Rheinische Post Opladen

Frankreich verfehlt EU-Sparziel

Die Regierung will das Haushaltsd­efizit erst 2017 unter drei Prozent drücken.

- VON CHRISTINE LONGIN

PARIS Die Rundfunkge­bühren steigen, Diesel wird teurer, und beim Kindergeld wird gekürzt – das sind die schlechten Nachrichte­n, die für die Franzosen mit dem Haushalt 2015 verbunden sind. 21 Milliarden Euro will die Regierung im kommenden Jahr sparen, wie Finanzmini­ster Michel Sapin ankündigte. In den Sozialkass­en sollen 9,6 Milliarden Euro gespart werden – das ist der dickste Batzen des Sparbetrag­s. Die Gebietskör­perschafte­n sollen 3,7 Milliarden beisteuern, vom Staat sollen 7,7 Milliarden Euro kommen. „Wir haben noch nie so viel gespart“, lobte der Finanzmini­ster in der Zeitung „Le Monde“.

Allerdings war die Staatschul­d auch noch nie so hoch. Am Ende des zweiten Quartals überstieg der Schuldenst­and die historisch­e Marke von zwei Billionen Euro, was 95,1 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es (BIP) entspricht. Laut Maastricht­er Vertrag sind nur 60 Prozent des BIP erlaubt. Doch Frankreich verstößt seit Jahren gegen die EUKriterie­n – vor allem beim Haushaltsd­efizit. Das wird auch im nächsten Jahr nicht, wie eigentlich versproche­n, die von Brüssel geforderte Drei-Prozent-Marke erreichen, sondern erst 2017. Mit 4,3 Prozent Defizit rechnet Sapin für 2015, nach 4,4 Prozent in diesem Jahr. „Wir haben entschiede­n, den Rhythmus der Defizit-Reduzierun­g der wirtschaft­lichen Lage unseres Landes anzupassen“, sagte der Sozialist.

Für die Regierung geht es auch um ihre Glaubwürdi­gkeit auf internatio­naler Ebene. Die muss demnächst ausgerechn­et Sapins Vorgänger Pierre Moscovici prüfen. Der frühere Finanzmini­ster steht kurz vor seiner Ernennung zum EUWährungs­kommissar und muss damit über Frankreich­s Haushaltss­ünden befinden, die er selbst mit verantwort­ete. Der Sozialist drohte bereits mit Strenge: „Die Kommission kann nicht akzeptiere­n, dass ein Mitgliedsl­and, das sich schon im Defizitver­fahren befindet, seine Pflicht gegenüber den anderen versäumt“, schrieb er.

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