Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Wie Telefonbau Schwabe für Sicherheit sorgt
Großbanken, Energieversorger, Behörden, TV-Sender – sie alle setzen auf die Sicherheitstechnik von Telefonbau Arthur Schwabe aus Giesenkirchen. 100 Jahre nach seiner Gründung gehört TAS zur kritischen Infrastruktur in Deutschland. Wie der einstige Radiohä
MÖNCHENGLADBACH Von Künstlicher Intelligenz, Radartechnik und Cyber-Angriffen hat sich vor 100 Jahren wohl niemand etwas träumen lassen. Als der junge Fernmeldeingenieur Arthur Schwabe im Alter von 28 Jahren sein Unternehmen mit Sitz in Rheydt an der Mühlenstraße 1924 gründet, hat er Fernmeldeanlagen, deren Ersatzteile und Kabel im Sinn. Was seine Nachfolger an der Spitze des Unternehmens mit Namen „Telefonbau Arthur Schwabe“(TAS) und die Beschäftigten heute am Firmensitz in Giesenkirchen tun, ist im Grunde die aus damaliger Sicht futuristische, aber konsequente Fortsetzung davon: „Der Telefonbau mit Nebenstellenanlagen war früher der Geschäftszweck, das gibt es heute nicht mehr“, sagt Geschäftsführer Frank Lisges. „Heute ist der Schwerpunkt physische Security, und insbesondere Cyber-Security.“Oder vereinfacht gesagt: Wenn eine wichtige Information sicher von A nach B muss, hat TAS die technische Lösung dafür.
In diesem Jahr feiert das Unternehmen
sein großes Jubiläum, weil es den klugen Erfinder- und Pioniergeist des Gründers als Unternehmensphilosophie lebt. Aus der Festschrift zum Jubiläum geht hervor, wie Schwabe schon ein Jahr nach Firmengründung den Geschäftszweck um den Handel von Rundfunkgeräten erweiterte und zur Bahnhofsstraße, später zum Marienplatz zog. Schwabe handelte bereits mit Empfangsgeräten, als es noch kaum Radioprogramme gab. So wurde der Name „Radio Schwabe“in Rheydt schnell ein Begriff.
Der Betrieb wurde 1944 durch Bomben zerstört. Als Schwabe Anfang Mai 1945 wieder nach Rheydt zurückkehrte, verlangten die Alliierten von ihm, bei der Wiederherstellung des Telefonnetzes zu helfen, heißt es in der Festschrift. Kurz darauf wurden auch wieder Geschäftsräume eröffnet. Nur ein Jahr später zog das Unternehmen zurück an den Marienplatz, wo aus Schrott und Ersatzteilen wieder funktionierende Anlagen gebaut wurden. In der jungen Bundesrepublik unterstrich Schwabe seine Stellung in der Branche: Er installierte die Telefonanlage im Bundeskanzleramt in Bonn, Kanzler Konrad Adenauer, so berichtet die Festschrift nicht ohne Stolz, telefonierte mit den Mächtigen der Welt über eine Anlage von TAS.
Das Wirtschaftswunder kam, TAS zog 1959 mit dem Umbau des Marienplatzes in einen Neubau an der Bachstraße, Ecke Friedrich-EbertStraße, der das „Schwabehaus“genannt wurde. Radio Schwabe wurde das größte Rundfunk-, Fernseh- und Schallplattenhaus am Ort. Schwabe starb im Alter von 68 Jahren am 15. September 1964, seine Frau Sophie, die Tochter Ingeborg und deren Ehemann Ernst Kirchberger wurden Inhaber. Das Unternehmen ist immer noch in der Hand der Familie. Heute ist die Enkelin des Gründers Gesellschafterin.
Ab Mitte der 1960er-Jahre begann TAS sich darauf zu konzentrieren, was das Unternehmen heute im Kern ausmacht: die Sicherheitstechnik. „Das Unternehmen entwickelte ein Gerät, das über Kupferleitungen bei Banküberfällen die Meldungen an die Polizei übertrug“, sagt Lisges. Mit dem patentierten System sorgte TAS auf der Fachmesse „Sicherheit 69“in Karlsruhe für Aufsehen. Aber auch weitere Geschäftsfelder wie das Heizungsregelungsgerät „Intellisat II“(infolge des Ölschocks), stets neue Telefonapparate, Alarmanlagen, Bewegungsmelder und eine Makleranlage für den Wertpapierund Devisenhandel sorgten für Aufträge – eben am Puls der Zeit.
1978 folgte der Umzug ins Gewerbegebiet in Giesenkirchen – wo auch heute noch der Unternehmenssitz ist. Inzwischen wurde der Standort durch zwei Neubauten erweitert, zuletzt wurde ein Verwaltungsneubau eröffnet. In den 1990er-Jahren begann die ISDN-Zeit, da war TAS das erste Unternehmen, das ein Gerät für diese Übertragungstechnik entwickelte. Es trägt den Namen „Tas-Link“, das zur sicheren Übertragungstechnik etwa für Alarme oder Störungen bei der Feuerwehr oder einer Sicherheitszentrale dient. „Europaweit sind rund 130.000 Stück derzeit im Einsatz. Inzwischen haben wir die vierte Generation und sind technischer Marktführer“, sagt Lisges. „Jede Netzinfrastruktur bis 5G und Glasfaser wird von uns bedient.“Sowohl Hard- als auch Software werden in Giesenkirchen produziert. Aber auch der Service gehört zum Geschäft, zwei Drittel des Auftragsvolumens macht das Dienstleistungsgeschäft aus.
Zum Kundenkreis gehören heute Großbanken, Energieversorger, Rechenzentren, Behörden, Radiound TV-Anstalten, Großindustrie, Tankstellennetze, Hotellerie und viele mehr. Damit hat TAS eine exponierte Stellung: „Wir gehören zur kritischen Infrastruktur, die Kommunikationstechnik dient als Mittel zur Datenübermittlung“, sagt Lisges. „Und was passiert, wenn die gestört ist, kann man bei sehr vielen Cyber-Angriffen erleben.“
Derzeit ist das Unternehmen an dem Projekt „Kirapol“, der radarunterstützten Überwachung am Platz der Republik mit Künstlicher Intelligenz beteiligt. Auch dafür liefert TAS die Sicherheitstechnik: „Wir legen viel Wert auf Konstanz“, sagt Lisges. „Sicherheitstechnik ist ein sehr konservativer Markt, auch wenn die Technik innovativ ist.“