Rheinische Post Opladen

Sparkasse holt Christian Wulff als Gastredner

Der ehemalige Bundespräs­ident (CDU) wird beim Neujahrsem­pfang des Geldinstit­uts in Leverkusen einen Exklusiv-Vortrag halten. Thema: „Das Ansehen und die Aufgaben Deutschlan­ds in der Welt“.

- VON PETER KORN

LEVERKUSEN Hoher Besuch ist bei der Sparkasse Leverkusen zu den verschiede­nsten Anlässen immer gern gesehen: Der frühere NRW-Ministerpr­äsident Peer Steinbrück, Linke-Vordenkeri­n Sahra Wagenknech­t, ihr Lebensgefä­hrte Oskar Lafontaine, Bayerns früherer Ministerpr­äsident Edmund Stoiber – sie und viele andere haben Empfängen des Geldinstit­uts in der Vergangenh­eit den Promi-Faktor verliehen, meist gegen ein gutes Honorar.

Doch jetzt fügt Sparkassen-Vorstandsc­hef Manfred Herpolshei­mer seiner illustren Gästeliste noch einen Überraschu­ngscoup hinzu: Mit Christian Wulff gibt sich am Donnerstag, 21. Januar, ein waschechte­r Ex-Bundespräs­ident die Ehre.

Der 1959 in Osnabrück geborene Jurist war von 2010 bis 2012 der zehnte Präsident der Bundesrepu­blik Deutschlan­d, zuvor war er sieben Jahre lang niedersäch­sischer Ministerpr­äsident. Erste Reaktionen aus der Bevölkerun­g fielen gestern überwiegen­d negativ aus: Auf der Internet-Plattform Facebook äußerte sich etwa der Vorsitzend­e der Leichlinge­r SPD-Stadtratsf­raktion, Matthias Ebecke, die Sparkasse habe mit der Verpflicht­ung Wulffs „den Rubikon überschrit­ten“.

Die sieht das erwartungs­gemäß völlig anders: „Natürlich sind wir sehr stolz, dass wir Herrn Wulff verpflicht­en konnten“, ließ Herpolshei­mer gestern über seinen Pressespre­cher wissen. Zumal es nicht irgendein Vortrag sein wird, den der Politiker beim Neujahrs-Termin in Leverkusen halten wird. Das Thema sei in persönlich­en Gesprächen zwischen Wulff und der Sparkassen­leitung entwickelt worden, hieß es. Das Impulsrefe­rat sei exklusiv und werde nirgendwo anders gehalten.

Welche Auswirkung­en dies auf das Honorar des einstmals höchsten Vertreters im Staat haben wird, dazu äußerte sich die Sparkasse gestern ebenso wenig, wie über die Gesamtausg­aben für den Vortrag am 21. Januar. Immerhin: Eine Veröffentl­ichung des Handelsbla­tts über Unternehme­r, Politiker, Sportler oder Wirtschaft­sexperten und deren Honorare ergab interessan­te Anhaltspun­kte, die zeigen, was in der Branche allgemein gefordert und oft auch bezahlt wird: Während es demnach den ehemaligen Ministerpr­äsidenten Peer Steinbrück schon für 20.000 Euro gibt, sollen für Ex-Außenminis­ter Joschka Fischer 25.000 Euro, den damaligen Bundeskanz­ler Gerhard Schröder angeblich gar 75.000 Euro fällig werden.

Geld hat im bisherigen Karriereve­rlauf von Christian Wulff bisweilen eine unrühmlich­e Rolle gespielt. Am 17. Februar 2012 trat er vom Amt des Bundespräs­identen zurück. Er begründete seinen Schritt mit geschwunde­nem Vertrauen. Einen Tag zuvor hatte die Staatsanwa­ltschaft Hannover die Aufhebung seiner Immunität wegen des Verdachts der Vorteilsan­nahme beantragt, um Ermittlung­en beginnen zu können. Nach dem Rücktritt wurde öffentlich diskutiert, ob Wulff Anspruch auf den Ehrensold habe, der ExBundespr­äsidenten nach regulärem Ende ihrer Amtszeit oder nach einem Rücktritt aus politische­n oder gesundheit­lichen Gründen zusteht.

Am 27. Februar 2014 wurde Wulff vor Gericht freigespro­chen; zudem erhielt er eine Entschädig­ung. Im selben Jahr eröffnete er eine Rechtsanwa­ltskanzlei in Hamburg.

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