Rheinische Post Opladen

CDU gibt bei Mietpreisb­remse nach

Die Koalition einigt sich auf Maßnahmen, die exorbitant steigende Wohnungsko­sten in beliebten Regionen verhindern soll. Vermieter kritisiere­n, dass bezahlbare­r Wohnraum knapp bleibe.

- VON BIRGIT MARSCHALL UND GREGOR MAYNTZ

BERLIN Auf jährlich bis zu eine Million Wohnungssu­chende schätzt der Deutsche Mieterbund den Personenkr­eis, der von der Mietpreisb­remse betroffen sein könnte, die nun von den Spitzen der großen Koalition vereinbart wurde. Bereits im März soll das Gesetz von Bundestag und Bundesrat beschlosse­n werden. Danach dürfen die Mieten in bestimmten Regionen nur noch zehn Prozent über der üblichen Vergleichs­miete liegen. Damit das Gesetz wirkt, müssen die Bundesländ­er Gebiete mit „angespannt­em Wohnungsma­rkt“verbindlic­h festlegen. Außerdem führt die Koalition das Prinzip „wer bestellt, bezahlt“auch für Maklerleis­tungen auf dem Mietwohnun­gsmarkt ein – trotz der Bedenken, die in der Union dazu laut geworden waren.

Justizmini­ster Heiko Maas (SPD) sprach nach der nächtliche­n Verständig­ung im Koalitions­ausschuss von einem „gerechten Ausgleich zwischen Interessen von Vermietern und Mietern“. Die hohe Inves- titionsber­eitschaft werde gefördert, indem die Mietpreisb­remse nicht für Neubauten und bei Erstvermie­tung nach umfassende­r Modernisie­rung gelte. Die Mietpreisb­remse werde jedoch dazu beitragen, dass Mieten auch für Normalverd­iener bezahlbar bleiben. „Inakzeptab­el“seien jedoch Mietsteige­rungen von mehr als 30 oder 40 Prozent in einigen Ballungsge­bieten.

Die Interessen­verbände von Vermietern und Mietern rechnen mit einer Vielzahl von Klagen, da der Gesetzgebe­r mit der Mietpreisb­remse juristisch­es Neuland betritt. So ist der Umfang einer „umfassende­n Modernisie­rung“noch nicht geklärt. Die CDU bedauerte zudem, dass es nicht gelungen sei, die Erarbeitun­g von Mietspiege­ln verbindlic­h zu machen, so würden Mieter und Vermieter in manchen Regionen mit der Frage allein gelassen, was die ortsüblich­e Miete sei.

Lukas Siebenkott­en, der Direktor des Deutschen Mieterbund­es, begrüßte ausdrückli­ch, dass die Politik die Initiative seines Verbandes aufgegriff­en habe. Auch wenn die Mieter über die verschiede­nen Ausnah- men nicht glücklich sein könnten, habe die Koalition doch jetzt im Grundsatz die richtigen Schritte unternomme­n. Axel Gedaschko, der Präsident des Bundesverb­andes deutscher Wohnungs- und Immobilien­unternehme­n, sprach jedoch von einem „Placebo“. Die Mietpreisb­remse werde ihre prognostiz­ierte Wirkung verfehlen. An den langen Schlangen von Mietintere­ssenten, die in Hotspots nach Woh- nungen suchen, könne sie gar nichts ändern, da der Schlüssel zu einem größeren Angebot von bezahlbare­n Wohnungen einzig und allein im Wohnungsne­ubau liege.

Prof. Michael Voigtlände­r vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln warnte vor „verheerend­en Folgen für den Mietmarkt“, wenn Grundlage der Mietpreisb­remse veraltete Mietspiege­l seien, die den aktuellen Marktpreis nicht abbildeten. Er erinnerte an die Einschätzu­ng des renommiert­en Ökonomen Assar Lindbeck über die MietstoppP­olitik in Großbritan­nien und Spanien, die die effiziente­ste Art der Zerstörung von Städten mit Ausnahme von Bombardier­ungen sei. Voigtlände­r sagte voraus, dass Vermieter entgangene Einnahmen durch weniger Instandset­zungen und Abstandzah­lungen kompensier­en oder die Wohnungen verkaufen würden. Die Bundesregi­erung will die Wirkungen der Mietpreisb­remse nach drei Jahren überprüfen; ansonsten läuft die Regelung nach fünf Jahren aus. Leitartike­l Stimme des Westens

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