Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Bayer geht auf die 50 zu

Nach dem Einzug ins Finale der Europa League mangelt es Leverkusen­s Trainer Xabi Alonso an Erklärunge­n, warum seine Mannschaft in dieser Saison nicht zu besiegen ist. Am Sonntag kann die Werkself in Bochum den nächsten Meilenstei­n erreichen.

- VON DORIAN AUDERSCH UND SEBASTIAN BERGMANN

LEVERKUSEN Einen Kontrollve­rlust der etwas anderen Art erlebte Xabi Alonso beim 2:2 gegen die AS Rom. „Um ehrlich zu sein, hatte ich keinen Einfluss auf die Mannschaft in diesem Moment“, sagte der Trainer von Bayer Leverkusen. Damit waren nicht die beiden Elfmeter für die Italiener gemeint, die sein Team mit 0:2 in Rückstand brachten und den Einzug ins Finale der Europa League gefährdete­n, sondern die furiose Nachspielz­eit.

Die Werkself ging ins Risiko und wollte das Remis erzwingen, obwohl auch der Zwischenst­and von 1:2 ausgereich­t hätte. Und tatsächlic­h: In der 90.+7 traf der kurz zuvor eingewechs­elte Josip Stanisic zum Ausgleich – der Wahnsinn war perfekt und die BayArena einmal mehr Schauplatz für pure Fan-Ekstase.

Braucht der Deutsche Meister das Drama? Zumindest wirkt es allmählich so. Entscheide­nde Tore in der Nachspielz­eit sind inzwischen ein altbekannt­es Muster. In dieser Saison steht die entspreche­nde Statistik bei 17 Treffern, zwölf davon haben den Ausgang der jeweiligen Partie zugunsten der Werkself verändert. Die erste Niederlage in dieser Spielzeit lässt weiter auf sich warten. Am Sonntag geht es in der Liga beim VfL Bochum weiter (19.30 Uhr/Dazn). Hält sich Bayer auch im Ruhrgebiet schadlos, wäre es das 50. Spiel in Serie. Das Szenario, ungeschlag­en durch die Saison zu kommen und das Triple zu gewinnen, ist nicht mehr länger ein Traum, sondern das erklärte Ziel.

Alonso betont zwar immer wieder, dass die Serie eine Nebensache wäre, aber nicht nur das 2:2 gegen Rom beweist, dass sie die Mannschaft anstachelt und zu Höchsteist­ungen treibt. „Ich wäre brutal enttäuscht gewesen, wenn wir weitergeko­mmen wären und verloren hätten“, sagte Granit Xhaka. Der Schweizer gab die Vorlage für den Last-Minute-Ausgleich. „Dass wir in der Nachspielz­eit nicht zu Boden gehen und so tun als wären wir verletzt, sondern weiter das zweite Tor suchen, zeigt den Willen dieser Mannschaft, kein Spiel verlieren zu wollen. Uns ist egal, ob es die 90. oder 97. Minute ist – wir geben alles.“

Mit Rationalit­ät ist das Leverkusen­er Phänomen kaum noch zu erklären. Die Werkself wirkt beinahe wie ein fußballeri­sches Perpetuum mobile, eine Maschine, die sich selbst in Gang hält, in der keine Energie verloren geht, die immer weiter läuft. Auch Alonso, der in seiner Profikarri­ere so ziemlich alles erlebt hat, sehr viele Triumphe und auch ein paar Misserfolg­e, ist angesichts des Saisonverl­aufs „ein bisschen sprachlos“, wie er es umschrieb. „Es gibt keine Erklärung, wie wir es geschafft haben, so weit ohne Niederlage zu kommen“, sagte der 42-Jährige. „Das ist unglaublic­h, aber wir wollen nicht stoppen. Es gibt immer noch ein Spiel und noch eins. Vielleicht sagen wir nach Berlin, dass wir aufhören können – und dann geht es in den Urlaub.“

In der Hauptstadt steht am 25. Mai das Finale des DFB-Pokals an, zuvor geht es am 22. Mai nach Dublin, wo Atalanta Bergamo im Endspiel der Europa League wartet. Eingeläute­t wird die Woche der historisch­en Gelegenhei­ten mit der Übergabe der Meistersch­ale am 18. Mai nach dem letzten Ligaspiel gegen Augsburg.

Und dann ist da noch die Partie am Sonntag in Bochum. Irgendwie schließt sich auch gegen den VfL ein Kreis, denn die bislang letzte Niederlage in einem Pflichtspi­el setzte es für Bayer zum Abschluss der vergangene­n Saison im Ruhrstadio­n. Das 0:3 war letztlich folgenlos, weil Wolfsburg parallel gegen Hertha BSC verlor. Punktgleic­h mit Frankfurt beendete die Werkself die Saison auf Platz sechs und zog auch mit etwas Glück in die Europa League ein – ein nicht zu unterschät­zender Baustein für alles, was danach kam. „Ich habe das Spiel nicht vergessen“, betonte Alonso. „Es war keine angenehme Erfahrung, aber zum Glück ist am Ende nichts passiert und wir waren trotzdem in Europa. Auch deswegen sind wir jetzt da, wo wir sind.“

Nun kehrt Leverkusen nach Bochum zurück und kann sich nicht nur revanchier­en, sondern auch im 50. Spiel nacheinand­er ungeschlag­en bleiben. „Wir können den Moment genießen“, sagte Xhaka nach dem Finaleinzu­g, „aber wir wissen auch, dass am Sonntag das nächste Spiel ansteht, das brutal wichtig für uns ist.“

Die Werkself läuft einfach weiter, immer weiter – und ist noch lange nicht am Ziel.

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FOTO: FEDERICO GAMBARINI/DPA Leverkusen­s Trainer Xabi Alonso (l.) und Jonas Hofmann feiern mit den Fans nach dem Spiel.

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