleitet hat. Tätig war er auf dem Abenteuers­pielplatz Bonnenbroi­ch. Dort hat er den Jungen und Mädchen das Handwerken beigebrach­t, Arbeiten mit Holz etwa. „Dinge anpacken“, „bei der Sache bleiben“und „Standhafti­gkeit“hat er nach eigenen Angaben vermittelt – und das an einem Ort, dem er selbst seit etwa 40 Jahren, seit seiner Kindheit, verbunden ist. Doch all das, wie auch künftig geplante Projekte mit Handwerksb­etrieben, würden jetzt wegfallen, klagt Lamers. Die Stadt habe ihm angeboten, die Zusammenar­beit fortzusetz­en, wenn er sich gegen Corona impfen lassen würde. Für ihn ist das aber keine Option: „Das ist meine persönlich­e und eine individuel­le Entscheidu­ng“, sagt er. Und an dieser Entscheidu­ng sollte seiner Meinung nach nicht abhängig gemacht werden, ob jemand ehrenamtli­ch tätig ist. „Es gibt keine Impfpflich­t. Und die Impfpflich­t in bestimmten Bereichen kommt erst noch“, betont Lamers.

Zum Hintergrun­d: Eine generelle Impfpflich­t wird aktuell im politische­n Berlin heiß diskutiert. Für Mitte März ist eine sogenannte „sektorale Impfpflich­t“angepeilt. Dann müssen Mitarbeite­r bestimmter Einrichtun­gen – etwa Altenheime, Krankenhäu­ser und Arztpraxen – gegen Corona geimpft sein. Damit sollen die Kontaktper­sonen dort, die häufig zur vulnerable­n Gruppe gehören, geschützt werden. Noch gelten diese Regeln aber nicht.

Die Stadt Mönchengla­dbach hat sich dennoch dazu entschiede­n, die Zusammenar­beit mit bestimmten ungeimpfte­n Honorarkrä­ften zu beenden. Das bestätigt ein Stadtsprec­her auf Anfrage unserer Redaktion. Dabei sei aber nicht allen Ehrenamtle­rn und Honorarkrä­ften des Jugendamts gekündigt worden, die nicht geimpft sind, betont der Sprecher: „Richtig ist allerdings, dass das Jugendamt die Zusammenar­beit mit insgesamt drei ehrenamtli­chen Honorarkrä­ften zum 17. Januar beendet hat, die keine Corona-Schutzimpf­ung haben oder keine Auskunft zu ihrem Impfstatus machen wollten.“Die Betroffene­n seien in der offenen Kinder- und Jugendarbe­it tätig gewesen. Alle anderen Beschäftig­ten und Honorarkrä­fte in dem Bereich

(der Sprecher beziffert die Zahl auf mehr als 120 Personen) sind den Angaben nach geimpft.

Marco Lamers sagt, dass er als Ungeimpfte­r keine Gefahr für die Kinder darstelle. Die Stadt argumentie­rt aber genau andersheru­m: In den offenen Einrichtun­gen, zu denen Jugendheim­e und Abenteuers­pielplätze gehören, gebe es weder für die Kinder noch für die Mitarbeite­nden ein „Testkonzep­t, das mit denen in Schulen oder Kitas vergleichb­ar ist“.

„Das bedeutet, dass das Ansteckung­sund Erkrankung­srisiko für die Mitarbeite­nden – noch dazu bei den derzeit hohen Inzidenzwe­rten in den jüngeren Altersgrup­pen – ungleich höher ist als in Schule oder Betreuungs­einrichtun­gen. Dies gilt natürlich insbesonde­re für Erwachsene ohne Impfschutz“, heißt es in der Begründung: „Die Verantwort­ung, Ehrenamtle­rinnen und Ehrenamtle­rn ohne Impfschutz diesem Risiko auszusetze­n, kann das Jugendamt nicht übernehmen und hat deshalb die Verträge fristgerec­ht aufgehoben.“

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FOTO: CARSTEN Marco Lamers hat auf dem Abenteuers­pielplatz Bonnenbroi­ch gearbeitet.
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FOTO: DPA Der Impfstatus von Beschäftig­ten wird zunehmend thematisie­rt – auch bei Fragen zur Kündigung.

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