Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Gastronomen sind „angespannt vorsichtig“
Die Gäste sind wiedergekommen, aber die Branche hat noch einige Corona-Lasten zu bewältigen. Welche positiven Entwicklungen es gibt und welche Probleme gelöst werden müssen. Lecker Essen
Im vergangenen Sommer war es nicht zu übersehen: Die Mönchengladbacher haben wieder Lust auszugehen. Restaurants, Cafés und Außengastronomien sind gut besucht. Gerade hat die Freiluftsaison begonnen, der Sommer hält bald Einzug. Also alles eitel Sonnenschein? Ganz so ist es nicht. Zwar läuft das Geschäft wieder, der große Aufschwung aber bleibt wegen höherer Preise, der gestiegenen Mehrwertsteuer und einigen Nachwehen der CoronaPandemie noch aus.
Unter den Mönchengladbacher Gastronomen sei die Stimmung derzeit „angespannt vorsichtig“, sagt Hans-Joachim Oettmeier, Vorsitzender des Dehoga-Kreisverbandes Mönchengladbach-Viersen. „Einige haben Umsatzrückgänge zu verzeichnen. Der Pro-Kopf-Umsatz ist rückläufig, das Verzehrvolumen ändert sich.“
Nach Pandemie und explodierender Inflation schlägt nun die Mehrwertsteuer zu Buche, die zu Beginn des Jahres wieder auf 19 Prozent erhöht wurde. Für viele Gastronomen hieß das: Preise anpassen. Allerdings sei das nicht in allen Betrieben gleich deutlich spür- bar. „Die höherpreisige Gastronomie ist in der Regel nicht so betroffen“, sagt Oettmeier. Die Gäste in der gehobenen Gastronomie seien in der Regel relativ wohlhabend und gönnen sich weiter den Restaurantbesuch.
Anders ist es bei GastronomieKonzepten, die sich auf Familien fokussieren. Diese Klientel ist preissensibler. „Da merkt man die Auswirkungen sehr“, sagt Oettmeier. Zwar habe sich das Ausgehverhalten auch nach der Mehrwertsteuer-Erhöhung nicht verändert, aber jetzt werde schon mal am Dessert gespart oder ein Getränk weniger bestellt. Eine Ausnahme sind Feiern wie Hochzeiten, Geburtstage und Jubiläen. „Da sind die Gäste nach wie vor bereit, Geld auszugeben“, stellt Oettmeier fest.
Neben der Mehrwertsteuer-Erhöhung machen den Gastronomen die Nachwehen der Pandemie zu schaffen. „Viele müssen jetzt Kredite abzahlen, die sie in der Pandemie aufgenommen haben, um den Betrieb zu halten“, sagt Oettmeier. Und auch die Rückzahlung von Corona-Hilfen bringt so manchen Gastronomen an die Belastungsgrenze.
Es gibt mehr gastronomische Betriebe in der Stadt als vor der Pandemie. Zum 31. Dezember 2019 gab es 689 Gaststätten. Darunter waren 546 Speisewirtschaften, also Restaurants, Bistros, Cafés oder Imbisse. Aktuell ist die Zahl der Gaststätten deutlich höher: 1059 sind derzeit bei der Gewerbemeldestelle der Stadt gemeldet. Davon sind 832 Speisewirtschaften.
„Etliche ältere Gastronomen haben sich mit der Mehrwertsteuer-Erhöhung dazu entschlossen, in Rente zu gehen“, fällt
Oettmeier auf. „Wegen weniger Gästen, steigender Bürokratie und Kosten haben einige gesagt: ,Das tue ich mir nicht mehr an’.“Das hat zur Folge, dass sich die Gastronomie-Landschaft in Mönchengladbach wandelt. Von einigen lieb gewordenen Lokalen mussten sich die Gäste verabschieden. In Rheydt hat zum Beispiel das Café „Loulou’s“im vergangenen Jahr seine Türen geschlossen. Andererseits können sich die Gladbacher auch über neue Konzepte wie die Weinbar „mamomi“an der Stepgesstraße oder das auf die japanische Suppenart Ramen spezialisierte Restaurant „Ramen Ippin“freuen.
Freunde der schnellen Mahlzeit zwischendurch finden in der Stadt reichlich Auswahl. Seit 2019, also vor der Pandemie, hat sich die Zahl der Imbisse kontinuierlich erhöht: Damals waren es 170, Ende 2023 wurden knapp 300 gezählt.
Dass gerade die Zahl der Imbisse steigt, überrascht Oettmeier nicht. „Das ist eine Form der Gastronomie, für die man kaum Personal braucht“, sagt er. „Die klassische Gastronomie ist sehr servicelastig und personalintensiv.“Für die Betriebe hat sich die Lage bei der Personalsuche etwas entspannt. „Im Vollzeit-Bereich haben wir wieder viele Kräfte gewonnen“, sagt Oettmeier. Schwierig sei es noch, Aushilfen zu finden.