Neue Pinakothek München zeigt alte Selfies in Öl
MÜNCHEN (dpa) Cool, fröhlich, vor spektakulärer Kulisse oder in Pose wie ein Prominenter. Das eigene Bild ist ein Aushängeschild. Was heute Selfie heißt und mit einem Klick im Netz steht, war früher das Selbstporträt, und der Künstler brauchte dafür mit Pinsel und Öl Tage und Wochen. Die Ausstellung „KünstlerBilder“in der Neuen Pinakothek in München befasst sich jetzt mit künstlerischer Selbstdarstellung im 19. Jahrhundert.
„So häufig wie nie zuvor haben sich Künstler in dieser Zeit selbst in Szene gesetzt“, sagt Martin Schawe, stellvertretender Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Keineswegs nur Narzissmus – sondern wirtschaftliches Kalkül: Die Auftraggeber Kirche und Adel traten in den Hintergrund. Künstler mussten sich zunehmend auf einem freien Kunstmarkt durchsetzen, ihren Produkten Aufmerksamkeit verschaffen – und dazu gezielt an ihrem Image feilen.
Der abgeklärte schöne Jüngling, der Lebemann, das Genie – Varian– ten gibt es viele. Manche Künstler setzten sich gern im Stil der alten Meister wie Rembrandt in Szene. Beliebte Pose: nachdenklicher Blick, leicht gedrehte Körperhaltung, Purpurgewand – der Pinsel beiläufig im Bildrand. Das sollte das Bild des Künstlers aufpolieren, ihm einen intellektuellen Touch geben. Fast gleich schauen entsprechend die Selbstbildnisse von Pompeo Girolamo Batoni, Anton Raphael Mengs und Anton Graff aus. Ein bisschen wie die 0815-Sefies, die vor Eiffelturm, den Pyramiden von Gizeh oder dem Burj Khalifa in Dubai geschossen werden.
Die Künstler früher malten sich selbst, gegenseitig, gemeinsam. Auch in Historiendarstellungen oder in Ansichten ihrer Ateliers stellten sie sich dar. Bunt und surreal präsentierte James Ensor seinen Arbeitsraum, duster barock Léon Brunin. Édouard Manet zeigt mit „Die Barke. Monet malend in seinem Atelier“diesen auf einem Boot auf der Seine - und „erhebt den Anspruch, die ganze Welt zum Atelier zu machen“, wie Kurator Andreas Plackinger sagt.
Zu sehen sind auch zwei vermeintliche Selbstporträts des Renaissancemalers Raffael: einmal als blond gelockter Jüngling und einmal mit kohlrabenschwarzem Haar. Des Rätsels Lösung: Der Blonde ist nach Stand der Forschung Bindo Altoviti, gemalt von Raffael. Der andere ist ein Unbekannter, gemalt von einem Unbekannten. Raffael wurde damals für seine unvergänglich harmonischen Kompositionen verehrt – ein regelrechter Kult. Betrachter seien vor seinem Abbild in Tränen ausgebrochen, „weil sie so gerührt waren“, sagt Plackinger.