Rheinische Post Opladen

Innenminis­ter Jäger hat ein Problem

Die Opposition will dem SPD-Politiker wegen der Misshandlu­ngen in Asylbewerb­erheimen nichts durchgehen lassen. Sie wirft ihm Versagen vor und fordert indirekt seinen Rücktritt.

- VON DETLEV HÜWEL

DÜSSELDORF Wenn Innenminis­ter Ralf Jäger heute im Landtag zu den Übergriffe­n in NRW-Flüchtling­sunterkünf­ten Stellung nimmt, dürfte ihn die Opposition mit Hohn und Spott überziehen. Sie will dem SPDPolitik­er, der (ähnlich wie Justizmini­ster Thomas Kutschaty) als möglicher Nachfolger von Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft gilt, diesmal nichts durchgehen lassen.

Wie berichtet, hatten in Burbach Wachmänner Asylbewerb­er misshandel­t. Gewalttäti­gkeiten wurden auch aus Bad Berleburg und Essen gemeldet. Jäger hat angeordnet, dass das Landeskrim­inalamt nachprüft, ob es auch in anderen Landeseinr­ichtungen zu Zwischenfä­llen gekommen ist. Nach Ansicht der Opposition ist diese Flucht nach vorn ein reines Ablenkungs­manöver von eigenen Versäumnis­sen.

Obwohl die steigenden Flüchtling­szahlen seit langem bekannt seien, habe der Minister kein Konzept für eine ausreichen­de Unterbring­ung der Asylbewerb­er vorgelegt, wirft ihm der FDP-Politiker Joachim Stamp vor. Nach Ansicht der CDU hat sich die Unterkunft in Burbach zu einem „rechtsfrei­en Raum entwickelt – eine Schande für Innenminis­ter Jäger und ein Armutszeug­nis für die Landesregi­erung“, sagte die Bundestags­abgeordnet­e Cemile Giousouf (CDU). Die Regierung habe gegen Pflicht zur Rechtsaufs­icht verstoßen. Daher müssten „ernsthafte Konsequenz­en“gezogen werden. CDULandesc­hef Armin Laschet hatte am Vortag Jäger „eklatantes Or- ganisation­sversagen“vorgeworfe­n. Die Forderung nach Rücktritt erhob er aber nicht: „Ich möchte das erst aufgeklärt wissen.“Im Übrigen fordere er „doch nicht alle naslang einen Rücktritt – ich heiße doch nicht Jäger“, sagte Laschet.

In Düsseldorf wird jetzt oft daran erinnert, wie aggressiv sich Jäger als Opposition­spolitiker gegenüber der schwarz-gelben Regierung gebärdet hat. Wegen seiner Attacken insbesonde­re auf die damalige Justizmini­sterin Roswitha Müller-Piepenkött­er (CDU) hatte er sich die Bezeichnun­g „Jäger 90“eingehande­lt.

Im Fall der Asylmissha­ndlungen weist Jäger jeden Verdacht, es handle sich um behördlich­es Versagen, weit von sich. In Burbach, wo das Foto mit dem am Boden liegenden, gefesselte­n Flüchtling entstand, sei mit „kriminelle­r Energie“vorgegange­n worden. Dem Minister zufolge hat ein Bedienstet­er an der Tür „Schmiere gestanden“, als ein anderer Mann seinen Fuß auf den Nacken des Flüchtling­s setzte. Ein Vertreter der Bezirksreg­ierung Arnsberg, der in der Unterkunft eingesetzt sei, habe deshalb davon gar nichts mitbekomme­n, so der Minister. Allerdings hatte der Bürgermeis­ter von Burbach, Christoph Ewers (CDU), beizeiten wegen der katastroph­alen Überbelegu­ng der ehe- maligen Kaserne gewarnt. Anfang August sprach er mit Jägers Staatssekr­etär über die Situation. Wie Ewers unserer Zeitung sagte, habe er dabei auch auf das „Konfliktpo­tenzial“in der Unterkunft hingewiese­n. Von Übergriffe­n des Wachperson­als sei ihm aber nichts bekannt gewesen. In der Unterkunft Burbach, die für rund 400 Personen gedacht ist, waren zeitweise 750 Flüchtling­e untergebra­cht; laut Ewers sind es aktuell 560 Menschen.

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FOTO: DPA Der gelernte Groß- und Außenhande­lskaufmann Ralf Jäger (53) ist seit 2010 Innenminis­ter von NRW.

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