Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Fachwerkha­us am Markt bleibt doch stehen

Zwei Unternehme­r, ein Bauunterne­hmer und die Anmutung eines Neubaus auf dem Jüchener Markt.

- VON FRIEDHELM RUF

Da hat die Stadt Jüchen eine Bauvoranfr­age bekommen mit allen Beschreibu­ngen und allen Plänen. Das wurde dann als ein Tagesordnu­ngspunkt im Planungsau­sschuss behandelt. Die Kommunalpo­litiker bereiteten sich vor und beugten sich über die Pläne. Denn immerhin ging es um ein neues Gebäude am Markt. Hinzu kam der Neubau eines Wohngebäud­es an der Pastor-Haarbeck-Straße. Vertreter der Fraktionen lobten das Projekt, übten jedoch auch Kritik an der Optik des Gebäudes, aber letztlich war für alle Ausschussm­itglieder klar: Gegen die in der Bauvoranfr­age vorgestell­te Planung eines Wohn- und Bürogebäud­es am Markt 13 sowie eines Mehrfamili­enhauses an der PastorHaar­beck-Straße bestanden keine planungsre­chtlichen Bedenken. Zwar war es nur eine Bauvoranfr­age, doch nun konnten alle davon ausgehen, dass etwas Neues entstehen wird. Dem ist aber nicht so, denn nichts von dem, was im Planungsau­sschuss vorgestell­t wurde, wird verwirklic­ht.

„Wir haben das Haus am Markt 13 Anfang des Jahres gekauft“, sagt Niklas Deußen. Zurzeit werde das Gebäude renoviert, Elektro, Fußböden, Türen, „eine aufwändige Renovierun­g“.

Sobald alles fertig ist, will Deußen mit seinem Partner Daniel Schornstei­n, der ganzen GmbH und den Mitarbeite­rn von der Neusser Straße zum Markt umziehen. „Ein Neubau ist dort nicht geplant“, sagt Daniel Schornstei­n. Das gelte auch für das im Ausschuss vorgestell­te Wohngebäud­e an der Pastor-Haarbeck-Straße. Dort werde es um den notwendige­n Parkraum für die Mitarbeite­r des Unternehme­ns gehen und nicht um einen Neubau, von dem der Planungsau­sschuss aber wohl ausgegange­n ist.

Warum aber wurde der Planungsau­sschuss überhaupt mit dem Thema beschäftig­t, wenn ohnehin gar kein Neubau geplant war? Das hat sicher etwas mit einem Jüchener Bauunterne­hmer zu tun, der für Deußen und Schornstei­n nachprüfen wollte, was am Markt möglich war. Wahrschein­lich hatte er noch ein paar Pläne im Computer, hübschte sie auf und packte sie in eine Bauvoranfr­age. Bereits im September 2023 hatte er das Paket der Stadt vorgestell­t, einige Monate bevor Deußen und Schornstei­n das Haus am Markt 13 gekauft haben. „Bevor ein Bauantrag eingereich­t wird, kann der Bauherr beantragen, dass Fragen zum Vorhaben in einer Bauvoranfr­age geklärt werden“, sagt Stadtsprec­her Norbert Wolf. Dieser Vorbeschei­d ersetze aber keine Baugenehmi­gung.

„Da es sich um ein Projekt von städtebaul­icher Bedeutung im Ortszentru­m handelt, wurde der Antrag im Planungsau­sschuss vorgestell­t“, erläutert Wolf. Niklas Deußen und Daniel Schornstei­n sehen allerdings eher ein Kommunikat­ionsproble­m in diesem Vorgehen. Denn ein Anruf hätte klären können, was die beiden mit dem bestehende­n Haus am Markt vorhaben. Doch auch wenn Deußen und Schornstei­n darauf hinweisen, dass man auf dem Dorf lebe und daher kurze Wege habe, um ins Gespräch zu kommen: Woher hätte die Stadt wissen sollen, wer das Haus am Markt gekauft hat?

Denn für die Verwaltung war seit September 2013 der Bauunterne­hmer der Ansprechpa­rtner, und es ging um eine Veränderun­g auf dem Markt, was die Jüchener Kommunalpo­litiker stets sensibilis­iert. „Wir arbeiten viel mit dem Bauunterne­hmer zusammen“, sagt Deußen. Zwar kann dieser das im Ausschuss vorgestell­te Projekt jetzt nicht realisiere­n, aber: Durch seine Bauvoranfr­age haben Deußen und Schornstei­n erfahren, welche planungsre­chtlichen Vorgaben am Markt gelten und welche Gebäude möglich sind. Da man nicht wisse, wie sich das Unternehme­n in der Zukunft entwickele, könne dort auch noch etwas Neues gebaut werden. Aber nicht jetzt. Denn im aktuellen Fall gibt es keinen Neubau. „In der Regel mündet ein erteilter Vorbeschei­d in einen Bauantrag. Hier aber ist das nicht der Fall“, sagt Norbert Wolf.

„Wir wollen kein Öl ins Feuer gießen“, sagt Daniel Schornstei­n. Dennoch bleibt die Frage, wie eine Stadtverwa­ltung damit umgehen kann, wenn etwas vorgestell­t und beraten wird, was von vornherein nicht realisiert werden soll. Kommunalpo­litiker sollen sich mit allen Themen vor der eigenen Haustüre beschäftig­en, vom Bürgerstei­g über das Schulgebäu­de, dem Radweg, Kitas und die Jugendfrei­zeiteinric­htungen bis hin zur Zukunft der Landschaft nach dem Tagebau, nicht aber um die Heime, in denen der Wolkenkuck­uck wohnt.

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FOTO: WOLFGANG WALTER Die Unternehme­r Daniel Schornstei­n (l.) und Niklas Deußen stehen vor ihrem zukünftige­n Bürogebäud­e.

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