Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Die letzte Ruhe unter alten Bäumen

Die wenigsten Menschen denken gerne an ihr Lebensende. Wer allerdings vorausplan­t und sich informiert, findet vielleicht alternativ­e Bestattung­sarten, die infrage kommen. So wie in einem Begräbnisw­ald, zum Beispiel in Niederkrüc­hten.

- VON VERA STRAUB

WEGBERG Jeder möchte nach dem Ableben einen Platz finden, der bei den Angehörige­n keine bedrückend­e Stimmung hervorruft und wo das Trauern einfach leichter fällt. Wo Verwandte einen besuchen können, ohne auf einen düsteren Friedhof zu gehen. Und der Betroffene selber wünscht sich ebenso einen besonderen Ort. Der Friedwald in Niederkrüc­hten ist da für viele die letzte und natürlichs­te Ruhestätte. Hier werden Bestattung­en immer beliebter und das hat seine ganz eigenen Gründe. Es mag an der frischen, klaren Luft liegen. Oder an den mächtigen Bäumen, die einen selbst und damit viele Probleme ganz klein erscheinen lassen, dass es die Menschen in den Wald zieht. Der Wald ist oft ein Ort der Ruhe und der inneren Einkehr. Für viele hält er aber auch ausgelasse­ne Kindheitse­rinnerunge­n bereit. So oder so: Viele Menschen fühlen sich mit dem Wald verbunden.

Saskia Riemer Friedwal-Waldbetreu­erin

„Der Friedwald ist eine Alternativ­e zum konvention­ellen Friedhof, eine Alternativ­e für jeden, der sich eine Bestattung inmitten der Natur wünscht“, weiß die Friedwald-Waldbetreu­erin Saskia Riemer. 2020 wurde der Friedwald zwischen dem alten

Militärgel­ände und der niederländ­ischen Grenze auf Niederkrüc­htener Stadtgebie­t eröffnet – und wider Erwarten stark angenommen. „Eine Beisetzung im Wald ist etwas ganz Besonderes. Die Natur tröstet die Menschen und gibt ihnen auch in Zeiten arger Trauer ein gutes Gefühl“, weiß Riemer.

Und auch Bestatter Christoph Deisen vom Bestattung­shaus Joerißen in Wegberg kann das bestätigen: „Generell werden alternativ­e Bestattung­sformen immer mehr gefragt. Der Nachteil am Friedwald in Niederkrüc­hten ist für ältere Menschen vielleicht die Entfernung. Dafür entfällt aber die Pflege, denn ein Grab in einem Begräbnisw­ald sollte so naturbelas­sen wie möglich sein.“Dafür gebe es zum einen vollständi­g biologisch abbaubare Urnen, die verwendet werden müssen. Die Trauerfeie­r könne mit Blumen und Schmuck gestaltet werden, nach der Beisetzung wieder müsse mitgenomme­n die Dekoration werden. allerdings „Den Grabschmuc­k übernimmt die Natur“, sagt Saskia Riemer. Das Konzept eines Begräbnisw­aldes ist wie folgt: Der Baum wird in der Regel lange vor dem Tod bei einer Besichtigu­ng ausgewählt. Interessen­ten haben die Wahl zwischen einem Baum für die ganze Familie oder einem einzelnen Platz an einem Baum mit mehreren Urnen-Gräbern. Nach dem Tod wird die Person unter demausgesu­chten Baum beigesetzt. Infrage kommende Bäume werden im Vorfeld sorgfältig von den Friedwald-Förstern ausgewählt, denn es geht vor allem um Vitalität und Langlebigk­eit der Waldgrabst­ätte. Einen Termin für die Baumauswah­l können Interessie­rte zu den Öffnungsze­iten im Begräbnisw­ald vereinbare­n.

Ein besonderer Ort ist der Andachtspl­atz auf einer Lichtung im Wald. Auf diesem Platz kann eine kleine Trauerfeie­r abgehalten werden, bevor es gemeinsam mit dem Förster zur Beisetzung der Urne geht. Dabei können die Trauernden ihrer Kreativitä­t freien Lauf lassen: Sie können einen Geistliche­n oder einen weltlichen Redner mitbringen oder selbst ein paar Worte sagen. Es kann Musik abgespielt oder live von einer Band vorgetrage­n werden. Die Ausgestalt­ung der Trauerfeie­r bleibt den persönlich­en Bedürfniss­en überlassen.

Friedwald hat inzwischen 87 Standorte in Deutschlan­d und es werden immer weitere eröffnet. Der Wald in Niederkrüc­hten erstreckt sich über 52 Hektar und bietet breite und massive Hauptwege, die auch mit dem Rollstuhl oder Rollator begehbar sind. Bänke entlang der Wege ermögliche­n eine Pause.

Die Beisetzung­skosten liegen derzeit bei 450 Euro. Ein Basisplatz kostet 590 Euro, dann kann man sich aber den Baum nicht selbst aussuchen oder Plätze nebeneinan­der erstehen. Das ist für einen Preis von 890 bis 1390 Euro pro Platz möglich. Ein Platz unter dem Sternschnu­ppenbaum ist kostenfrei. Ein ganzer Baum kostet zwischen 2890 und 7490 Euro.

 ?? FOTO: VERA STRAUB ?? Bestatter Christoph Deisen und seine Mitarbeite­rin Diane Schlitt-Fervers (r.) mit der Friedwald-Waldbeauft­ragten Saskia Riemer im Verabschie­dungsraum des Bestattung­shauses Joerißen.
FOTO: VERA STRAUB Bestatter Christoph Deisen und seine Mitarbeite­rin Diane Schlitt-Fervers (r.) mit der Friedwald-Waldbeauft­ragten Saskia Riemer im Verabschie­dungsraum des Bestattung­shauses Joerißen.

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