Zukunft für Daimler-Arbeiter ungewiss
Der Autobauer Daimler erwägt, Teile der Produktion zu verlagern. Das und andere Kriterien gefährden bis zu 1800 Arbeitsplätze im Düsseldorfer Mercedes-Werk.
Warum will Daimler die Produktion verlagern? Mercedes produziert heute in Düsseldorf 25 000 Sprinter, die in die Nafta-Länder exportiert werden, also in die USA, nach Kanada und Mexiko. Die USA erheben auf Transporter einen Strafzoll in Höhe von 25 Prozent. Diesen könnte Daimler umgehen, wenn direkt in den USA gebaut würde.
Wie funktioniert der Export heute? Auf Einzelteile wird kein Zoll erhoben. Deshalb werden die fertigen Sprinter von einer Spedition im Düsseldorfer Hafen komplett demontiert und die Teile auf getrennten Schiffen in die USA gebracht. dort werden sie wieder zusammengebaut. Wie hoch die Kosten für die umständliche Demontage ist, möchte bei Daimler niemand sagen. Experten schätzen den Aufwand auf etwa 3000 Euro, was beim Sprinter je nach Modell zwischen sieben und zehn Prozent der Kosten ausmacht.
Bleibt der US-Zoll bei einem Freihandelsabkommen bestehen? Der Strafzoll wird auch Chicken-Tax genannt. Er wurde vor vielen Jahrzehnten eingeführt und war eine Reaktion auf einen Zoll auf HühnerProdukte, die die Europäer auf USProdukte erhoben, um den EUMarkt zu schützen. Es war damals eher eine symbolische Aktion, denn lange Zeit gab es überhaupt keine Exporte von Transportern von Deutschland in die USA. Dort dominierten die teilweise archaischen Pick-up-Trucks. Sollte das TTIP genannte Freihandelsabkommen mit den USA zustandekommen, dürfte auch die Chicken-Tax fallen.
Warum ist der US-Markt so wichtig für Daimler? Während vor allem die Märkte Südeuropas schwächeln, stehen die USA konjunkturell vergleichsweise gut da. Daimler rechnet entsprechend mit einem überproportionalen Wachstum des Transportermarkts. Hintergrund ist vor allem der rasant wachsende Internet-Versandhandel. Die Pakete werden bevorzugt mit Kleintransportern wie dem Sprinter ausgeliefert.
Ist diese Markteinschätzung richtig? Die Gewerkschaften haben ihre Zweifel, ob der US-Markt so wie erwartet wächst. Tatsächlich testen viele Firmen etwa die Paketbeförderung mit fliegenden Drohnen. Außerdem ist der konsumgetriebene Internethandel sehr konjunkturanfällig.
Was gefährdet außerdem Jobs im Sprinterwerk? Seit vielen Jahren fertigt Daimler in Düsseldorf im Auftrag von Volkswagen den mit dem Sprinter baugleichen VW Crafter. Jeder vierte Düsseldorfer Transporter hat ein VW-Zeichen im Kühlergrill. Doch VW hat den Vertrag zu Ende 2016 auslaufen lassen, baut ein eigenes Transporter-Werk in Polen. Dann fällt also 25 Prozent der Produktion weg. Zusammen mit den US-Sprinter fielen 37 Prozent der Aufträge weg.
Gibt es alternative Auftraggeber? Eine Zeit lang wurde bei Daimler geprüft, eine weitere Kooperation mit Renault einzugehen. Die Franzosen bieten mit dem Master ein ähnliches Modell wie den Sprinter an. Bei einer Kooperation hätte man Renault in Düsseldorf bauen können. Eine solche Partnerschaft gibt es schon bei Kleinst-Transportern. Doch die Kooperation kam nicht zustande. Experten sagen, der Master habe einen anderen Produkt-Lebenszyklus als der Sprinter.
Kann man einen anderen Partner suchen? Das gilt als unwahrscheinlich. Opel kooperiert schon mit Nissan und Renault bei Transportern und verkauft baugleiche Fahrzeuge. Der Transporterhersteller Iveco gehört zu Fiat, ist mit Chrysler verbandelt. Die Ehe von Daimler und Chrysler aber ist bekanntlich gescheitert. Eine Kooperation gilt als extrem unwahrscheinlich.