Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Schlechter Kunden-Service im Bahnhof
Laut einer Analyse des VRR muss sich die Vertriebsstelle in der Eingangshalle dringend verbessern. Ob sie trotz digitaler Angebote noch immer von Fahrgästen genutzt wird und wie der Betreiber die Lage beurteilt.
GLADBACH Wer früher ein Zugticket kaufen wollte, musste sich dafür bei einem Verkaufsschalter anstellen. Dann kamen Fahrkartenautomaten hinzu – und inzwischen läuft vieles digital über Apps und Internetseiten. Vollständig ersetzen lässt sich der Vertrieb im Bahnhof aber nicht. Zum einen, weil immer wieder sehr spezifische Fragen zum Beispiel zu Abo-Modellen für Tickets oder aktuellen Streckensperrungen aufkommen, die im Zweifel keine App, sondern ein fachkundiger Mitarbeiter vor Ort schnell und verständlich beantworten kann – beziehungsweise können sollte. Zum anderen findet sich nicht jeder Fahrgast in der Onlinewelt zurecht. Der Verkehrsbund Rhein-Ruhr (VRR) hat nun in seinem „Qualitätsbericht SPNV 2023“Vertriebsstellen in der Region bewertet. Der Servicepunkt im Gladbacher Hauptbahnhof belegt dabei, wie im Jahr zuvor, den letzten Platz in seiner Größenordnung.
Wie wurde die Vertriebsstelle getestet? Der VRR setzte Testkunden ein, die sich vor Ort beraten ließen und Fahrkarten kauften. Insgesamt gab es bei den Kundenschaltern in der Region vergangenes Jahr 1949 Testbesuche. Der VRR bewertete die Erkennbarkeit als Vertriebsstelle, die Verfügbarkeit von Informationsmaterialien, die Wartezeit, das Auftreten und das Verhalten der Mitarbeitenden sowie deren Fachkompetenz. Letztere gewichtete der Verkehrsverbund besonders stark. Er teilte die 34 Vertriebsstellen zudem in drei Kategorien ein: A steht für große Reisezentren, B für Shopin-Shop-Lösungen mit einem eigenen Verkaufsschalter in Geschäften innerhalb des Bahnhofs – wie es in Gladbach der Fall ist – und C zum Beispiel für Kioske mit einem eingeschränkten Ticket-Sortiment.
Welche Ergebnisse erreichte der Serviceschalter im Gladbacher Hauptbahnhof? Die Testkunden mussten in Gladbach im Schnitt 4 Minuten und 43 Sekunden warten, bis sie am Schalter bedient wurden. Zum Vergleich: Im Durchschnitt standen Fahrgäste bei Vertriebsstellen der Kategorie B nur eine Minute und 17 Sekunden in der Schlange. Spitzenreiter war laut Qualitätsbericht Recklinghausen mit 20 Sekunden Wartezeit, das Schlusslicht bildete der Schalter in Krefeld mit fünf Minuten und 40 Sekunden. Während der Tests war die Verkaufsstelle im Gladbacher Hauptbahnhof zudem zwei Mal ungeplant geschlossen worden, der VRR spricht auf Anfrage unserer Redaktion von „massivem Personalmangel“.
Viel Luft nach oben gibt es auch beim Auftreten der Mitarbeiter: Es wurde in Mönchengladbach mit rund 82 von 100 möglichen Punkten bewertet. Der Schnitt im VRR-Gebiet lag hier bei 94 Punkten. Und auch die Fachkompetenz der Beschäftigten müsste verbessert werden. Mit rund 76 Punkten belegte die Vertriebsstelle in Gladbach hier den vorletzten Platz in der Kategorie B. Es ist zudem der Servicepunkt in dieser Größenordnung, an dem die Verfügbarkeit von Infomaterialien am schlechtesten abschnitt. Lediglich die Erkennbarkeit der Vertriebsstelle erhielt 100 Punkte.
Unterm Strich sei der Gladbacher Kundenschalter „nahezu durchgängig in allen Bewertungskategorien im unteren Drittel“zu finden – und belegt deswegen beim Qualitätsbericht den letzten Platz im Ranking.
Was sagt der Betreiber? Ende 2019 hat das Unternehmen Transdev den Verkauf von Nahverkehrstickets in den Bahnhöfen des VRR-Gebiets übernommen. Das gilt für Fahrkartenautomaten genauso wie für die Verkaufsschalter mit Personal. Die vergleichsweise langen Wartezeiten in Gladbach erklärt die Firma zum einen mit einem nach wie vor hohen Zulauf: „Im Zuge des digitalen Ausbaus gibt es trotz vieler digitaler Angebote bei Fahrgästen Beratungsbedarf in persönlicher Form“, heißt es auf Anfrage. „Das führt dann auch dazu, dass es eine höhere Nachfrage in der Verkaufsstelle gibt. Auch beim Deutschlandticket oder anderen Aboformen hat sich der Beratungsbedarf bei Fahrgästen erhöht, sodass es auch hier eine höhere Nachfrage gibt.“
Bereits vergangenes Jahr kündigte Transdev gegenüber unserer Redaktion an, dass man das Personal in der Servicestelle „sukzessive aufstocken“wolle. Das sei auch geschehen, betont das Unternehmen. Dennoch könne es „zu Unregelmäßigkeiten“aufgrund von kurzfristigen Krankheiten kommen und man habe mit Fachkräftemangel zu kämpfen. Um die Kompetenz der Beschäftigten zu erhöhen, würden sie neben einer Grundschulung mindestens einmal im Jahr zusätzlich weitergebildet.
Der Qualitätsbericht des VRR zeigt aber, dass es hier noch einigen Optimierungsbedarf gibt. Eine positive Entwicklung ist bislang kaum erkennbar: Im Vergleich zu 2022 konnte sich die Servicestelle im Gladbacher Hauptbahnhof so in der Gesamtwertung lediglich um zwei Punkte verbessern.