Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Ein kunstbegeisterter Schuhmacher
René Heyer sammelt bevorzugt Bilder und Objekte mit Darstellungen von Schuhen. Die Passion führte zu vielfältigen Begegnungen und Freundschaften mit Kunstschaffenden.
Zu jedem Bild und Objekt in seiner Sammlung kann René Heyer eine Geschichte erzählen, die immer auch Liebeserklärung an die bildende Kunst an sich ist. Gemälde, Zeichnungen, Fotografien und Objekte prägen die Wände im Geschäft mit Werkstatt an der Aachener Straße und in seiner Privatwohnung. Ergänzungen innerhalb der Sammlung erfordern mit Blick auf Korrespondenzen und Spannungen zwischen Werken ein häufiges Umhängen.
Mit der Frage konfrontiert, welche Leidenschaft denn nun größer sei – die zur Kunst oder zum erlernten Handwerk – muss der Mönchengladbacher nicht nachdenken. „Das Handwerk habe ich vom Vater und Großvater übernommen. Es steht für mich an erster Stelle“, betont er die persönliche Wertschätzung von Beruf und Familienbanden. Der Schuhmacher führt in dritter Generation den Handwerksbetrieb Heyer und Sohn, der vom Großvater Hermann 1938 in Viersen gegründet und vom Vater Helmut nach Mönchengladbach verlegt wurde.
Heyer ist auf Reparatur und Sanierung hochwertiger Schuhe spezialisiert. Inzwischen kämen auch wieder jüngere Menschen, um Lieblingsschuhe oder geerbte Schätze fachgerecht reparieren zu lassen, sagt er über die Wiederentdeckung qualitätvoller Handwerksarbeit anstelle von Wegwerfmentalität. Die Passion für Schuhe prägt Heyers Ausrichtung in der Sammlung. Hier ist fast durchweg das Thema Schuh in vielfältigen Ausprägungen präsent, zu sehen in Großformat und Miniatur, plakativ und allenfalls angedeutet.
Die Liebe zur Kunst sei ihm durch die Eltern vermittelt worden. Von ihnen erhielt er eine Arbeit von Joseph Beuys, der die oberste Bildschicht mit Schuhcreme überzog. „Die Arbeit gab den Impuls für die Sammlung“, sagt Heyer. Als persönlichen Einstieg zeigt er Hape Kerkelings mit Kugelschreiber auf Papier gebannte Zeichnung eines Damenbeins mit hochhackigem Schuh und Hund.
Einige Künstler, die um Heyers Liebe zur Kunst mit Schuh wissen, haben eigens für ihn Werke kreiert und die Zuwendung in einer Widmung betont. Thorben Eggers ließ in Heyers Werkstatt seine Schuhe reparieren und schickte anschließend eine malerische Impression vom sanierten Schuhwerk am Strand. Markus Lüpertz, bekennender Liebhaber von handgefertigten Schuhen, vertraut Heyer seine Fußbekleidung für qualitätvolle Reparaturen an. Natürlich finden sich auch Werke von ihm in der Sammlung. Der Kunstprofessor und Kurator Kasper König sandte Heyer immer wieder mal selbst gefertigte, kleine Collagen mit persönlichen Grüßen, darunter einen Neujahrsgruß mit skizzierter Schuhsohle.
An den Wänden hängen Werke von renommierten Künstlern und aufstrebenden jungen Kreativen. Eine Besonderheit ist zum Beispiel eines von Emil Noldes berühmten Theateraquarellen für Max Reinhardt. Die Arbeit gehörte zuletzt Peter Ustinov. Bei Heyer sind über ihre Arbeiten Rosemarie Trockel, frühere Professorin der Düsseldorfer Kunstakademie, Salomé von den Jungen Wilden, Klaus Rinke, Fritz Bornstück, Phillip Grözinger, Ulrich Rückriem und andere mehr vereint. Die Sammlung birgt vom Fotoreporter Volker Krämer eine Aufnahme von Helmut Kohls Schuhen vor dem
Tempel in Kyoto im Jahr 1983. Schräg gegenüber an der Wand hängt – als eines der wenigen Bilder ohne Schuh – ein Porträt des Altkanzlers, gemalt vom Berliner Albrecht Gehse. Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder und dessen Frau Kim überließen Heyer Abdrücke ihrer in Farbe getauchten, nackten Füße, ergänzt um asiatische Schriftzeichen. Ein Hochformat birgt reliefartige Schuhabdrücke auf Papier, geschaffen von Andreas von Weizsäcker, früh gestorbener Bildhauer, Hochschullehrer und Sohn des Altbundespräsidenten Richard von Weizsäcker. In der Kunst spiegele sich keine politische Orientierung, betont Heyer.
Zwei Arbeiten des Düsseldorfers Felix Schramm verbergen im Ausschnitt fast das Thema Schuh. Durchblicke auf die unter Gipskarton liegenden Collagen wurden ausgeschlagen. Heyer hat den Schaffensprozess mit dem Smartphone gefilmt. Der Künstler habe einen Schuh seiner Mutter eingesetzt.
„So hat er ihr einen Fußabdruck in der Kunst verschafft“, sagt der Gladbacher mit feinem Humor.