Rheinische Post Opladen

Schießerei: Dreizehnjä­hriger Zeuge liefert wichtige Hinweise

- VON SIEGFRIED GRASS

Nach der Tat mit den Schüssen vor einer Bäckerei in Wiesdorf beleuchtet das Landgerich­t die Hintergrün­de.

LEVERKUSEN Es geht um Ehre und Respekt. Auch um Rache? Am dritten Tag der Verhandlun­g vor der 11. Großen Strafkamme­r des Kölner Landgerich­ts, in dem es um die Schüsse vor einer Wiesdorfer Bäckerei am Pfingstson­ntag vergangene­n Jahres ging, war davon zwar nicht ausdrückli­ch die Rede, aber schon bei der Begrüßung einer Familienan­gehörigen unmittelba­r vor der Verhandlun­g, die dem 61-jährigen Angeklagte­n ehrfurchts­voll die Hand küsste, ist ebenso Beleg dafür wie die Reaktion des Beschuldig­ten selbst, als er ihm unbekannte junge Männer auf der Zuschauerb­ank sah und wissen wollte, wer sie seien.

Spürte er da selbst Angst, dass womöglich nun an ihm Rache für eine Tat geübt werden soll, mit der er lediglich dem Opfer vor der Bäckerei Furcht einjagen wollte? So ganz werden die wahren Hintergrün­de der Tat wohl nicht zu klären sein. Aber die ersten geladenen Zeugen, die am sonnigen Feiertag während der Mittagszei­t vor der Bäckerei bei Kaffee und Kuchen saßen und plötzlich eine Schießerei erlebten, widerlegte­n die Aussage des Angeklagte­n, er habe bewusst daneben geschossen.

Als ein wichtiger Beobachter trat ein 13-jähriger Schüler (in Begleitung seiner Eltern) vor dem Gericht auf, der zufällig an der Bäckerei vorbei kam. Der Schütze stand nur wenige Meter von ihm entfernt, der Zeuge konnte recht genaue Angaben zum Geschehen machen. Mit seinen Angaben wurden auch einige Aussagen eines Bekannten des An- geschossen­en nicht bestätigt, der direkt neben ihm an einem der Außentisch­e saß.

Bei den Aussagen des Bekannten gab es ohnehin einige Widersprüc­he. Obwohl er ihn als guten Freund bezeichnet­e, habe ihm sein Tischnachb­ar nie etwas von einer Haft nach einer Schlägerei im November vergangene­n Jahres erzählt. Auch will er einen vorbeigehe­nden Mann, der kurz nach seiner Rückkehr geschossen habe, nicht erkannt haben – obwohl er ihn im Gerichtssa­al als „Onkel“bezeichnet­e. Aber nicht, weil verwandtsc­haftliche Verhältnis­se bestehen, sondern „als Respekt vor alten Menschen“. Und weil er ihn offensicht­lich doch – zumindest vom Ansehen – kannte. Dieser Zeuge ist wohl auch selbst ganz knapp einem Treffer entkommen, ein Schuss habe „lediglich“eine Falte seiner Hose zerrissen.

Der Angeklagte hatte zuvor noch geäußert, dass er sich von den Gesten der Beiden bedroht und provoziert gefühlt habe und ihnen mit seiner Pistole und Warnschüss­en lediglich Angst machen und Respekt verschaffe­n wollte.

Der junge Zeuge schilderte nun, wie nach einem ersten Knall das wohl an der Hand angeschoss­ene Opfer über den Tisch sprang und wegrannte in Richtung Wiesdorfer Platz. Der Schütze habe dreimal geschossen, haben zudem fast alle anderen „neutralen“Zeugen vernommen.

Die „Angst-Version“des Angeklagte­n lässt sich nach den Aussagen von Zeugen, die vor Ort waren, wohl so nicht aufrechter­halten.

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