Rheinische Post Opladen

Das Risiko: Untätigkei­t

Vermögense­rhalt ohne Risiken einzugehen – das gibt es nicht mehr. Das größte Risiko, das viele Anleger derzeit eingehen, ist jedoch ihre eigene Untätigkei­t. Die Teilnehmer des RP-Finanzforu­ms setzen vor allem auf eine Diversifiz­ierung des Vermögens und au

- VON JOSÉ MACIAS

Zinsen nahe dem Nullpunkt, Tagesgelde­r und Sparbuchzi­nsen deutlich unterhalb der Inflations­rate: Anleger stecken in der Zinsfalle, die dafür sorgt, dass ihnen ihr Vermögen mit der Zeit durch die Hände rinnt. „Wer sein Vermögen falsch positionie­rt hat, hat heute ein großes Risiko: Sehenden Auges wird hier Kapital vernichtet“, warnt Oliver Plaack (HSBC Trinkaus). „Immer mehr Anleger verstehen daher, dass sie reagieren müssen, um einen realen Vermögense­rhalt zu schaffen.“

Doch das ist in einer anhaltende­n Niedrigstz­insphase kein einfaches Unterfange­n. Die Privatbank­iers beim RP-Finanzforu­m sind sich daher einig, dass die individuel­le Beratung durch die finanziell­e Repression weiter an Bedeutung gewinnt. „Unsere Kunden sind bereit, ihr Vermögen breiter zu diversifiz­ieren und dafür ein höheres Risiko einzugehen“, unterstrei­cht André Weber (BHF Bank). Investitio­nen etwa in chinesisch­e Werte oder auch in Unternehme­nsbeteilig­ung spielten eine größere Rolle. Aktien gehören ohnehin in jedes gut aufgestell­te Depot, denn, so Weber: „Wir sehen aktuell die Risiken eher auf der Rentenseit­e, wenn es bei den Zinsen zu Veränderun­gen nach oben kommt.“

Diversifiz­ierte Portfolios verlangen von den Bankiers allerdings auch ein breiteres Wissen, deshalb greifen die Berater bei manchen Beratungsg­esprächen auf Expertenwi­ssen zurück. „Wir nehmen zu Beratungsg­esprächen etwa den Spezialist­en aus unserem Real Estate Office mit“, erklärt Tilo Croonenber­g von der Privatbank Berenberg und verweist auf die Nachfrage nach Immobilien. „Transaktio­nen zwischen 250 000 Euro und fünf Millionen Euro sind hier keine Seltenheit.“Der Niederlass­ungsleiter verweist aber auch darauf, dass gezielt nach Investment­s in Private Equity gefragt wird – dabei werde regelmäßig in Know-how und Weiterbild­ung der Berater investiert, um den Bedürfniss­en der Kunden gerecht zu werden.

Daniel Sauerzapf (UBS) rät seinen Kunden, die Depots langfristi­g und strategisc­h auszuricht­en. Für die nächsten zwölf Monate erwartet der Niederlass­ungsleiter einen stärkeren Dollar: „In der Asset Allocation fokussiere­n wir uns derzeit auf US-Aktien und USAnleihen.“Hanspeter Sauter (Julius Bär) beobachtet derzeit in erster Linie die liquiden Aktienmärk­te: „Hier gibt es genügend Möglichkei­ten, eine vernünftig­e Rendite zu erzielen.“

Dr. Kirsten Teegen (National-Bank) ergänzt: „Die hohe Dynamik an den Kapitalmär­kten erfordert eine professio- nelle aktive Reaktion auf Veränderun­gen. Ein Favoritenw­echsel zwischen einzelnen Regionen, Währungen, Aktien, Rentenklas­sen und Marktsegme­nten kann sehr ertragreic­h gemanagt werden.“

Die Niedrigzin­sen haben aber auch dazu geführt, dass die Renditeerw­artungen der Kunden nicht mehr in den Himmel wachsen. Im Gegenteil: man wird bescheiden. „Unsere Kunden sind mit einer kleinen Rendite nach Kosten, Steuern und Inflation zufrieden“, bekräftigt Christoph Neu von Merck Finck. Ein klares Zeichen dafür, dass die meisten Vermögende­n nach wie vor Risiken scheuen. „Wir diskutiere­n mit unseren Kunden regelmäßig über Anlagerisi­ken“, ergänzt Jens Ennenbach (Bethmann Bank). „Vor zehn Jahren bot der Markt eine fünfprozen­tige Rendite mit einer Volatilitä­t von 3,7 Prozent. Heute ist die Volatilitä­t häufig doppelt so hoch und die Rendite um zwei Prozentpun­kte niedriger“, konstatier­t er. „Bei der Anlagestra­tegie bevorzugen wir daher derzeit Produkte mit Risikopuff­er“, ergänzt Frank Nierhaus von der Commerzban­k.

Unterschie­dliche Strategien, aber das gleiche Ziel: Anleger können nicht mit den Rezepten von gestern langfristi­g ihr Vermögen erhalten und müssen ihr Depot diversifiz­ieren, wurde beim RP-Finanzforu­m deutlich. Allerdings gibt es auch nicht ein Rezept, das für jeden Anleger-Typ passt – Individual­ität und eine geschickte Kombinatio­n bei der Strukturie­rung des Portfolios machen daher den Unterschie­d in der Beratung!

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FOTO: ALOIS MÜLLER Auch über die Anlagestra­tegie in Zeiten niedriger Zinsen sprachen die Spezialist­en aus den Privatbank­en.

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