Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
„Mamas haben oft ein schlechtes Gewissen“
Bevor man selbst Kinder hat, stellt man sich alles ganz leicht vor. Das war auch bei Tanja B. aus Mönchengladbach so. Welche Herausforderungen und Sorgen sie als Mama von zwei kleinen Jungs spürt, was für sie die schönsten Momente sind und warum es wichti
Tanja B. sitzt in ihrem Auto, genießt ein paar Minuten Ruhe. Ihr älterer Sohn ist in der Musikschule, der jüngere ist auf der Fahrt eingeschlafen. „Das wird sich zwar heute Abend rächen, weil er dann nicht um die normale Zeit ins Bett gehen will, aber ihn jetzt aufzuwecken, würde nichts bringen, dann wäre er total quengelig“, sagt die 34-Jährige, die mit Mann und Kindern in Neuwerk lebt. Sie hat gelernt, Dinge entspannter zu sehen und die wenigen Pausen, die sich im Alltag einer berufstätigen Mama von zwei Kindern ergeben, zu nutzen. Manchmal um etwas zu erledigen oder etwas zu organisieren, manchmal aber auch einfach, um kurz durchzuatmen
Tanja B. hat zwei Söhne. Jonah ist vier, Eliah drei Jahre alt. Zwischen den beiden Jungs liegen nur 16 Monate. So schön es ist, dass die beiden viel zusammen spielen können, so anstrengend seien besonders die ersten beiden Jahre gewesen, sagt die Mönchengladbacherin. In dieser Zeit habe sie nur funktioniert, sagt die 34-Jährige, und sich selbst fast verloren. „Me-Time“, englisch für Ich-Zeit, ist etwas, das ihr heute wichtig ist. Wenn sie sich selbst auch mal Zeit für sich nimmt, dann ist sie auch als Mama wieder besser im Takt. An ihrem Nicht-Arbeitstag in der Woche gönnt sie sich öfters ein Frühstück mit ihrer besten Freundin, die ebenfalls Mama von zwei Jungs ist.
Die größte Herausforderung für sie als Mutter sei es, „Entscheidungen für einen anderen zu treffen“und dabei nicht ständig ein schlechtes Gewissen zu haben. Sie habe häufig das Gefühl, ein Kind zu benachteiligen. „Wenn ich mit dem einen etwas mache, dann denke ich, dass ich dem anderen auch etwas Ähnliches bieten muss.“Wenn der eine an einem Tag zur Musikschule und zum Sport geht, dann soll der andere auch die Gelegenheit dazu haben. So ist die Woche gut gefüllt. Hinzu kommen Termine wie Logopädie, Spielverabredungen, Kindergeburtstage. „Ohne Organizer wäre ich aufgeschmissen“, sagt sie und spricht damit für viele Mütter, die versuchen, die Termine für alle Familienmitglieder zu koordinieren. Einen Tag in der Woche versuche sie, bewusst frei zu halten, so dass man auch spontan etwas unternehmen oder einfach zum Spielplatz gehen kann.
Manchmal sitzt sie abends auf der Couch und lässt den Tag Revue passieren. Dann denke sie, wir haben viel gemacht, aber bin ich auch beiden Kindern gerecht geworden? Beide Jungs besuchen einen Kindergarten. Anfangs, als sie noch etwas weniger arbeitete und zwei freie Tage unter der Woche hatte, wollte sie jedem ihrer Söhne einen „Muttertag“ermöglichen, „ein Tag, an dem ich nur mit einem etwas unternehme und er mich ganz für sich hat“, beschreibt sie ihre Idee. Der Alltag habe sie schnell eines Besseren belehrt. Sie habe die Zeit benötigt, etwa um den Haushalt zu schmeißen. Inzwischen schickt sie die Jungen ruhigen Gewissens auch an freien Tagen in die Kita. „Aber wenn wir zum Beispiel einen Arzttermin haben, versuchen wir, etwas Schönes daraus zu machen, zusammen frühstücken zu gehen oder etwas danach zu unternehmen.“
Bevor sie selbst Kinder hatte, war ihre Wahrnehmung eine andere. „Es wird einem vermittelt, dass es ganz einfach ist, Kinder zu haben und sie großzuziehen, dass das spielend nebenbei klappt“, sagt Tanja B. Bei Besuchen in der Verwandtschaft von Familien mit Kindern habe das alles immer so harmonisch und perfekt gewirkt, „der Haushalt war gemacht, alles war picobello, die Kinder waren die reinsten Engel“, sagt sie. Dann erlebte sie bei ihren eigenen Jungs, wie Wutanfälle sein können, dass man nachts manchmal hilflos am Bett der Kleinen sitzt. Tanja B.: „Da stößt man an seine Grenzen. Ich hätte nie gedacht, mit wie vielen Sorgen das Mamasein auch behaftet ist, vor allem, was die Entwicklung der Kinder angeht.“
Die schönsten Seiten für sie am Mamasein: die bedingungslose Liebe der Kinder und die Welt mit deren Augen zu sehen. Sich an Kleinigkeiten zu erfreuen, zum Beispiel Pusteblumen zu pflücken, Schmetterlinge zu beobachten, nicht achtlos an Dingen vorbeizugehen. Sie selbst habe eine schöne Kindheit gehabt, ist ihrer Mutter bis heute dankbar dafür. „Wenn meine Kinder mit 30 auch sagen, ,wir hatten eine wunderbare Kindheit‘, dann habe ich es richtig gemacht.“
„Ohne Organizer wäre ich aufgeschmissen“
„Wenn meine Kinder mit 30 sagen, ,wir hatten eine wunderbare Kindheit’, dann habe ich es richtig gemacht“