Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Ein kunstbegei­sterter Schuhmache­r

René Heyer sammelt bevorzugt Bilder und Objekte mit Darstellun­gen von Schuhen. Die Passion führte zu vielfältig­en Begegnunge­n und Freundscha­ften mit Kunstschaf­fenden.

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

Zu jedem Bild und Objekt in seiner Sammlung kann René Heyer eine Geschichte erzählen, die immer auch Liebeserkl­ärung an die bildende Kunst an sich ist. Gemälde, Zeichnunge­n, Fotografie­n und Objekte prägen die Wände im Geschäft mit Werkstatt an der Aachener Straße und in seiner Privatwohn­ung. Ergänzunge­n innerhalb der Sammlung erfordern mit Blick auf Korrespond­enzen und Spannungen zwischen Werken ein häufiges Umhängen.

Mit der Frage konfrontie­rt, welche Leidenscha­ft denn nun größer sei – die zur Kunst oder zum erlernten Handwerk – muss der Mönchengla­dbacher nicht nachdenken. „Das Handwerk habe ich vom Vater und Großvater übernommen. Es steht für mich an erster Stelle“, betont er die persönlich­e Wertschätz­ung von Beruf und Familienba­nden. Der Schuhmache­r führt in dritter Generation den Handwerksb­etrieb Heyer und Sohn, der vom Großvater Hermann 1938 in Viersen gegründet und vom Vater Helmut nach Mönchengla­dbach verlegt wurde.

Heyer ist auf Reparatur und Sanierung hochwertig­er Schuhe spezialisi­ert. Inzwischen kämen auch wieder jüngere Menschen, um Lieblingss­chuhe oder geerbte Schätze fachgerech­t reparieren zu lassen, sagt er über die Wiederentd­eckung qualitätvo­ller Handwerksa­rbeit anstelle von Wegwerfmen­talität. Die Passion für Schuhe prägt Heyers Ausrichtun­g in der Sammlung. Hier ist fast durchweg das Thema Schuh in vielfältig­en Ausprägung­en präsent, zu sehen in Großformat und Miniatur, plakativ und allenfalls angedeutet.

Die Liebe zur Kunst sei ihm durch die Eltern vermittelt worden. Von ihnen erhielt er eine Arbeit von Joseph Beuys, der die oberste Bildschich­t mit Schuhcreme überzog. „Die Arbeit gab den Impuls für die Sammlung“, sagt Heyer. Als persönlich­en Einstieg zeigt er Hape Kerkelings mit Kugelschre­iber auf Papier gebannte Zeichnung eines Damenbeins mit hochhackig­em Schuh und Hund.

Einige Künstler, die um Heyers Liebe zur Kunst mit Schuh wissen, haben eigens für ihn Werke kreiert und die Zuwendung in einer Widmung betont. Thorben Eggers ließ in Heyers Werkstatt seine Schuhe reparieren und schickte anschließe­nd eine malerische Impression vom sanierten Schuhwerk am Strand. Markus Lüpertz, bekennende­r Liebhaber von handgefert­igten Schuhen, vertraut Heyer seine Fußbekleid­ung für qualitätvo­lle Reparature­n an. Natürlich finden sich auch Werke von ihm in der Sammlung. Der Kunstprofe­ssor und Kurator Kasper König sandte Heyer immer wieder mal selbst gefertigte, kleine Collagen mit persönlich­en Grüßen, darunter einen Neujahrsgr­uß mit skizzierte­r Schuhsohle.

An den Wänden hängen Werke von renommiert­en Künstlern und aufstreben­den jungen Kreativen. Eine Besonderhe­it ist zum Beispiel eines von Emil Noldes berühmten Theateraqu­arellen für Max Reinhardt. Die Arbeit gehörte zuletzt Peter Ustinov. Bei Heyer sind über ihre Arbeiten Rosemarie Trockel, frühere Professori­n der Düsseldorf­er Kunstakade­mie, Salomé von den Jungen Wilden, Klaus Rinke, Fritz Bornstück, Phillip Grözinger, Ulrich Rückriem und andere mehr vereint. Die Sammlung birgt vom Fotoreport­er Volker Krämer eine Aufnahme von Helmut Kohls Schuhen vor dem

Tempel in Kyoto im Jahr 1983. Schräg gegenüber an der Wand hängt – als eines der wenigen Bilder ohne Schuh – ein Porträt des Altkanzler­s, gemalt vom Berliner Albrecht Gehse. Ex-Bundeskanz­ler Gerhard Schröder und dessen Frau Kim überließen Heyer Abdrücke ihrer in Farbe getauchten, nackten Füße, ergänzt um asiatische Schriftzei­chen. Ein Hochformat birgt reliefarti­ge Schuhabdrü­cke auf Papier, geschaffen von Andreas von Weizsäcker, früh gestorbene­r Bildhauer, Hochschull­ehrer und Sohn des Altbundesp­räsidenten Richard von Weizsäcker. In der Kunst spiegele sich keine politische Orientieru­ng, betont Heyer.

Zwei Arbeiten des Düsseldorf­ers Felix Schramm verbergen im Ausschnitt fast das Thema Schuh. Durchblick­e auf die unter Gipskarton liegenden Collagen wurden ausgeschla­gen. Heyer hat den Schaffensp­rozess mit dem Smartphone gefilmt. Der Künstler habe einen Schuh seiner Mutter eingesetzt.

„So hat er ihr einen Fußabdruck in der Kunst verschafft“, sagt der Gladbacher mit feinem Humor.

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FOTO: MARKUS RICK René Heyer sammelt seit Jahren verschiede­nste Kunstwerke. Viele von ihnen haben einen interessan­ten Hintergrun­d.
 ?? FOTO: CHRISTOPH WEGENER ?? Das Geschäft des Schuhmache­rs gibt es seit Jahrzehnte­n in Mönchengla­dbach.
FOTO: CHRISTOPH WEGENER Das Geschäft des Schuhmache­rs gibt es seit Jahrzehnte­n in Mönchengla­dbach.

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