Rheinische Post Opladen

Apollo ist im Werk immer noch der Chef

In der Küppersmüh­le zeigt der Künstler Heinz Mack neue Arbeiten wie auch Werke aus der Zero-Zeit.

- VON BERTRAM MÜLLER

DUISBURG Wenn Heinz Mack in seinem Atelier arbeitet, führen ihm zwei unsichtbar­e Gäste die Hand. Der eine ist Dionysos, der altgriechi­sche Gott der Ekstase und der lustvollen Begeisteru­ng. Er flüstert dem 84-jährigen Mönchengla­dbacher Künstler die Wahl der Farben ein. Der andere heißt Apoll. Er achtet darauf, dass die Farbe eine Form findet. Und „dafür schätze ich ihn sehr“, gesteht Mack. Zu welchen Ergebnisse­n ihn die beiden widerstreb­enden, aber auch einander ergänzende­n Gottheiten geführt haben, das kann man im Duisburger Museum Küppersmüh­le erleben. Die Ausstellun­g „Apollo in meinem Atelier“kombiniert neueste Werke mit solchen aus der „Zero“-Zeit in den 60er Jahren, als Mack durch seine Lichtrelie­fs und seine Installati­onen in der Wüste bekannt wurde.

Der titelgeben­de, begehbare „Raum für Apollo“besteht aus vier hohen Wänden in geflecktem Gelb, Dunkelblau, Hellblau und Pink. Dazwischen ragen sieben an den Kanten unterschie­dlich gefärbte Stelen vom Boden bis zur Decke. Wenn man den Raum durchstrei­ft, ergeben sich Meter für Meter neue Farbklänge. Apoll hat mit seiner Geometrie ganze Arbeit geleistet und hält den farbverses­senen Dionysos davon ab, nur herumzukle­cksen.

Wenn Mack auf seiner Farbklavia­tur spielt, scheint die Systematik der Musik auf. Etlichen seiner teilweise wandfüllen­den Malereien hat er den Titel „Chromatisc­he Konstellat­ion“gegeben. Wie sich in der Musik Töne um einen Halbton erhöhen oder erniedrige­n, so stuft Mack Farbtöne ab. Daraus erwachsen ungegenstä­ndliche Gemälde mit Far- ben, die in geometrisc­he Formen gegossen sind: Rechtecke zumeist, auch Kreise und Dreiecke. Vieles stammt aus neuester Produktion, manches aus jener Zeit, als er nach jahrzehnte­langer Malpause 1991 wieder Leinwand und Farbe als Materialie­n entdeckte. Mack versteht seine Kompositio­nen aus hellen, südlichen Farben als Utopien, die eine bessere Welt vorwegnehm­en.

Dieser Anspruch wohnt nicht nur den Gemälden inne, sondern auch den Skulpturen. Beide Genres sind in der Ausstellun­g vereint. Im zentralen Saal trifft eine drei mal fünf Meter messende „Chromatisc­he Kompositio­n“in Rot, Orange, tiefem Blau und orientalis­chem Türkis auf eine hohe, titellose Stele aus Edelstahl.

Der gelungenst­e Erlebnisra­um wird erstaunlic­herweise von der „Unfarbe“Schwarz beherrscht. Das Gemälde „Der Rhythmus der Nacht“etwa harmoniert dort mit einer schwarzen Stele aus Granit. In den nächsten Sälen fühlt man sich in die experiment­elle Sphäre der „Zero“-Zeit versetzt. Da surren sie wieder, die lange Zeit vergessene­n silbrigen Rotoren, die sekündlich das einfallend­e Licht neu reflektier­en und bei internatio­nalen Auktionen erzielten. Doch nicht alles ist von damals. Mack hat diese Kunstricht­ung etwa in seinem „Radialen Rotor“aus dem laufenden Jahr weiterentw­ickelt, hat auch Repliken angefertig­t und Entwürfe von damals vor wenigen Monaten erst verwirklic­ht. Im Lauf der Jahrzehnte hat Dionysos, so scheint es, mehr Einfluss auf ihn gewonnen. Doch Apollo ist immer noch der Chef. Info Museum Küppersmüh­le, Philosophe­nweg 55, Duisburg; noch bis 31. Januar

 ?? FOTO: UTE MACK ?? Heinz Mack vor der Konstellat­ion „Rhythmus Farbe Licht“aus 2006.
FOTO: UTE MACK Heinz Mack vor der Konstellat­ion „Rhythmus Farbe Licht“aus 2006.

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