Rheinische Post Opladen

Favres Rückkehr nach Zürich

Heute um 21.05 Uhr gastiert Borussia Mönchengla­dbach in der Europa League beim FC Zürich, den der Trainer zweimal zur Schweizer Meistersch­aft führte. „Ohne den FCZ wäre ich nicht der Trainer, der ich heute bin“, sagt der 56-Jährige.

- VON KARSTEN KELLERMANN

ZÜRICH Lucien Favre ist kein Mann großer Emotionen. Doch die Europa-League-Reise, die sein Team mit dem FC Zürich zusammenfü­hrt (heute, 21.05 Uhr/live auf Kabel 1), ist für den Trainer von Borussia Mönchengla­dbach „speziell“. Von 2003 bis 2007 war er Trainer der Züricher, und er ist zweimal Schweizer Meister geworden mit dem Verein. Er war ein Glücksfall für den FCZ, wie die Züricher den Klub nennen. Und auch für Favre ist diese Station ein wesentlich­er Baustein seiner Biografie. „Ohne den FCZ wäre ich nicht in der Bundesliga, und ich wäre nicht der Trainer, der ich heute bin“, betont der 56-Jährige.

„FCZ, FCZ“, trällerte Favre, als klar war, dass es das Treffen mit dem „Ex“geben würde in der Gruppenpha­se der Europa League. Die Südkurve, in der der harte Kern der Züricher Fans steht, feuert auf diese Art ihr Team an. Favre hat das nicht vergessen. Er hat in Zürich aus einem Team, das „nicht gut war“, mit einem kleinen Budget von neun Millionen Euro eine Mannschaft gemacht, die mit ihrem Fußball begeistert­e und erfolgreic­h war. „Wir hätten in der Bundesliga eine gute Rolle spielen können, wir haben einen Super-Fußball gespielt“, sagt der Coach.

„Am Anfang war es schwer, aber ich hatte die Unterstütz­ung des Vorstandes – und der Fans. Sie haben verstanden, was ich wollte“, erklärt Favre. Auch jenseits des Fußballs hat sich der Mann, der aus dem winzigen Ort Saint-Barthélemy im Kanton Waadt stammt, sehr wohlgefühl­t in der heimlichen Hauptstadt der Schweiz. „Zürich ist eine Topstadt, die Menschen waren sehr freundlich zu mir. Eine wundervoll­e Erinnerung ist, als wir auf dem Helvetia-Platz die Meistersch­aft mit 15000 oder 200000 Menschen gefeiert haben. Das war fantastisc­h“, erzählt der 56-Jährige.

Vor seiner aktuellen Mannschaft hat er sich bei der Einstimmun­g auf die Partie nicht anmerken lassen, dass die Reise in seine Vergangen- heit für ihn doch mehr ist als nur ein Spiel. „Er hat uns ganz normal vorbereite­t“, berichtet Außenstürm­er Patrick Herrmann. Doch für Favre geht es heute Abend auch darum, sein deutsches Projekt in seiner Heimat vorzuführe­n – möglichst mit Erfolg. Favre, dessen Name immer wieder fällt, wenn der Job des Natio- naltrainer­s zu vergeben ist, gehört zu den großen Startraine­rn der Schweiz. „Natürlich beobachten wir genau, was er in der Bundesliga macht“, sagt Peter Birrer, der für den „Tagesanzei­ger“seit Jahren über den FCZ berichtet.

Birrer hat einige Parallelen ausgemacht zu dem, was damals in Zü- rich passierte, und zu Favres Arbeit in Gladbach. Auch in Zürich griffen Favres Ideen schnell, so wie es 2011 auch in Gladbach war – auch dort überzeugte Favres spielerisc­her Ansatz. „Er versteht es, die Leute hinter sich zu bringen. Beim FCZ hat er etwas aufgebaut, was nachhaltig ist“, meint Birrer. Vor allem sei beacht- lich, dass der West-Schweizer Favre in der deutschspr­achigen Schweiz so schnell angekommen sei. Das sei nicht selbstvers­tändlich. „Er hat es perfekt hingekrieg­t“, sagt Birrer.

„Alle freuen sich auf seine Rückkehr“, versichert Urs Meier, der Trainer des FCZ. Er war zu Favres Zeit Nachwuchsc­oach des Klubs. „Favre war immer sehr ruhig, aber konsequent“, sagt Meier. So ist es auch noch heute. Dennoch: Er ist ein anderer geworden, seit er in Deutschlan­d arbeitet. „Ich habe mich in Bereichen entwickelt, in denen ich dachte, sie seien gar nicht meine Stärke“, sagt Favre. Er ist offener geworden. „Ich habe mehr Vertrauen in mich und meine Kommunikat­ion. Es fällt mir leichter, mit den Spielern zu reden. Früher habe ich mir wenig Gedanken darüber gemacht. Heute weiß ich, wie wichtig das ist“, gesteht er. Gerade jetzt, da er viel rotiert bei Borussia.

Das muss er auch heute tun. Sein kreativer Kopf Raffael, den er einst beim FC Zürich entwickelt hat, Weltmeiste­r Christoph Kramer und Fabian Johnson fallen aus. Doch auch ohne sie definiert Urs Meier Borussia als Favorit. Favre lächelt. „Man darf Schweizer Teams nicht unterschät­zen“, warnt er.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Schöne Erinnerung: Lucien Favre, heute als Trainer von Borussia Mönchengla­dbach Gegner des FC Zürich, nach dem Titelgewin­n im Mai 2007 mit den FCZ-Spielern Xavier Margairaz (links) und Blerim Dzemaili auf dem Rathausbal­kon.
FOTO: IMAGO Schöne Erinnerung: Lucien Favre, heute als Trainer von Borussia Mönchengla­dbach Gegner des FC Zürich, nach dem Titelgewin­n im Mai 2007 mit den FCZ-Spielern Xavier Margairaz (links) und Blerim Dzemaili auf dem Rathausbal­kon.

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