Rheinische Post Opladen

Pro Asyl: Viele kommen bereits traumatisi­ert an

- VON JESSICA KUSCHNIK

Verein fordert bessere Betreuung durch Sozialarbe­iter.

DÜSSELDORF Folter und Korruption sind in den Herkunftsl­ändern vieler Flüchtling­e allgegenwä­rtig. Viele haben Traumatisc­hes erlebt, erklärt Bernd Mesovic von der Menschenre­chtsorgani­sation Pro Asyl. „Sie wurden gefoltert, haben den Tod von Verwandten und Freunden miterlebt, mussten um ihr Leben fürchten“, sagt er. In den Flüchtling­sunterkünf­ten sollten sie sich sicher fühlen können. Doch wie die Folterskan­dale in Asylheimen, die in dieser Woche bekannt geworden sind, zeigen, sieht die Realität anders aus.

Wenn Menschen aus Kriegs- und Krisengebi­eten dort ebenfalls Gewalt erfahren, könne das retraumati­sierende Auswirkung­en haben, erklärt Mesovic. „In den vergangene­n 30 Jahren hat es nur in der Phase des Bosnienkri­egs mehr Flüchtling­e gegeben, die psychologi­sch behandelt werden müssten“, sagt er. „Viele sind mehrfach traumatisi­ert.“In ihrer Heimat hätten Viele schlechte Erfahrung mit der Polizei und der Justiz gemacht. Werden sie hier von einem Sicherheit­sdienst erniedrigt und gefoltert, zerstöre das ihr Vertrauen in das System, so Mesovic.

Laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtling­e kamen zuletzt besonders viele Menschen aus Syrien nach Deutschlan­d. Sie machten im August knapp 22 Prozent aller Flüchtling­e aus, die einen Erstantrag stellten. „Woher die Opfer aus NRW kommen, ist uns nicht bekannt, aber es ist wichtig, im Auge zu behalten, dass das nicht nur ein Strukturpr­oblem ist“, sagt Mesovic.

Pro Asyl fordert, dass Flüchtling­e, die in Deutschlan­d Opfer von Gewalt in Unterkünft­en werden, das Bleiberech­t bekommen, „um ihnen die Unsicherhe­it zu ersparen, auch noch abgeschobe­n zu werden“. Denn diese Angst traumatisi­ere viele Menschen zusätzlich.

Für die Flüchtling­e, die aufgrund ihrer Erlebnisse eine Therapie benötigten, sei es ohnehin schwierig. „Es gibt nicht genug Therapiepl­ätze und Personal. Viele Einrichtun­gen haben lange Warteliste­n“, sagt Mesovic. Seine Erwartung ist, dass die Betreuungs­situation in den Heimen so gut sein muss, dass der Sozialarbe­iter zumindest die Namen und die Situation der Flüchtling­e kennt. „Traumatisi­erte Menschen sind manchmal still oder grundlos aggressiv.“Dies dürfe nicht zu einer Gewaltspir­ale führen.

„Traumatisi­erte Menschen sind manchmal grundlos aggressiv“

Bernd Mesovic

Pro Asyl

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