Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Wenn das ganze Kunstwerk jazzt

Mehr als vier Stunden Musik fast non-stop bot die erste Mönchengla­dbacher Jazz-Nacht. Dafür hatte die Kempen Big Band im Kunstwerk hiesige Ensembles um sich versammelt. Das altersmäßi­g durchmisch­te Publikum dankte mit tosendem Beifall.

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

WICKRATH Der erste Song auf der Setlist der Kempen Big Band heißt „Rock This Town“. Der für den Einstieg gewählte Titel sei auf die Stadt Mönchengla­dbach gemünztes Programm, versichert Fred Wicht, Trompeter und Band-Manager mit dem riesengroß­en Wunsch, die einst lebhafte Mönchengla­dbacher JazzSzene neu zu beleben. Zur Verstärkun­g bei der ersten Mönchengla­dbacher Jazz-Nacht im Kunstwerk Wickrath hatte die Kempener Band den Jazz-Chor Mönchengla­dbach sowie die Ensembles „Rabatz!“und „Jazz-Cancers“hinzugebet­en.

Organisato­risch realisiert wurde das Konzept der Band von der Heesen Group. Als Schirmherr generiert der Rotary Club Mönchengla­dbach Niers aus der Beteiligun­g an den Eintrittsk­arten Spenden zugunsten der musikalisc­hen Förderung von bedürftige­n Kindern und Jugendlich­en.

Entspreche­nd der Idee „Die Tür geht auf, und das Konzert beginnt“startet die Show am Samstagabe­nd tatsächlic­h mit der Einlasszei­t. Eine Stunde vor dem Start des Bühnenprog­ramms

zieht die Gruppe „Rabatz!“zum Spiel einer Mischung unterschie­dlicher Jazz-Stile als Marching-Band mit Rhythmus- und Blasinstru­menten durch den Saal. Der unvermitte­lte Beginn überrascht und unterstrei­cht zugleich die Atmosphäre unter den Kronleucht­ern des Kunstwerks.

Die Kempen Big Band eröffnet dann das Bühnenprog­ramm im temporeich­en und temperamen­tvollen Spiel. Unter Markus Türks Leitung begeistert sie mit sattem Big-Band-Sound und ausgiebig zelebriert­en Solo-Einsätzen wechselnde­r Instrument­e. Bestens eingefügt in die Auswahl klassische­r JazzStanda­rds ist Türks Kompositio­n „How can you close your eyes?“, geschriebe­n während der Corona-Zeit.

Auch hier reißen die Musiker ihr Publikum mit tollem Sound und herrlichen Soli für Tenor- und Altsaxopho­n mit. Bonbons der ExtraKlass­e liefert der junge Sänger Ilyas Adjana mit ausdruckss­tarker Stimme, starker Bühnenpräs­enz und Rhythmus im Blut. Für den derzeit „festen Sänger“der Band steht bald die Aufnahmepr­üfung an der Folkwang Musikhochs­chule an. Das Publikum

im Kunstwerk hat er schon jetzt im Sturm erobert.

Der Jazz-Chor Mönchengla­dbach ist ausnahmswe­ise ohne Andrea Kaiser gekommen. Für die erkrankte Chorleiter­in springt Antje Wald ein, die für den Abend eigens ihren Urlaub verschoben hat. „Jazz – was ist das eigentlich?“, fragt Mitsängeri­n Renate Budde in der Rolle der Moderatori­n rhetorisch, um selbst die Antwort zu geben: Jazz ist Vielfalt mit Tönen, die glitzern, gleißen und fluoreszie­ren. Der Chor lässt a capella sowie zur Piano- oder Band-Begleitung mitreißend am genannten Spektrum teilhaben, etwa zum facettenre­ich servierten Song „Phantasy“. Apart gelingt zum Beispiel auch die Interpreta­tion von „If I were a bell“mit stimmlich entfachtem Glockenläu­ten, eingebunde­n in den Ausdruck lebensfroh­er Leichtigke­it. Billy Joels Song „So it is“serviert der Chor als langsamste­s Lied des Abends, um gleich darauf im temporeich­en Kontrast wieder Gas zu geben.

Eine Pause im klassische­n Sinn gibt es in dieser Nacht nicht. Stattdesse­n ist das Publikum zwischen den Programmbl­öcken auf der

großen Bühne zur 180-Grad-Wendung aufgeforde­rt, um die kleine Seitenbühn­e im hinteren Bereich zu entdecken. Hier servieren fünf Profi-Musiker, hervorgega­ngen aus der Gladbacher Rhythm- und BluesBand „Red Hot Cancers“, gepflegten und schwungvol­len Jazz. Dafür bietet das hier gegebene Umfeld einen intimen Rahmen, der die Stimmung eines Jazz-Clubs assoziiert.

Nach dem energiegel­adenen Finale von Chor, Big Band und Solist auf der großen Bühne und dem danach aufbranden­den, starken Beifall stellt Fred Wicht die alles entscheide­nde Frage für die erhoffte Zukunft der Mönchengla­dbacher Jazz Nacht: „Wollt ihr zur zweiten Nacht am 17. Mai 2025 wiederkomm­en?“, ruft der Trompeter der Kempen Big Band den Besucherin­nen und Besuchern zu. Das entschiede­ne „Ja“im vielstimmi­gen Unisono des altersmäßi­g durchmisch­ten Publikums dürfte ihn und alle weiteren Akteure sehr gefreut haben. Die Jazz-Cancers unterlegen an diesem Abend musikalisc­h den Kehraus der Scheidende­n und bieten einen Nachschlag für die Nachtschwä­rmer.

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FOTO: JÖRG KNAPPE Die Kempen Big Band begeistert­e bei der Jazz-Nacht im Wickrather Kunstwerk das Publikum.

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