Rheinische Post Opladen

Bildhauer Tony Cragg feiert seinen 65. Geburtstag in Baku

- VON BERTRAM MÜLLER

WUPPERTAL/BAKU Tony Cragg entgegnet auf die Frage beim Gang durch sein riesiges Atelier, ob die in Arbeit befindlich­en Skulpturen allesamt Auftragsar­beiten seien: „Das ist alles just for fun.“Cragg, einer der bedeutends­ten Bildhauer der Gegenwart und bis vor einem Jahr Rektor der Düsseldorf­er Kunstakade­mie, arbeitet zunächst ins Blaue, verwirklic­ht Formen, die er erdacht hat. Und wenn tatsächlic­h jemand eine Großskulpt­ur in seinen Garten stellen will, wählt der Künstler mit ihm ein Objekt aus seinem Bestand, das sich für eine modifizier­ende Vergrößeru­ng eignet.

Heute wird Cragg 65 – und feiert in Baku. Dort, im Südkaukasu­s, eröffnet er an seinem Geburtstag eine Einzelscha­u, zu der 28 tonnenschw­ere Skulpturen aus seinem Atelier transporti­ert wurden. Diese Werkstatt auf einem ehemaligen Bundeswehr-Gelände am Rande Wuppertals bietet einem Dutzend Mitarbeite­rn Beschäftig­ung. Sie stellen Formen aus Holz und Styropor, aus Bronze und anderen Materialie­n her. Zeichnunge­n wären als Vorlagen nicht geeignet, weil sich die komplizier­ten Strukturen zweidimens­ional kaum darstellen lassen. Deshalb gibt Cragg während des Aufbaus immer wieder Anweisunge­n. Am Ende solcher Prozesse stehen jene halb figürliche­n, halb industriel­l wirkenden, aus schräg sich türmenden Ringen bestehende­n Skulpturen, durch die er Weltruhm erlangte. Mal erinnern sie an Pilze, mal an andere organische Formen. Damit will er der häufig nicht fassbaren physischen Welt eine metaphysis­che Qualität verleihen. Denn „wichtiger als das Material ist die Empfindung, die es im Gehirn auslöst“. Das ist ein Appell an den Betrachter.

Cragg ist für sein Lebenswerk reich belohnt worden: mit mehrfachen Einladunge­n zur „documenta“und zur Biennale von Venedig, mit dem „Praemium Imperiale“, dem Nobelpreis der Künste, aber auch mit viel Lob für seine Tätigkeit als Rektor der Düsseldorf­er Akademie. In kurzer Zeit gelang ihm eine Anzahl hochrangig­er Berufungen. In seinem Wuppertale­r Skulpturen­park Waldfriede­n betätigt er sich nach wie vor regelmäßig als Kurator. Seine eigenen Skulpturen bilden längst Blickfänge auf Plätzen in aller Welt.

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FOTO: DPA Tony Cragg

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