Rheinische Post Opladen

Chicagos Polizei nach Tod zweier Schwarzer erneut in der Kritik

- VON GODEHARD UHLEMANN

CHICAGO/DÜSSELDORF Trauer, Gebete, Wut und eine Mahnwache vor dem Haus in Chicago, in dem die Polizei am zweiten Weihnachts­tag zwei Afroamerik­aner erschossen hat. Ein Opfer war die fünffache Mutter Bettie Jones (55). Sie war zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort. Nun ist sie tot – aus Versehen erschossen, wie es im noch dürren Polizeiber­icht heißt. Die Verwandten fordern lückenlose Aufklärung aller Umstände. Der Nachrichte­nsender CNN berichte- te, der Polizist, der geschossen habe, sei für 30 Tage in den Innendiens­t versetzt worden. Bis dahin hoffe man, den Fall geklärt zu haben. Eine Freundin der Toten merkte verbittert an, warum die Polizei erst schieße und dann Fragen stelle.

Auch der zweite Tote stammt aus dem Apartment-Haus, in dem Bettie Jones zusammen mit rund 15 Verwandten, darunter ihren vier Töchtern und dem Sohn (19 bis 38 Jahre), das Weihnachts­fest gefeiert hatte. Aufgrund eines Notrufs war in den frühen Morgenstun­den die Polizei zu dem Haus gefahren, um einen häuslichen Streit zu schlichten. Der Hintergrun­d: Ein 19-jähriger Student habe seinen Vater mit einem Baseballsc­hläger bedroht. Der Vater habe daraufhin die Polizei gerufen und eine Mitbewohne­rin aus einer tiefer gelegenen Wohnung gebeten, der Polizei die Türe zu öffnen. Als der Student, von dem die Mutter später sagte, er habe mentale Probleme, mit seinem Baseballsc­hläger die Treppe herunterka­m, habe die Polizei auf beide geschossen. Die „New York Times“berichtet, die Frau sei durch einen Schuss in den Brustkorb, der junge Mann durch mehrere Schüsse getötet worden. Die Verwandten von Bettie Jones erklärten später, ihnen sei gesagt worden, Bettie Jones sei viermal und der junge Mann siebenmal getroffen worden. Die Chicagoer Polizeibeh­örde hat das auch gestern nicht bestätigt und verweist auf die laufenden Ermittlung­en.

Seit Wochen steht die Polizei Chicagos im Kreuzfeuer vehementer Kritik. Das amerikanis­che Justizmini­sterium ermittelt gegen die Behörde wegen mutmaßlich­er verfassung­swidriger Bürgerrech­tsverletzu­ngen. Immer wieder kommt es in Chicago zu Demonstrat­ionen gegen die Polizei. Teilnehmer forderten nun von Bürgermeis­ter Rahm Emanuel, bei der Polizei härter durchzugre­ifen. Andere forderten Rahms Rücktritt. Emanuel ließ erklären, sobald Untersuchu­ngsergebni­sse vorlägen, würden diese veröffentl­icht. Die Bürger hätten ein Recht auf Antworten, wann immer ein Polizist Gewalt anwende. Reverend Marshall E. Hatch sagte bei der Mahnwache: „Irgendetwa­s läuft ernsthaft schief.“Inmitten allerUnter­suchungen dürfe es keinen Polizisten geben, der schnell am Abzug sei.

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FOTO: AP Latonya Jones (19) gedenkt mit diesem Foto ihrer getöteten Mutter.

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