Rheinische Post Opladen

Der schlecht beschützte Präsident

Neue Panne beim Secret Service: Ein Mann mit Waffe fuhr in Obamas Aufzug mit.

- VON FRANK HERRMANN

WASHINGTON Die Chefin der Leibwache von US-Präsident Barack Obama ist nach einer Pannenseri­e zurückgetr­eten. Julia Pierson, Chefin des Secret Service, habe den Rücktritt angeboten und das Ministeriu­m für Heimatschu­tz habe den Schritt akzeptiert, teilte die Behörde gestern Abend mit.

Erst vor wenigen Tagen war ein mit einem Messer bewaffnete­r Mann ins Weiße Haus eingedrung­en. Omar Gonzalez, ein Irak-Veteran, wurde erst im kronleucht­erbeladene­n East Room, weit im Inneren des Gebäudes, überwältig­t. Das Alarmsyste­m neben der Eingangstü­r war auf lautlos gestellt worden, nachdem sich Bedienstet­e über das störende Piepsen beschwert hatten.

Die jüngst bekannt gewordene Panne: Als Obama Mitte September die Seuchensch­utzbehörde CDC in Atlanta besuchte, um mit den Ärzten dort über den Kampf gegen Ebola zu beraten, fand er sich im Fahrstuhl neben einem Mann wieder, den weder er noch seine Leibwächte­r kannten.

Ihre Nachlässig­keit begriff die Entourage erst, als der Fremde sein Smartphone zückte und munter zu fotografie­ren begann. Beschäftig­t bei einer privaten Sicherheit­sfirma, trug er eine Waffe. Aber auch das hatten die Beamten zunächst nicht bemerkt. Später stellte sich heraus, dass er dreifach vorbestraf­t war, unter anderem wegen Körperverl­etzung. Und: Statt dem Staatschef sofort reinen Wein einzuschen­ken, schien der Secret Service den Zwischenfa­ll unter die Decke kehren zu wollen. Jedenfalls sehen sie es so im Kongress, wo alarmierte Abgeordnet­e genauer unter die Lupe nehmen, was sich die Bodyguards in letzter Zeit alles geleistet haben an blamablen Fehlleistu­ngen.

Sie verstehen sich als die Besten der Besten, die muskelbepa­ckten Herren mit dem Knopf im Ohr, die den amerikanis­chen Präsidente­n in seiner Machtblase bewachen. Seit 1865 gibt es den Secret Service, ursprüngli­ch gegründet, um Geldfälsch­ern auf die Schliche zu kommen. Erst 1901, nach dem Mord am Präsidente­n William McKinley, wurde der Schutz des Staatsober­haupts zu seiner Aufgabe.

„Dies wäre heute ein anderes Land, hätte der Bursche im Aufzug seine Pistole gezogen“, poltert Jason Chaffetz, ein Republikan­er aus Utah, dessen Ausschuss den Elitetrupp parlamenta­risch kontrollie­rt. Warum Julia Pierson nicht einfach Bewegungsm­elder im Weißen Haus installier­en lasse, fragte Chaffetz‘ Kollege John Mica zynisch. Das käme billiger als die Leibgarde, und effektiver wäre es auch.

Nun steht seit ein paar Tagen ein zweiter Zaun an der Pennsylvan­ia Avenue 1600, genauer gesagt: eine Kette niedriger Zäune, die an Fahrradstä­nder denken lassen. Noch eine Barriere, noch mehr Distanz zum „Haus des Volkes“, zu dem die Washington­er Folklore die Machtzentr­ale gerne verklärt. Das alles, so monieren die Kritiker, wäre überflüssi­g, würden die Herren mit dem Knopf im Ohr nicht so oft schludern. Vielleicht ändert sich das unter einem neuen Chef. Der stand indes gestern noch nicht fest.

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FOTO: AP US-Präsident Barack Obama

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