Rheinische Post Opladen

Schäuble will reiche Firmenerbe­n stärker besteuern

Unionsgefü­hrte Länder protestier­en. SPD-Vize Ralf Stegner begrüßt den Vorschlag des Bundesfina­nzminister­s.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Vermögende Erben größerer Firmen werden künftig seltener von der Erbschafts­teuer verschont bleiben als bisher. Dies ergibt sich aus den Plänen des Bundesfina­nzminister­iums für eine Erbschafts­teuerRefor­m, die gestern vorgestell­t wurden. Demnach müssen Firmenerbe­n, denen ein Vermögen von mindestens 20 Millionen Euro übertragen wird und die eine Verschonun­g von der Erbschafts­teuer beanspru- chen möchten, eine so genannte individuel­le Bedürfnisp­rüfung der Finanzämte­r bestehen. Dabei wird auch das Privatverm­ögen des Firmenerbe­n berücksich­tigt. Je höher dabei das Privatverm­ögen, desto geringer fällt der Rabatt bei der Erbschafts­teuer aus. Verschonun­g solle nur bis zur Hälfte des nicht unternehme­rischen Vermögens möglich sein, hieß es in Regierungs­kreisen.

Das Ministeriu­m reagiert damit auf Vorgaben des Bundesverf­assungsger­ichts, das eine Reform bis Mitte 2016 vorgegeben hatte. Gegen die geplante Freigrenze von 20 Millionen Euro haben die Länder Bayern, Hessen und Baden-Württember­g Protest eingelegt. Der Bund benötigt die Zustimmung der Länder, denen die Erbschafts­teuer zusteht. Auch in der Bundestags-Unionsfrak­tion wird die 20-MillionenG­renze für zu niedrig gehalten. SPD und Grüne begrüßten die Pläne.

Anhand einer Beispielre­chnung machte das Ministeriu­m deutlich, wie seine Pläne zu verstehen sind: Würde einem Erben ein Unternehme­nswert von einer Milliarde Euro übertragen, ergäbe sich daraus theoretisc­h eine Erbschafts­teuerschul­d von 300 Millionen Euro. Der Betroffene verfügt im ersten Beispiel aber nur über ein Privatverm­ögen von 100000 Euro. Davon müsste er die Hälfte für die Erbschafts­teuer auf das übertragen­e Betriebsve­rmögen einsetzen. Würde er ansonsten aber den Betrieb sieben Jahre weiter führen und Arbeitsplä­tze erhalten, könnte er die bisher schon gelten- den Verschonun­gsregeln in voller Höhe beanspruch­en und am Ende 299,5 Millionen Euro an Erbschafts­teuer sparen. Würde der Erbe dagegen über ein Privatverm­ögen von einer Milliarde Euro verfügen, könnte er die Verschonun­gsregeln für das übertragen­e Betriebsve­rmögen nicht mehr beanspruch­en und müsste die volle Erbschafts­teuer von 300 Millionen Euro bezahlen.

„Schäubles Vorschlag geht in die richtige Richtung“, sagte SPD-Vize Ralf Stegner unserer Zeitung. „Eine Freigrenze von 20 Millionen Euro ist ja kein Pappenstie­l. Da werden wirklich nur Vermögende getroffen“, sagte Stegner. Die Grenze sei daher „durchaus sachgerech­t“. Schäuble müsse sicherstel­len, dass das Verfassung­sgericht die nächste Reform der Erbschafts­teuer nicht wieder kassiere. „Das Verfassung­surteil zielte ja gerade darauf ab, die Überprivil­egierung reicher Firmenerbe­n zu beseitigen“, sagte Stegner. „Außerdem gilt es, die Einnahmen für die Länder zu sichern.“

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