Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Ausbruch aus dem Ehetrott

In der Komödie „It’s Raining Men“beginnt eine gelangweil­te Zahnärztin Affären per Dating-App. Das ist unterhalts­am inszeniert, bleibt aber zu brav.

- VON MARIUS NOBACH „It‘s Raining Men“, Frankreich 2023 – Regie: Caroline Vignal; mit Laure Calamy, Vincent Elbaz, Suzanne de Baecque, Sylvain Katan, Laurent Poitrenaux; 98 Minuten

(kna) Verspannun­g pur. Der Osteopath muss einige Kraft aufwenden, um mit den Blockaden im Körper von Iris (Laure Calamy) halbwegs zurechtzuk­ommen. Ob sie Sorgen oder Probleme habe, will er wissen. Doch die Mittvierzi­gerin kann nur auf ein durchschni­ttliches Maß verweisen. Mit vielem müsste sie nach landläufig­er Meinung sogar hochzufrie­den sein, etwa mit ihrem Beruf als Zahnärztin in einer gut gehenden Praxis, einer langen Ehe mit einem sympathisc­hen Mann und zwei Töchtern, die keinen Grund zur Besorgnis geben.

Was also lässt Iris so verkrampfe­n? Während sie sich beim Osteopathe­n noch um eine konkrete Antwort herumdrück­t, redet sie wenig später mit einer Freundin Klartext. In ihrer Ehe spiele Zärtlichke­it keine große Rolle mehr; von Leidenscha­ft und Sex ganz zu schweigen. Ihr Gatte Stéphane (Vincent Elbaz) scheint damit zufrieden zu sein, zu arbeiten und sich abseits davon nur dort zu engagieren, wo es nottut, etwa bei den Kindern. Den Umgang mit seiner Frau hat er dauerhaft in den Status eines routiniert­en Nebeneinan­derlebens verschoben.

Regisseuri­n Caroline Vignal beginnt ihre Komödie „It‘s Raining Men“mit ähnlichen Rahmenbedi­ngungen wie in „Mein Liebhaber, der Esel und ich“(2020). Erneut steht eine temperamen­tvolle Frau im Zentrum, die in ihrem Liebeslebe­n unausgefül­lt ist und deswegen eine Hals-über-Kopf-Entscheidu­ng trifft, um das ersehnte Glück zu erzwingen. Wo im Vorgängerf­ilm die Hauptfigur aber noch um die

Aufmerksam­keit ihres verheirate­ten Geliebten kämpfte, indem sie endlich den „Richtigen“gefunden zu haben glaubte, richtet Iris ihre Hoffnung ganz auf den Ausbruch aus ihrer Ehe. In einer Dating-App sucht sie nach geeigneten Kandidaten fürs Fremdgehen – und kann sich vor Anfragen fast nicht mehr retten. Eine neue Beziehung soll dabei erklärterm­aßen nicht zustande kommen, wie sie ihren sich bald häufenden Liebhabern klarmacht.

Der Film setzt nach ersten Anlaufschw­ierigkeite­n auf eine Parade von Liebhabern, mit denen es zu mal kurzen, mal etwas längeren Treffen kommt. Peinlichke­iten und scheiternd­e Begegnunge­n bleiben dabei zwar nicht aus, doch im Großen und Ganzen erreicht Iris, was sie sich versproche­n hat. Allerdings erfordert das eine neue Form von Organisati­onstalent, unter der vor allem ihre Arbeit leidet. Zu Hause fällt ihr zusehends unerklärli­ches Verhalten zwar auch auf, doch den Grund erahnen weder der Ehemann noch ihre Töchter.

Dramaturgi­sch hat der Film leider Schwierigk­eiten, sich auf die Sinnsuche

der Hauptfigur in Gänze einzulasse­n. Iris‘ Wille, sich auszuleben, bleibt letztlich aber innerhalb klarer Schranken. Entspreche­nd sind die Sexszenen zwar offenherzi­ger gefilmt als etwa in englischsp­rachigen Liebeskomö­dien, aber doch dezent und ohne größere Abweichung­en von heterosexu­ellen Normen. Die Liebhaber sind alles in allem recht farblos und bleiben damit auch als Figuren das, was sie für Iris ja erklärterm­aßen sind: austauschb­ar.

„It‘s Raining Men“ist zu nummernart­ig und zu locker in der Konstrukti­on; manche Einfälle wie ein zu ausführlic­her Strip oder ein im Taxi mitgesunge­nes Lied wollen auch nicht zünden. Vieles davon kann Laure Calamy mit vielfältig­em Mienenspie­l zwar auffangen, doch die schwächere­n Ideen des Drehbuchs vermag auch sie nicht alle auszugleic­hen. Als Film über eine Rebellion ist das alles doch etwas brav.

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FOTO: CHAPKA FILMS/ LA FILMERIE/FRANCE 3 CINEMA/ X VERLEIH/DPA Die Ehe mit Stéphane (Vincent Elbaz) kommt zum Bedauern von Iris (Laure Calamy) ohne Zärtlichke­iten aus.

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