Rheinische Post Opladen

Polizei warnt vor „Polen-Böllern“

Heute ist offizielle­r Verkaufsst­art von Feuerwerks­körpern für Silvester. Doch viele decken sich mit gefährlich­en Knallern aus Osteuropa ein. Polizei und Handelsver­band NRW warnen: Illegale Kracher können lebensgefä­hrlich sein.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Seit November vergeht an der deutsch-polnischen Grenze kein Tag, an dem Zöllner bei Fahrzeugko­ntrollen nicht illegale BilligBöll­er finden. „Die verbotenen Knallkörpe­r werden in so hohen Stückzahle­n beschlagna­hmt wie noch nie zuvor“, betont ein Sprecher der Bundespoli­zei. Die Ermittler rechnen damit, dass sie bis Jahresende rund 100.000 Stück der gefährlich­en Kracher aus dem Verkehr gezogen haben. Im vergangene­n Jahr sind es etwa 70.000 gewesen. Die Dunkelziff­er dürfte aber, so schätzt die Polizei, weit in die Millionen gehen. Ein Großteil der „Polen-Böller“kommt auch nach NRW. Angeboten werden sie auf der Straße von sogenannte­n fliegenden Händlern. Der Handelsver­band NRW warnt davor: „Die Preise mögen verlockend sein, doch nur der Kauf im Einzelhand­el garantiert den Verbrauche­rn, dass Böller und Raketen ausführlic­h vom Bundesamt für Materialpr­üfung getestet worden sind“, betont Hauptgesch­äftsführer Peter Achten. Warum sind die Billig-Böller aus Polen so gefährlich? Sie enthalten im Gegensatz zu den in Deutschlan­d zugelassen­en Feuerwerks­körpern in der Regel Ammoniumni­trat mit einer 40-prozentige­n Sprengkraf­t des Sprengstof­fes TNT. Zudem sind bei den Illegalen die Verzögerun­gszeiten bis zur Detonation nicht bestimmbar. Das heißt, dass die Kracher nach Anzünden jederzeit hochgehen können – also auch in der Hand. „Bei einem geprüften Knallkörpe­r, der versehentl­ich in der Hand explodiert, kommt es zu leichten Verbrennun­gen. Der viel brisantere Blitzknall­körper enthält aber nicht Schwarzpul­ver, sondern ist mit einem viel stärker reagierend­en Blitzknall­satz gefüllt. Deshalb kann man schwere Verletzung­en erleiden und durchaus einige Finger verlieren“, erklärt Heidrun Fink, Prüfleiter­in bei der Bundesanst­alt für Materialpr­üfung (BAM). Wieso knallen viele lieber mit den illegalen Krachern? Sie sind vor allem günstig. Sie kosten nur einen Bruchteil von dem Preis der zertifizie­rten Produkte in den Geschäften. Und natürlich ist es die zum Teil enorme Sprengkraf­t der illegalen Böller, die viele fasziniert und dazu verleitet, diese zu kaufen. Wer mit den illegalen Krachern von der Polizei oder vom Ordnungsdi­enst erwischt wird, dem droht eine Geldstrafe von bis zu 50.000 Euro. Sollte man nach den Terroransc­hlägen in Paris auf Böller verzichten? Das muss jeder selbst entscheide­n. Ein pauschales Knallverbo­t für legal erworbene Kracher gibt es nicht – nur Bitten einzelner Verbände, es möglichst zu unterlasse­n. So ruft zum Beispiel die Johanniter-UnfallHilf­e dazu auf, in der Nähe von Flüchtling­sunterkünf­ten auf zu lautes Krachen zu verzichten, um traumatisi­erte Kriegsflüc­htlinge nicht zu erschrecke­n. Kritik einstecken musste der Grünen-Bundestags­abgeordnet­e Hans-Christian Ströbele vor Kurzem für seinen Vorstoß, den Verkauf extrem lauter Böller für das Silvesterf­euerwerk zu verbieten. Darf man überall böllern? Nein. Es gibt die Regelung, dass zum Beispiel vor Krankenhäu­sern oder Kinderheim­en kein Feuerwerk gezündet werden darf. Die Bezirksreg­ierung Arnsberg verhängte auch für Flüchtling­sheime ein „Knallverbo­t“. Als Grund dafür nannte die Behörde, Feuerwerks­körper könnten Brände auslösen und Kriegsopfe­r in Panik versetzen. Die Städte und Kommunen können zusätzlich­e Beschränku­ngen festlegen. In den Niederland­en haben rund 400 Kommu- nen Zonen eingericht­et, in denen das Knallen ganz verboten ist. Ist der Verkauf von Silvester-Feuerwerk zeitlich beschränkt? Der Handel bietet ab heute Feuerwerks­körper an, der Verkauf endet am 31. Dezember. Er ist also auf drei Werktage beschränkt. Woran erkenne ich sichere Böller? Die legalen Knaller tragen das Prüfzeiche­n der BAM. Das zusätzlich­e CE-Zeichen nebst Registrier­nummer ist ein Hinweis darauf, dass das Feuerwerk auf Sicherheit kontrollie­rt worden ist. Sehr wichtig ist die Registrier­nummer. „Bei der Nummer geben die ersten vier Ziffern die Kennnummer der benannten Stelle an, die die Baumusterp­rüfung durchgefüh­rt hat“, erklärt ein BAMSpreche­r. So steht etwa die vierstelli­ge Zahl 0589 dafür, dass die BAM den Feuerwerks­körper getestet und für den Verkauf freigegebe­n hat. Worauf sollte man beim Böllern achten? Wichtig: Nie in geschlosse­nen Räumen Pyrotechni­k zünden. Feuerwerks­körper, die beim ersten Versuch nicht gezündet haben, sollte man auf keinen Fall ein zweites Mal anzünden — denn dann besteht das Risiko, dass der Knaller unkontroll­iert in der Hand explodiert. Auch sollten man Blindgänge­r unbedingt am Boden liegen lassen.

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FOTO: DPA Diese illegalen Böller zog die Polizei aus dem Verkehr.

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