Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
„Moscheen sind jetzt Teil des Stadtbilds“
Frankfurts Bürgermeisterin sieht die große muslimische Gemeinde als Bereicherung. Sie benennt aber auch Probleme.
Fast jeder fünfte Frankfurter bekennt sich zum Islam. Welche Auswirkung hat das auf das religiöse Leben in der Stadt?
ESKANDARI-GRÜNBERG Der Islam gehört wie alle anderen Religionen zu Frankfurt. Die Menschen, die zu uns kommen, bringen ihre Kultur und ihre Religion mit. Und das ist auch gut so. Es ist Teil der Diversität, die uns als Stadt starkmacht. Moscheen, die lange in Hinterhöfen existierten, sind jetzt Teil des Stadtbilds.
Ist Frankfurt noch eine christliche Stadt?
ESKANDARI-GRÜNBERG Ich nehme Frankfurt als säkulare Stadt mit christlicher Prägung und Tradition wahr. Gleichzeitig ist die Stadt wie kaum eine andere deutsche Großstadt von einer vielfältigen Religionslandschaft gekennzeichnet. Seit der Reformation galt Frankfurt als protestantisch, obwohl auch der Katholizismus nicht zuletzt durch den Dom eine wesentliche Rolle spielte. Durch Zuwanderung und Eingemeindungen nahm der Anteil der Katholiken nach und nach zu und ist heute größer als der der Protestanten. Insgesamt bilden Christ:innen in Frankfurt mit 350.000 Gläubigen (evangelisch, katholisch, orthodox und andere) die mit Abstand größte Religionsgemeinschaft.
Wie transparent und offen wird der islamische Glauben in der Stadt gelebt?
ESKANDARI-GRÜNBERG Der islamische Glauben wird von den Gläubigen recht unterschiedlich gelebt. Die Moschee-Gemeinden fungieren als multifunktionale
Zentren im Stadtteil: Viele engagieren sich mit ihren Angeboten auch im Sozial- und Gesundheitsbereich, in der Jugendarbeit, in der Nachhilfe, in Kultur und Sport oder im interreligiösen Dialog. Die Angebote sprechen viele Menschen an, die weit über die eigene Community und Gemeinde hinausgehen. Im Ramadan wird das besonders deutlich. Viele Moscheegemeinden laden zum gemeinsamen Iftar, also zum Fastenbrechen, ein, an dem auch viele nicht-muslimische Menschen teilnehmen.
Frankfurt ein? Gibt es Moscheen, die Ihnen Sorgen machen?
ESKANDARI-GRÜNBERG Wir befinden uns zu allen extremistischen Phänomenbereichen im stetigen Austausch mit den verschiedenen Sicherheitsbehörden. Im aktuellen Jahresbericht des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz wird unter anderem ein in Frankfurt ansässiges und der Muslimbruderschaft nahestehendes islamisches Zentrum erwähnt. Außerdem wird eine Moscheegemeinde mit ideologischer Nähe zur Staatsdoktrin der Islamischen Republik Iran genannt. Bei insgesamt 50 Moscheegemeinden ist das ein geringer Anteil.
Als Teil der Stadtgesellschaft ist auch die muslimische Community aufgefordert, ihren Beitrag zur Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus zu leisten. Darauf weise ich die Gemeinden hin.
Gibt es Tendenzen zur Abschottung der Menschen mit islamischem Glauben?
ESKANDARI-GRÜNBERG Nach meiner Wahrnehmung kaum. Grundsätzlich gibt es – wie in allen deutschen Großstädten – auch in Frankfurt Herausforderungen im Zusammenhang mit benachteiligten Quartieren. Hierbei handelt es sich um ein soziales Problem, das nichts mit religiösen Überzeugungen zu tun hat.