„Die Kritik der Wirtschaft ist etwas dünn“
NRW-Umweltminister widerspricht Einwänden gegen den neuen Landesentwicklungsplan (LEP).
Herr Minister, der Mittelstand in NRW lehnt zentrale Politik-Projekte von Ihnen ab. Nehmen Sie die Clearingstelle Mittelstand ernst?
REMMEL Die Clearingstelle wurde von der Landesregierung eingerichtet, um dem Mittelstand bei der Planung von neuen Gesetzen und Verordnungen die Möglichkeit zur Mitsprache zu geben. Die aktuelle Stellungnahme der Clearingstelle zu unserem Entwurf für einen neuen Landesentwicklungsplan (LEP) fasst aber nur bereits bekannte Stellungnahmen zusammen. Da hält sich der Erkenntnisgewinn tatsächlich in Grenzen. Schön wäre es gewesen, wenn an der einen oder anderen Stelle Meinungen und Positionen etwas stärker fachlich unterfüttert worden wären.
Also ist Ihnen das Kritikpapier zu dünn?
REMMEL Die bloße Behauptung, dass Teile des LEP die Wirtschaft behindern, ist etwas dünn. Gibt es eventuell Gutachten, die das belegen oder entsprechende Hintergründe darstellen? Die kann ich nicht erkennen. Trotzdem muss man die aufgeworfenen Fragestellungen bearbeiten.
Die Wirtschaft kritisiert Ihre strengen Klimaschutzziele ...
REMMEL Was genau wird da eigentlich kritisiert? Die Messe ist doch gelesen. Das Gesetz ist längst durch den Landtag. Hier verfehlt die Stellungnahme das Thema. Der Landesentwicklungsplan schreibt keine Klimaschutzziele fest, sondern beschreibt nur einen Mechanismus für die Umsetzung. Die Landesregierung beabsichtigt aber nicht, in dieser Legislaturperiode Maßnahmen des Klimaschutzplans für verbind
lich zu erklären.
Ihr LEP-Entwurf will den Flächenverbrauch von etwa zehn auf fünf Hektar pro Tag beschränken. Die Wirtschaft fordert mehr Raum
... REMMEL Fünf Hektar pro Tag ist immer noch Flächenverbrauch. Und es ist richtig: Die so wertvolle Ressource Fläche steht in einem so dicht besiedelten Land nur begrenzt zur Verfügung. Das Fünf-Hektar-Ziel ist als Leitbild formuliert.
Also irrelevant?
REMMEL Nein. Aber ich sehe hier auch die Wirtschaft in der Pflicht. Wir haben in NRW 85 000 Altlastenverdachtsflächen, davon sind 25 000 untersucht und etwa 7000 saniert. Wir hatten vor zehn Jahren ein Versprechen der Wirtschaft, fünf Millionen Euro pro Jahr in die Sanierung dieser Flächen zu stecken, daraus sind jetzt 400 000 geworden. Wenn die Wirtschaft hier mehr Verantwortung übernähme, hätten wir auch mehr Flächen zur Verfügung. Klar ist auch, dass der Flächenverbrauch massiv zulasten der Landwirtschaft geht: hohe Pacht- und Grundstückspreise und hoher öko- nomischer Druck auf die wichtigen Lebensgrundlagen Boden, Wasser, Luft.
Wo sind Sie beweglich?
REMMEL Ich bin für die Allianz für die Fläche. Ich habe keine Probleme mit Erweiterung von Industriebetrieben, die neue Jobs schaffen. Für die muss es Flächen geben. Wir brauchen aber nicht den zwölften Baumarkt und den vierzehnten Discounter auf der grünen Wiese, der von dort den Einzelhandel in den Innenstädten bedroht. Angesichts des demografischen Wandels weiß ich auch nicht, ob wir ständig neue Wohngebiete brauchen.
Also bleibt es beim Fünf-Hektar-Ziel?
REMMEL Das Fünf-Hektar-Leitbild ist ja nicht aus der Luft gegriffen, sondern bricht nur Ziele der Bundesregierung auf NRW herunter. Man kann darüber reden, wie man es konkret ausgestaltet. THOMAS REISENER FÜHRTE DAS GESPRÄCH. LANGFASSUNG DES INTERVIEWS: WWW.RP-ONLINE.DE/POLITIK