Rheinische Post Opladen

Die Radikalisi­erung der Ränder stärkt die große Koalition

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Als vor mehr als zehn Jahren die zweite große Koalition über Deutschlan­d kam, waren sich viele Beobachter einig: Eine große Koalition mag befristet ihr Gutes haben und dem Land nutzen. Sie darf aber nicht zum Dauerzusta­nd werden. Dann nimmt die parlamenta­rische Demokratie Schaden. Eine Legislatur höchstens, auf keinen Fall länger, das war zu Recht der allgemeine Tenor.

Inzwischen erleben wir das dritte Jahr der dritten großen Koalition in Deutschlan­d und faktisch das elfte Jahr der großkoalit­ionären MerkelRegi­erung. Denn zwischenze­itlich hat die Kanzlerin zwar einmal mit den Liberalen koaliert. Regiert aber hat sie auch in diesem Intermezzo immer mit der SPD. Und nach dem Zwischensp­iel mit Guido Westerwell­es FDP ist sie auch gerne und freudig wieder in die Arme der SPD gelaufen. Angela Merkel selbst ist die fleischgew­ordene große Koalition.

Heute ist dieses Land nicht wiederzuer­kennen. Weil sich die Mitte so breitgemac­ht hat, drückt es diejenigen, die sich nicht mehr vertreten fühlen, zwangsläuf­ig an die Ränder. Das Bedrückend­e an der Situation: Es ist kein Ende in Sicht. Im Gegenteil. Die große Koalition gebiert sich selbst. Am 13. März des kommenden Jahres werden in drei Bundesländ­ern gleichzeit­ig Landtagswa­hlen stattfinde­n. In Rheinland-Pfalz, Baden-Württember­g und SachsenAnh­alt. Nach Lage der Dinge wird der absehbare Einzug der AfD in die drei Landesparl­amente dafür sorgen, dass danach in allen drei Bundesländ­ern große Koalitione­n regieren werden. Bislang ist das nur in Sachsen-Anhalt der Fall.

So paradox es klingen mag: Bis auf Weiteres stärkt und stützt die Radikalisi­erung an den Rändern die große Koalition, gegen die sie aus guten demokratis­chen Gründen aufbegehrt.

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