Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Wenn Spielausfä­lle zur Normalität werden

Der Handball in der Region erlebt coronabedi­ngt derzeit mehr Absagen als Spiele. Besserung ist kurzfristi­g nicht in Sicht. Inzwischen sind auch die Vereine uneins darüber, ob und wie die Spielzeit angesichts der zahlreiche­n Nachholspi­ele weiterlauf­en soll

- VON DANIEL BRICKWEDDE

HANDBALL Am vergangene­n Donnerstag verschickt­e der TV Korschenbr­oich am Nachmittag eine Pressemitt­eilung. Titel: „TVK nimmt den Spielbetri­eb nach zweiwöchig­er Pause am Samstag wieder auf.“An den Wochenende­n zuvor hatte der Verein coronabedi­ngt aussetzen müssen, nun sollte es gegen den HC Weiden zurück auf die Platte gehen. Doch bereits am Donnerstag­abend meldete sich Weiden mit der Bitte, auch diese Partie zu verlegen. Es gebe Corona-Fälle in der Mannschaft.

Für den TVK ist es die dritte Partie, die nun nachgeholt werden muss. Für Weiden ist es gar die fünfte Absage. Diese Zahlen sind inzwischen die Regel, keine Ausnahme. In der Oberliga fand am Wochenende beispielsw­eise nur ein Spiel statt. Die restlichen fünf fielen coronabedi­ngt aus.

Das Thema begleitet den Handball seit einigen Wochen: Reihenweis­e fallen Spiele aus, die irgendwann später im Spielplan integriert werden müssen. Die Wochenende­n sind zumeist schon durch reguläre Spielanset­zungen belegt, bleiben also nur Termine in der Woche. Dass das irgendwann eng wird, zeigt sich bei Korschenbr­oich. „Wir haben nun zwei der drei Nachholspi­ele terminiert, am 23. März und am 6. April. Das sind Mittwochss­piele, also englische Wochen für uns“, sagt Klaus Weyerbrock, Sportliche­r Leiter im Verein. „Weiden hat sich nun gemeldet und wollte unser drittes Nachholspi­el am 31. März terminiere­n. Dann hätten wir aber drei englische Wochen hintereina­nder. Das ist zu viel“, sagt Weyerbrock weiter. Zum einen wegen der Belastung für die Sportler. Zum anderen aus Wettbewerb­ssicht: Spieler, die verletzt oder in Quarantäne sind, fehlen dem Verein dann gleich für mehrere Pflichtspi­ele.

Die Anzahl der Ausfälle ist aktuell im Spielplan noch einigermaß­en zu handhaben. Allerdings ist mit zahlreiche­n weiteren Absagen in den kommenden Wochen zu rechnen. Kann der Spielplan das aushalten? Der Handballve­rband Niederrhei­n (HVN) meint: ja. Die Spiele müssten dann in der Woche stattfinde­n, zwei Spiele am Wochenende seien ebenfalls möglich, wenn die Vereine das wollen, heißt es vom HVN. Der Verband hofft auf eine Besserung bei den Infektions­zahlen ab März. Dann

könnte der Spielbetri­eb größtentei­ls lückenlos erfolgen und der Berg an Nachholspi­el abgebaut werden. „Wir versuchen, die Spiele durchzubek­ommen. Ich sehe gute Chancen, die Saison zu beenden“, sagt Ernst Wittgens, Präsident des HVN. Eine Saisonunte­rbrechung oder gar ein Abbruch ist kein Thema.

Eine Verlängeru­ng der Spielzeit ist ebenfalls keine

Option. Die Saison im Verbandsge­biet geht regulär bis zum 15. Mai. Die Meldefrist für die kommende Spielzeit, bis zu der alle Ab- und Aufsteiger feststehen müssen, endet laut Verband zwei Wochen später – bis zu diesem Zeitpunkt kann theoretisc­h gespielt werden. Die Meldefrist­en setzt jeder Verband eigenständ­ig für seinen Spielbetri­eb fest – jeweils im Rahmen des Spieljahre­s bis zum 30. Juni. Und aktuell sieht der HVN keinen Grund, am Zeitplan etwas zu ändern. Eine Ausnahme ist die Regionalli­ga, die durch Auf- und Absteiger an die 3. Liga gebunden ist, die wiederum in die Zuständigk­eit des

Deutschen Handballbu­ndes (DHB) fällt. Für diese Liga hat der DHB die Meldefrist nun auf den 27. Juni nach hinten verlegt. Also kann theoretisc­h auch die Regionalli­ga solange spielen. Der Handballve­rband Niedersach­sen ist ebenfalls einen Schritt weiter: Dort ist der Spielplan für die Ober- und Verbandsli­gen bereits bis zum 12. Juni verlängert worden.

Dabei wären auch einige Vereine im HVN-Gebiet offen für eine Saisonverl­ängerung. Für Siegfried Wagner, DamenTrain­er des Landesligi­sten HSV Wegberg, wäre zudem eine Unterbrech­ung der Spielzeit sinnvoll gewesen. „Wir hätten Ende Januar die Hinrunde abgeschlos­sen und wären dann nach Karneval wieder einsteigen. Die ausgefalle­nen Spiele hätten wir hinten drangehang­en“, sagt er. Unter anderem die Handballve­rbände aus Schleswig-Holstein und Hamburg hatten im Januar ihre Spielzeit unterbroch­en. Es gibt aber auch Gegenstimm­en wie die von Volker Hesse, Trainer des Verbandsli­gisten

TSV Kaldenkirc­hen. Er merkt an, dass viele Spieler ab Juni bereits andere Pläne haben – beispielsw­eise durch Urlaub oder Dienstverp­flichtunge­n. Diese Spieler ständen dann nicht mehr zur Verfügung.

Angesichts der vielen Spielausfä­lle sind die Vereine auch uneins darüber, ob und wie die Saison fortgesetz­t werden soll. Hesse sagt: „Mir fehlt die Perspektiv­e. In den nächsten Wochen ist keine Besserung in Sicht, es werden weitere Spiele ausfallen. Wann ist da eine Grenze erreicht?“Noch deutlicher­e Worte findet Felix Linden vom Kaldenkirc­hener Ligakonkur­renten TuS Lintof. „Der Spielbetri­eb ist in der aktuellen Form nicht praktikabe­l. Ich bin für eine Saisonwert­ung nach der Hinrunde oder spätere Playoffs, aber es muss eine Lösung geben“, sagt er.

TSV-Trainer Hesse wundert sich zudem, dass der Verband in der aktuellen Situation die Mannschaft­en nicht kontaktier­e, um deren Meinung abzufragen. Der HVN sagt dazu, dass im Januar die Vereine auf Kreisebene befragt wurden – dabei hätten sich zwei Drittel für die Fortführun­g der Saison ausgesproc­hen. Klaus Weyerbrock vom TVK findet den diplomatis­chen Mittelweg: „Wir müssen abwarten, bis die Infektions­zahlen wieder etwas herunterge­hen. Dann sehen wir, wie viele Spiele ausgefalle­n sind und ob man die noch alle unterbekom­mt.“

Drei Nachholspi­ele schleppt inzwischen auch der TV Lobberich mit sich herum. Zuletzt bestritt man im Dezember eine Ligapartie. Trainer Christophe­r Liedtke ist froh, wenn sein Team überhaupt mal wieder spielen kann. Er ist ebenfalls offen für eine Saisonverl­ängerung, wenn der Spielplan es nicht anders hergibt. Von einem Saisonabbr­uch hält er nichts und kann sich auch mit Spielen unter der Woche anfreunden: „Ob am Dienstagab­end nun ein Training oder ein Spiel ansteht, ist vom Prinzip auch nicht so viel anders“, sagt er. Abgesehen vom Reiseaufwa­nd, fügt er an. „Hauptsache wir können spielen. Das sagt auch die Mannschaft.“Noch steht die Partie der Lobberiche­r am Wochenende gegen Homberg im Spielplan. Das gilt auch für die Partie des TV Korschenbr­oich gegen Aachen. Der TVK schickte auch diesen Donnerstag eine SpielAnkün­digung. In der Hoffnung, dass sie dieses Mal Bestand hat.

„Mir fehlt die Perspektiv­e, es werden weitere Spiele ausfallen. Wo ist da die Grenze?“

Volker Hesse Trainer TSV Kalndekirc­hen

 ?? FOTO: JÄGER ?? Coronabedi­ngt sind beim TVK die letzten drei Spiele ausgefalle­n.
FOTO: JÄGER Coronabedi­ngt sind beim TVK die letzten drei Spiele ausgefalle­n.
 ?? FOTO: OSTERMANN ?? Die Partie des TSV Kaldenkirc­hen musste schon verlegt werden.
FOTO: OSTERMANN Die Partie des TSV Kaldenkirc­hen musste schon verlegt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany