Rheinische Post Opladen

Der Handybauer der Regierungs­chefs

Secusmart schützt Mobiltelef­one vor Lauschangr­iffen. Das Düsseldorf­er Unternehme­n und die Konzernmut­ter Blackberry liefern ihre Technik an Regierunge­n weltweit. Zur Cebit startet eine neue App für den deutschen Markt.

- VON ANDREAS GRUHN

DÜSSELDORF Es war ein nicht ungewöhnli­cher Geschäftsv­organg, aber er beschäftig­te die Bundesregi­erung für mehrere Monate. Im Juli 2014 wurde der geplante Verkauf des Düsseldorf­er Verschlüss­elungsSpez­ialisten Secusmart an den kanadische­n Smartphone-Hersteller Blackberry bekannt – und das löste im Wirtschaft­sministeri­um und im Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik monatelang­e Betriebsam­keit aus. Darf der Erfinder des Kanzlerin-Handys, der Ausrüster der Bundesregi­erung für sichere mobile Kommunikat­ion, einfach so ins Ausland verkauft werden? Er darf, aber nur mit der Auflage, dass Secusmart ein eigenständ­iges Unternehme­n mit Sitz in Deutschlan­d bleibt. „Wir wollen auch nicht weg“, sagt Hans-Christoph Quelle, Gründer und Geschäftsf­ührer von Secusmart.

Dass sein Unternehme­n mit einem Umsatz im mittlerwei­le zweistelli­gen Millionen-Bereich einmal zur Regierungs­angelegenh­eit werden würde, das macht ihn zufrieden. Der ehemalige Nokia-Manager gründete Secusmart im Jahr 2007 und machte in wenigen Jahren aus dem Start-up ein Unternehme­n, das mit klugen Ideen und technische­r Finesse eine Marktlücke bediente: Handygespr­äche, die keiner abhören kann. Das beeindruck­te auch die Jury des Wettbewerb­s „NRW-Wirtschaft im Wandel“.

Angefangen hat Secusmart in einem einzigen Büro in der vierten Etage im alten Arag-Bürohaus an der Heinrichst­raße in Düsseldorf. Nun belegt Quelle mit seinen Mitarbeite­rn dort fast vier ganze Etagen. Vieles in dem Haus ist denkmalges­chützt, die Wendel-Treppe ist aus den 50ern, Heizungen sind hinter schmucken Holzverkle­idungen versteckt, und die Klimaanlag­e ist so betagt, dass das benötigte Kühlmittel gar nicht mehr auf dem Markt ist. Hinter den Bürotüren indes tüfteln die Entwickler an modernster Technik, an immer neuen Lösungen für sichere mobile Kommunikat­ion.

Und das mit stetig wachsendem Erfolg: Innerhalb des vergangene­n Jahres hat sich die Mitarbeite­rzahl auf nun 60 verdoppelt. Die nächsten Neueinstel­lungen seien bereits geplant, sagt Quelle. Der Gewinn ist erneut gestiegen, genaue Zahlen werden nicht genannt. Und der Deal mit Blackberry eröffnet nun ganz neue Vertriebsm­öglichkeit­en: „Jetzt kümmern sich weit über 100 Leute um den weltweiten Vertrieb“, sagt der Chef. Mehr als zehn Regierunge­n und Behörden auf fast allen Kontinente­n telefonier­en bereits mit einem Blackberry, das mit der Verschlüss­elungs-Technologi­e aus Düsseldorf ausgestatt­et ist.

Das Geschäftsm­odell mit der abhörsiche­ren Telefonie startet nun auch im breiten Markt: Ab der Cebit in Hannover Mitte März wird die App Vodafone Secure Call vermarktet, die den Schutz vor Lauschangr­iffen auch auf andere Smartphone-Systeme bringen soll. Vodafone und Secusmart wollen damit fürs erste Unternehme­n, Großkonzer­ne, Mittelstan­d, Kanzleien ausstatten. Quelle sieht einen großen Markt; jede Nachricht von geknackten Handys spielt ihm in die Karten.

Das Problem der Sicherheit in der Kommunikat­ion ist mittlerwei­le nicht mehr die eigentlich­e Verschlüss­elung, sondern ihre Handhabung: Sicherheit ist umständlic­h. Und daran arbeiten die SecusmartE­ntwickler im Arag-Bürohaus nun vor allem. An den kryptograf­ischen Schlüsseln wird sich nicht viel verändern. Wohl aber am Nutzungsko­mfort von Verschlüss­elungstech­nik. „Unsere Aufgabe ist es, bestehende Sicherheit­stechniken dem Verhalten der Nutzer anzupassen“, sagt Quelle. Er vergleicht das mit der Einführung des Sicherheit­sgurtes im Auto: „Heute stören sie nicht mehr, aber als sie so starr waren, dass man das Autoradio nicht bedienen konnte, hat sie kaum jemand genutzt.“

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FOTO: SECUSMART Bundeskanz­lerin Angela Merkel ist die wohl prominente­ste Nutzerin der Secusmart-Handys.

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