Der Handybauer der Regierungschefs
Secusmart schützt Mobiltelefone vor Lauschangriffen. Das Düsseldorfer Unternehmen und die Konzernmutter Blackberry liefern ihre Technik an Regierungen weltweit. Zur Cebit startet eine neue App für den deutschen Markt.
DÜSSELDORF Es war ein nicht ungewöhnlicher Geschäftsvorgang, aber er beschäftigte die Bundesregierung für mehrere Monate. Im Juli 2014 wurde der geplante Verkauf des Düsseldorfer VerschlüsselungsSpezialisten Secusmart an den kanadischen Smartphone-Hersteller Blackberry bekannt – und das löste im Wirtschaftsministerium und im Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik monatelange Betriebsamkeit aus. Darf der Erfinder des Kanzlerin-Handys, der Ausrüster der Bundesregierung für sichere mobile Kommunikation, einfach so ins Ausland verkauft werden? Er darf, aber nur mit der Auflage, dass Secusmart ein eigenständiges Unternehmen mit Sitz in Deutschland bleibt. „Wir wollen auch nicht weg“, sagt Hans-Christoph Quelle, Gründer und Geschäftsführer von Secusmart.
Dass sein Unternehmen mit einem Umsatz im mittlerweile zweistelligen Millionen-Bereich einmal zur Regierungsangelegenheit werden würde, das macht ihn zufrieden. Der ehemalige Nokia-Manager gründete Secusmart im Jahr 2007 und machte in wenigen Jahren aus dem Start-up ein Unternehmen, das mit klugen Ideen und technischer Finesse eine Marktlücke bediente: Handygespräche, die keiner abhören kann. Das beeindruckte auch die Jury des Wettbewerbs „NRW-Wirtschaft im Wandel“.
Angefangen hat Secusmart in einem einzigen Büro in der vierten Etage im alten Arag-Bürohaus an der Heinrichstraße in Düsseldorf. Nun belegt Quelle mit seinen Mitarbeitern dort fast vier ganze Etagen. Vieles in dem Haus ist denkmalgeschützt, die Wendel-Treppe ist aus den 50ern, Heizungen sind hinter schmucken Holzverkleidungen versteckt, und die Klimaanlage ist so betagt, dass das benötigte Kühlmittel gar nicht mehr auf dem Markt ist. Hinter den Bürotüren indes tüfteln die Entwickler an modernster Technik, an immer neuen Lösungen für sichere mobile Kommunikation.
Und das mit stetig wachsendem Erfolg: Innerhalb des vergangenen Jahres hat sich die Mitarbeiterzahl auf nun 60 verdoppelt. Die nächsten Neueinstellungen seien bereits geplant, sagt Quelle. Der Gewinn ist erneut gestiegen, genaue Zahlen werden nicht genannt. Und der Deal mit Blackberry eröffnet nun ganz neue Vertriebsmöglichkeiten: „Jetzt kümmern sich weit über 100 Leute um den weltweiten Vertrieb“, sagt der Chef. Mehr als zehn Regierungen und Behörden auf fast allen Kontinenten telefonieren bereits mit einem Blackberry, das mit der Verschlüsselungs-Technologie aus Düsseldorf ausgestattet ist.
Das Geschäftsmodell mit der abhörsicheren Telefonie startet nun auch im breiten Markt: Ab der Cebit in Hannover Mitte März wird die App Vodafone Secure Call vermarktet, die den Schutz vor Lauschangriffen auch auf andere Smartphone-Systeme bringen soll. Vodafone und Secusmart wollen damit fürs erste Unternehmen, Großkonzerne, Mittelstand, Kanzleien ausstatten. Quelle sieht einen großen Markt; jede Nachricht von geknackten Handys spielt ihm in die Karten.
Das Problem der Sicherheit in der Kommunikation ist mittlerweile nicht mehr die eigentliche Verschlüsselung, sondern ihre Handhabung: Sicherheit ist umständlich. Und daran arbeiten die SecusmartEntwickler im Arag-Bürohaus nun vor allem. An den kryptografischen Schlüsseln wird sich nicht viel verändern. Wohl aber am Nutzungskomfort von Verschlüsselungstechnik. „Unsere Aufgabe ist es, bestehende Sicherheitstechniken dem Verhalten der Nutzer anzupassen“, sagt Quelle. Er vergleicht das mit der Einführung des Sicherheitsgurtes im Auto: „Heute stören sie nicht mehr, aber als sie so starr waren, dass man das Autoradio nicht bedienen konnte, hat sie kaum jemand genutzt.“