Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

„Das ist immer noch kein sicherer Schulweg“

An der Schulstraß­e hatte sich 2018 ein tödlicher Unfall mit einem Elterntaxi ereignet. Warum Anwohner die seitdem getroffene­n Maßnahmen für unwirksam halten und welche Lösung sie sich mit Blick auf den „Schulstraß­en-Erlass“wünschen würden.

- VON LESLIE BROOK FOTOS (5): BROOK

HARDTERBRO­ICH-PESCH An den Morgen des 5. Dezembers 2018 kann er sich genau erinnern: Wäsche bügelnd schaute er zwischendu­rch aus dem Fenster. Dann war draußen plötzlich überall Blaulicht zu sehen. Das Gefühl, dass etwas Schlimmes passiert sein musste, bestätigte sich. Ein achtjährig­es Mädchen wurde unmittelba­r vor der Grundschul­e an der Schulstraß­e in Hardterbro­ich-Pesch von einem Elterntaxi angefahren und tödlich verletzt. Mit ihrem SUV hatte eine Mutter die Schülerin bei einem Wendemanöv­er erfasst, nachdem sie von ihrem Vater vor dem Gebäude abgesetzt worden war.

Etwas mehr als fünf Jahre später sagt ein Anwohner, der anonym bleiben möchte, dass die Gefahr nicht gebannt ist und sich die Situation wiederhole­n könnte, auch wenn sich das niemand vorstellen mag: „Das hier ist noch immer kein sicherer Schulweg“, sagt der Anwohner. Anlieger der Schulstraß­e beobachten täglich Dutzende von Verstößen. „Verkehrste­ilnehmer halten sich immer weniger an geltende Bestimmung­en“, – Kreisverke­hre würden mittig von Fahrrädern wie teils auch von Pkw überfahren, die Einbahnstr­aße an der Luise-VollmarStr­aße in entgegenge­setzter Richtung als Abkürzung genutzt. Autos parken in der Spielstraß­e, auch dort, wo es keine Parkbuchte­n gibt, oder in zweiter Reihe neben Pollern. Das zeigen auch direkte Beobachtun­gen vor Ort.

In diesem Moment etwa wendet ein weißer SUV an der Ecke vor dem Schultor. Auf dem Boden in der Nähe ist ein weiß verblasste­r Kreis zu sehen. Die Idee an dieser Stelle sei gewesen, dass die Autos um ihn herumfahre­n, sodass es keine riskanten Wendemanöv­er mehr gibt, erklärt der Nachbar. Das hat augenschei­nlich nicht funktionie­rt. Inzwischen ist die Markierung kaum noch sichtbar, und lässt den, der sie überhaupt wahrnimmt, im besten Fall über den Zweck rätseln; meist jedoch werde sie einfach ignoriert. Zudem ist der Wendekreis für größere Fahrzeuge vor den Garagen zu knapp bemessen, meint der Anwohner.

Die Stadt hat nach dem tödlichen Elterntaxi-Unfall eine Reihe von verkehrsbe­ruhigenden und sichernden Maßnahmen durchgefüh­rt. Acht finden sich in einer Übersicht der Stadt zu den nach dem Unfall unternomme­nen Schritten, zwei weitere erfolgten nach Hinweisen aus der Elternscha­ft bereits vor 2018. Doch in der Summe führten sie nicht zu dem

Ziel, den Schulweg wirklich sicher zu machen und die Verkehrsla­ge zu beruhigen, so meinen Anwohner: „Am System wird rumgedokte­rt, aber das löst das Problem nicht.“

Im Viertel hofft man nun auf Umsetzung des „Schulstraß­en-Erlasses“. Dass die durch das NRW-Verkehrsmi­nisterium kürzlich landesweit freigegebe­ne Möglichkei­t für Kommunen, Straßen vor Schulen für Autos zu sperren, in Mönchengla­dbach auch genutzt und verwirklic­ht wird. Das Thema steht am Donnerstag, 18. April, auf der Agenda im Mobilitäts­ausschuss. Die einzig wirksame Lösung in den Augen von Anwohnern: Dass aus der Schulstraß­e eine echte Schulstraß­e wird. Sie also zumindest zeitweilig für den Verkehr gesperrt und eine Schranke installier­t wird, die nur von Anwohnern geöffnet werden kann, ansonsten aber die direkte Zufahrt unmöglich macht. „Wenn diese zu den Hol- und Bringzeite­n herunterge­fahren wäre, dann wäre der Sicherheit der Kinder viel geholfen“, meint der Anlieger. „In meinen Augen ist es verpasst worden, hier früher eine reine Anwohnerst­raße einzuführe­n.“

Regelwidri­ges Verhalten müsse konsequent­er geahndet werden, fordern Anwohner. Teil der Beschlussv­orlage ist es auch, den Kommunalen Ordnungsdi­enst stärker vor Schulen einzusetze­n. „Die Akzeptanz für die geltenden Regeln ist gering. Und gleichzeit­ig nehmen eine Grundaggre­ssivität und rücksichts­lose Fahrweise leider zu“, schildert der Anwohner Beobachtun­gen. Häufig höre er von Falschpark­ern den Satz: „Ich muss nur eben das Kind holen“. Die nahe gelegene „Kiss & Ride“-Zone werde kaum genutzt. Mit dem Ausbau der Schule, der Ende des Jahres beginnen soll, könnte sich die Problemati­k in Bezug auf Elterntaxi­s nicht nur durch Liefer- und Bauverkehr weiter verschärfe­n. Dann soll es den Infos zufolge auch ein drittes Schultor an der Luise-Vollmar-Straße geben, und der Lehrerpark­platz wird wegfallen.

 ?? ?? Vor dem Schultor herrscht absolutes Halteverbo­t. Elterntaxi­s stoppen dort dennoch, um Kinder einzusamme­ln. Gegenüber halten ebenfalls häufig Autos. Erlaubt ist das Parken in der Spielstraß­e aber nur in den gekennzeic­hneten Buchten.
Vor dem Schultor herrscht absolutes Halteverbo­t. Elterntaxi­s stoppen dort dennoch, um Kinder einzusamme­ln. Gegenüber halten ebenfalls häufig Autos. Erlaubt ist das Parken in der Spielstraß­e aber nur in den gekennzeic­hneten Buchten.
 ?? ?? Auch, wenn es hier aussieht, als ob die Wagen in Reih und Glied stehen: Markierte Parkbuchte­n gibt es nur zwei, die hinteren beiden Autos parken verkehrswi­drig. Da es nur wenige reguläre Parkplätze gibt, halten Autos teils auch in zweiter Reihe.
Auch, wenn es hier aussieht, als ob die Wagen in Reih und Glied stehen: Markierte Parkbuchte­n gibt es nur zwei, die hinteren beiden Autos parken verkehrswi­drig. Da es nur wenige reguläre Parkplätze gibt, halten Autos teils auch in zweiter Reihe.
 ?? ?? In der Einbahnstr­aße dürfen nur Radfahrer in beide Richtungen verkehren. Dennoch wird die Luise-Vollmar-Straße als Abkürzung genutzt, berichten Anwohner.
In der Einbahnstr­aße dürfen nur Radfahrer in beide Richtungen verkehren. Dennoch wird die Luise-Vollmar-Straße als Abkürzung genutzt, berichten Anwohner.
 ?? ?? Der aufgezeich­nete Kreis sollte bewirken, dass Fahrer um ihn herumfahre­n.
Der aufgezeich­nete Kreis sollte bewirken, dass Fahrer um ihn herumfahre­n.
 ?? ?? Der Kreisverke­hr wird nicht nur von Radlern überfahren.
Der Kreisverke­hr wird nicht nur von Radlern überfahren.

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