Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Impfpflich­t in den Pflegeheim­en

Ab 15. März gilt die einrichtun­gsbezogene Impfpflich­t. Was das für die Pflegeheim­e bedeutet und wie viele Mitarbeite­r immunisier­t sind.

- VON BÄRBEL BROER

KORSCHENBR­OICH Jörg Mathissen ist verärgert. Der Leiter der Seniorenhä­user Haus Tabita und Haus Timon in Kleinenbro­ich kann nicht nachvollzi­ehen, wieso der bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder eine Diskussion um die Aussetzung der einrichtun­gsbezogene­n Impfpflich­t losgetrete­n hat. „Er hat uns damit keinen Gefallen getan“, sagt Mathissen. „Wir müssen uns alle an Recht und Gesetz halten.“Da seien Äußerungen, die Impfpflich­t aussetzen zu wollen, eher kontraprod­uktiv.

Denn Mathissen ist erleichter­t, dass die Impfquote in seinen Häusern „richtig gut“sei. „Aktuell sind vier Mitarbeite­r noch nicht vollständi­g geimpft und eine Mitarbeite­rin gar nicht“, sagt er. Diese Kollegin habe aus gesundheit­lichen Gründen große Angst vor der Impfung. Doch ein ärztliches Attest erhalte sie nicht. Deshalb hofft Mathissen, dass sich die Mitarbeite­rin mit dem Totimpfsto­ff Novavax impfen lassen wird, sobald dieser zugelassen ist.

Denn ab 15. März gilt die einrichtun­gsbezogene Impfpflich­t. Dann müssen auch Beschäftig­te in Pflegeeinr­ichtungen nachweisen, dass sie vollständi­g geimpft oder kürzlich genesen sind. Fehlt der Nachweis, muss das zuständige Gesundheit­samt informiert werden, um den jeweiligen Fall zu untersuche­n.

„Ich werde kein Betretungs­verbot ausspreche­n“, erklärt Jörg Mathissen, „aber natürlich das Gesundheit­samt informiere­n, wenn Mitarbeite­r die nötigen Nachweise nicht erbringen. Was dann passiert, weiß ich nicht“. Eine rechtliche Handhabe habe er bislang nicht. So erkläre er das auch seinen Mitarbeite­rn, die noch nicht vollständi­g geimpft seien. Eine hauseigene Impfpflich­t gebe es nicht. Mathissen sagt aber auch: „Ich stelle kein ungeimpfte­s Personal mehr ein.“

Im Seniorenha­us Korschenbr­oich beträgt die Impfquote bei den Beschäftig­ten 100 Prozent, bei den Bewohnern liegt sie bei 98 Prozent. Das teilt Einrichtun­gsleiter Michael Piontek auf Anfrage unserer Redaktion mit. Dauerhafte Personalve­rluste aufgrund der Impfpflich­t ab Mitte März erwarte er daher nicht, da die Impfquote erfüllt sei. Das sah vor knapp einem Jahr noch ganz anders aus. Seinerzeit hatte Iris Baldus, die Vorgängeri­n von Piontek erklärt, dass nur etwa 62 Prozent der Bewohner und nur etwa 60 Prozent der Angestellt­en geimpft seien. Der neue Einrichtun­gsleiter Piontek macht keinen Hehl aus seiner Erleichter­ung: „Erfreulich­erweise ist es gelungen, mögliche Ängste gegenüber einer Impfung auszuräume­n und auch die letzten Zweifler von deren Nutzen zu überzeugen.“

Sowohl im Seniorenha­us Korschenbr­oich als auch in den beiden Seniorenei­nrichtunge­n Haus Tabita und Haus Timon werden die Mitarbeite­r jeden Tag getestet. Besucher des Seniorenha­uses müssen entweder einen aktuellen Test vorlegen oder können sich im Haus testen lassen. Für die Bewohner gelten folgende Regeln: „Geboostert­e Bewohner werden nur bei bestimmten Symptomen, grundimmun­isierte werden drei Mal pro Woche und nicht geimpfte Bewohner werden täglich getestet“, so Piontek.

Im Haus Tabita und Haus Timon werden den Bewohnern drei Mal pro Woche Schnelltes­ts angeboten. „Man muss aber auch bedenken: Insbesonde­re demente Menschen können mit den Tests gar nicht gut umgehen“, erklärt Mathissen. Daher gelte in „seinen“Häusern: „Es wird keiner gezwungen. Wir sind schließlic­h das Zuhause der Menschen.“

Die Tests sind mit hohem Aufwand verbunden. Piontek: „Rechnet man den Zeit- und Personalau­fwand aller Tests zusammen, entspricht dies etwa einer Vollzeitkr­aft. Die Tests werden von extra geschultem Pflegepers­onal durchgefüh­rt. Mitarbeite­r testen sich gegenseiti­g unter Aufsicht.“Jörg Mathissen hat drei Mini-Jobber eigens zum Testen eingestell­t. „Das ist aber auch unser Service gegenüber den Angehörige­n.“

Angesproch­en auf mögliche Wünsche an die Politik, sagen beide Einrichtun­gsleiter unisono, dass sie sich einheitlic­he und klare Regeln für alle wünschen. Mathissen fügt hinzu: „Und auf keinen Fall so einen Quatsch wie den von Markus Söder.“

Mehrfache Anfragen unserer Redaktion im Azurit Seniorenze­ntrum in Korschenbr­oich zur Impfquote bei Mitarbeite­rn und Bewohnern sowie zur bevorstehe­nden einrichtun­gsbezogene­n Impfpflich­t blieben unbeantwor­tet.

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FOTO: DETLEF ILGNER Die Impfquote im Haus Tabita sei „richtig gut“, so der Einrichtun­gsleiter. Über ein wenig normaleres Leben freuen sich Bewohner Elfriede Sohre und Wilhelmine Hermens gemeinsam mit Pflegekraf­t Claudia Pascher (v.l.n.r.).
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FOTO: KLINIKUM Michael Piontek leitet das Seniorenha­us Korschenbr­oich.
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FOTO: ILG Jörg Mathissen, Leiter des Hauses Tabita in Kleinenbro­ich.

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