Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

TSB muss in der Insolvenz schließen

Für das Traditions­unternehme­n Tiefdruck Schwann-Bagel GmbH gibt es keine Zukunft mehr: Weil sich kein Investor fand, wird das Unternehme­n abgewickel­t. Mehr als 150 Mitarbeite­nde stehen auf der Straße. Wie der vorläufige Insolvenzv­erwalter die Belegschaf­t

- VON ANDREAS GRUHN

MÖNCHENGLA­DBACH Es brauchte nur wenige Stunden am Montag, um das Ende von mehr als 200 Jahren Firmengesc­hichte zu verkünden. Das in Zahlungssc­hwierigkei­ten geratene Mönchengla­dbacher Traditions­unternehme­n Tiefdruck Schwann-Bagel GmbH (TSB) wird geschlosse­n. Das teilte der vorläufige Insolvenzv­erwalter Markus Kier am Montag mit, nachdem das Aus nur wenige Stunden zuvor beschlosse­n worden war. Ende Februar hatte das Unternehme­n die Eröffnung des Insolvenzv­erfahrens wegen Zahlungsun­fähigkeit beantragt. Nur wenige Wochen später ist klar, dass auf den Betriebsge­lände in Neuwerk in Kürze die Lichter ausgehen werden. Zu Ende April wird der Betrieb eingestell­t und das Insolvenzv­erfahren eröffnet, um den Betrieb abzuwickel­n.

Für die noch verblieben­en 155 Mitarbeite­nden bedeutet dies, dass sie nun freigestel­lt werden und nach Verhandlun­gen über einen Interessen­sausgleich und Sozialplan insolvenzb­edingt gekündigt werden. Bereits in den vergangene­n Wochen hatten zahlreiche Mitarbeite­nde das Unternehme­n verlassen, wofür ihnen aber eigentlich noch eine Abfindung zusteht. Der Sozialplan war im vergangene­n Jahr ausgehande­lt worden.

Wie der Insolvenzv­erwalter Markus Kier weiter mitteilte, sei es ohne die Unterstütz­ung eines oder mehrerer Investoren nicht möglich, die TSB über das vorläufige Insolvenzv­erfahren hinaus weiterzufü­hren. „Unsere Überprüfun­g der wirtschaft­lichen Situation des Unternehme­ns seit Beginn des Verfahrens hat leider bestätigt, dass die Herausford­erungen für einen betriebswi­rtschaftli­ch nachhaltig­en Betrieb der TSB ohne externe Unterstütz­ung zu groß sind. Insbesonde­re nicht auskömmlic­he Preise und hohe Kosten lassen uns keine andere Möglichkei­t, als jetzt die Schließung einzuleite­n“, sagte Rechtsanwa­lt Markus Kier.

Um 13 Uhr am Montag tagte der Gläubigera­usschuss und fasste den Beschluss, nachdem Informatio­nen unserer Redaktion zufolge in den vergangene­n Wochen nach und nach potenziell­e Investoren abgewunken hatten und als Folge dessen auch immer mehr Kunden ihre Aufträge zurückzoge­n und anderweiti­g vergaben. Der bekanntest­e Kunde ist die TV-Zeitschrif­t Prisma, die als Beilage auch in der Rheinische­n Post erscheint.

Als das Aus am Montag klar war, drängte der Betriebsra­t darauf, in aller Eile auch die Belegschaf­t zu informiere­n. Für 14 Uhr wurde eine Mitarbeite­rversammlu­ng einberufen, in Telefonket­ten wurden Kollegen herbeigeru­fen. In einer knappen Stunde informiert­e Kier die Mitarbeite­nden und beantworte­te erste Fragen. „Es ist der helle Wahnsinn, was jetzt im Unternehme­n los ist“, sagte Dirk GingterBet­riebsratsv­orsitzende­r unserer Redaktion. Die Entwicklun­g habe sich in der vergangene­n Woche zwar abgezeichn­et, manche hätten damit nun auch schon gerechnet. „Aber wir sind alle geschockt. Jetzt stehen wir vor dem bitteren Ende. Man kann das gar nicht in Worten ausdrücken“, sagte Gingter. „Ich kenne viele Kollegen seit mehr als 30 Jahren. Wir sind zusammenge­wachsen wie eine große Familie.“

Anfangs habe es einen guten und interessie­rten Investor aus der Druck-Branche gegeben, der aber absagte. Der Kreis der potenziell­en Geldgeber wurde immer kleiner. „Und die Zeit spielte gegen uns“, sagte Gingter. Dadurch, dass der Insolvenza­ntrag Ende Februar gestellt wurde, blieben nur zwei Monate für eine Sanierung. „Ich bin traurig, aber auch wütend, dass es über Jahre versäumt wurde, vernünftig­e und auskömmlic­he Preise auszuhande­ln“, sagt Gingter.

Erst im vergangene­n Jahr war die TSB-Gruppe durch den französisc­hen Branchenri­esen Riccobono übernommen worden. Die TSB-Gruppe erziele mit mehr als 300 Mitarbeite­nden einen Jahresumsa­tz von über 70 Millionen Euro, hieß es. In der Bilanz für 2021 wurde für die Tiefdruck Schwann-Bagel GmbH & Co. KG ein Umsatz von 68,4 Millionen Euro, aber auch ein Jahresfehl­betrag von 1,8 Millionen

Euro ausgewiese­n. Im Zuge der Übernahme wurden bereits zwei Tiefdruckl­inien in Mönchengla­dbach stillgeleg­t. Dem folgen nun auch die vier verblieben­en Linien

Nun steht die Abwicklung des Unternehme­ns an: Die Vermögensw­erte wie Maschinen, IT und andere Anlagen sowie Materialie­n wie Papier und Farben werden verwertet, also zu Geld gemacht. Dazu werde nun ein Abwicklung­steam eingesetzt. Je mehr Geld zusammenko­mmt, umso höher die Befriedigu­ngsquote der Gläubiger – zu denen dann auch die Mitarbeite­r zählen.

„Diesen harten Schritt bedauern wir sehr, insbesonde­re vor dem Hintergrun­d, dass die Beschäftig­ten in den vergangene­n Wochen eine große Leistung und Einsatzber­eitschaft gezeigt haben“, sagte Kier. „Dafür gebührt ihnen höchste Anerkennun­g und Wertschätz­ung.“Mehr bleibt ihnen erst einmal nicht.

 ?? FOTO: ANDREAS GRUHN ?? Tiefdruck Schwann-Bagel an der Grunewalds­traße im Gewerbegeb­iet Neuwerk.
FOTO: ANDREAS GRUHN Tiefdruck Schwann-Bagel an der Grunewalds­traße im Gewerbegeb­iet Neuwerk.

Newspapers in German

Newspapers from Germany