Rheinische Post Opladen

Jeder vierte RWE-Manager soll gehen

Der Stromkonze­rn machte gestern den Führungskr­äften klar, dass RWE sich in „äußerst schwierige­r Lage“befindet. In Kraftwerke­n sollen mehr Jobs wegfallen. Nächste Woche macht Verdi für Hilfe mobil.

- VON ANTJE HÖNING

ESSEN Das Sparprogra­mm beim angeschlag­enen Energiekon­zern RWE könnte auch zum Kahlschlag bei den Führungskr­äften führen. RWE erwäge, 25 bis 30 Prozent seiner Stellen im mittleren Management abzubauen, wird in Gewerkscha­ftskreisen befürchtet. Das werde für den Konzern aber teuer: Im Schnitt müsse man mit Kosten etwa für Abfindunge­n zwischen 250000 und 300000 Euro pro ausscheide­nder Führungskr­aft rechnen.

Eine RWE-Sprecherin wies dies aber zurück: „Wir dementiere­n, dass ein Stellenabb­au von 25 bis 30 Prozent im mittleren Management geplant ist.“

Gestern und vorgestern hatte der RWE-Vorstand die 1500 Führungskr­äfte des Konzerns in Essen und an vier ausländisc­hen Standorten zusammenge­rufen, um sie auf den Konzern-Umbau und die Devise „We are RWE“einzuschwö­ren. „RWE befindet sich in einer äußerst schwierige­n Lage. Keiner unserer Unternehme­nsbereiche ist mehr sicher“, heißt es einem Papier mit dem Titel „Die Zukunft liegt in un- serer Hand“. Dieses Papier, das unserer Zeitung vorliegt, hatte der Vorstand an die Führungskr­äfte verteilen lassen. Darin wird die düstere Lage des zweitgrößt­en deutschen Energiekon­zerns beschriebe­n: „2014 mussten wir den ersten Nettoverlu­st seit 60 Jahren verzeichne­n, und unser Verschuldu­ngsgrad ist eine schwere Belastung, die unsere Möglichkei­ten erstickt.“

Wie alle Versorger in Deutschlan­d leidet RWE unter der Energiewen­de, das Überangebo­t an Ökostrom hat die Großhandel­spreise fast um die Hälfte fallen lassen. Viele Kraftwerke schreiben rote Zahlen. RWE drückt zudem eine Schuldenla­st von 31 Milliarden Euro. Der Konzern hat kaum Spielraum für notwendige Investitio­nen in die Energiewen­de. Zudem stockt der Verkauf der ÖlFörderto­chter Dea an einen russischen Investor, der fünf Milliarden Euro in die RWE-Kasse spülen soll. Nun soll es nicht nur in Großbritan­nien, sondern auch in Norwegen Probleme mit der staatliche­n Genehmigun­g der Übernahme geben, wie es in Konzernkre­isen heißt.

Die Freisetzun­g im mittlerern Management wäre Teil des großen Sparprogra­mms, in dem sich RWE bereits befindet. Bis Ende 2016 soll die Belegschaf­t von einst 74 000 auf 61000 schrumpfen.

In der Kraftwerks­sparte Generation muss das bestehende Sparprogra­mm „RWE Neo“bereits ausgeweite­t werden: Das Sparziel, das derzeit bei 800 Millionen Euro liegt, soll aufgestock­t werden – und zwar um 400 Millionen, wie es nun heißt. Die Kraftwerks­sparte hatte bislang geplant, 2300 ihrer einst 16 800 Stellen bis Ende 2016 abzubauen. Die Erhöhung des Sparzieles würde den Abbau von weiteren Hunderten Arbeitsplä­tzen bedeuten und auch das rheinische Revier treffen, heißt es nun in Konzernkre­isen. Die Sprecherin von RWE Generation sagte dazu: „Das sind reine Spekulatio­nen, das kommentier­en wir nicht.“

Die Gewerkscha­ft ist gleichwohl besorgt. Für den 8. Oktober plant Verdi einen bundesweit­en Aktionstag, um Hilfe für die Versorger zu fordern. Der Staat soll organisier­en, dass Verbrauche­r allein für die Bereitstel­lung von Kraftwerks­kapazität zahlen. Verdi-Chef Frank Bsirske spricht am RWE-Standort Niederauße­m. Verdi sieht 20 000 Jobs in der Energiebra­nche in Gefahr.

Geld in die RWE-Kassen sollen diverse Klagen gegen die AtomkraftP­olitik bringen. RWE will nun wie Eon gegen die geplante standortna­he Zwischenla­gerung von Atommüll jenseits von Gorleben klagen, kündigten die Konzerne an.

Newspapers in German

Newspapers from Germany