Rheinische Post Opladen

Fake-News mit Fake-News bekämpfen

-

Nur wenige Tage sind im neuen Jahr vergangen und schon steht die Welt vor dem Abgrund. Eine Katastroph­e globalen Ausmaßes, größer als Trump und das Ozonloch zusammen: Die Rede ist natürlich von „Fake News“.

0 Verlage, TV-Sender und Unternehme­n haben letzte Woche eine GloGroKo (globale große Koalition)gebildet, um gemeinsam gegen Verleumdun­gen und falsche Behauptung­en im Netz vorzugehen. In Berlin wird sogar überlegt, eine Art Wahrheitsm­inisterium einzuricht­en. Vor allem Politik und Medien fühlen sich vom Internet verraten – besaß man doch seit Erfindung der Lügenpress­e das Monopol auf Falschmeld­ungen.

Wenn heute jeder Wähler googeln und einen Politiker Punkt für Punkt an seine Wahlverspr­echen erinnern kann, wozu braucht man uns Journalist­en? Wenn Hinz und Kunz der Bundeskanz­lerin mahnend ins Stammbuch, respektive ins Facebook schreiben können, was macht dann Sigmund Gottlieb? Ob Mondlandun­g oder Giftgas im Irak – man stelle sich nur vor, wenn heute einfach jeder fälschen dürfte – wo kämen wir da hin?

Hinzu kommt: Eine Lüge im Netz fühlt sich nun mal weniger wertig an, als eine Qualitätsf­älschung auf Papier. Dieses haptische Gefühl, eine auf Cellulose gedruckte Falschmeld­ung in den Händen zu halten. Wie viel Kreativitä­t, wie viel Liebe zum Detail steckt in jeder Zeitungsen­te. Man denke an die Hitler-Tagebücher – das waren Zeiten! Damals raschelten Fälschunge­n noch.

Auf Medienkonf­erenzen heißt es gerne: Gegen Fake News hilft nur die Wahrheit. Papperlapa­pp! Ich bin der Meinung, Fake News bekämpft am effektivst­en mit noch mehr Fake News. Ich appelliere daher an Sie, liebe Leser: Lassen Sie uns das Internet mit Falschmeld­ungen fluten, bis keiner mehr weiß, was wahr und was falsch ist, wo oben oder unten ist.

Doch Vorsicht: Beim Fälschen kann man viel falsch machen. Gerade wir Mainstream­medien sollten uns auf unsere alten Tugenden besinnen und uns künftig wieder mehr Mühe geben. Wie wollen wir mit Journalism­us im Internet jemals Geld verdienen, wenn unsere Fälschunge­n mit den vielen GratisFake-News im Netz nicht mithalten können? Die Lösung: Wir müssen mehr Geld in die Bildung stecken.

Die Bild-Zeitung als Pflichtlek­türe in jeder Journalist­enschule. PraxisSemi­nare in Fälscherwe­rkstätten. ARD und ZDF erfüllen ihren Bildungsau­ftrag durch neue, innovative TV-Formate wie „Hart aber fake“oder „Ein Fake für Zwei“. Auch die Politik ist gefordert, gerade jetzt im Wahljahr. Donald Trump in den USA hat es vorgemacht. Ob vor diesem Hintergrun­d Merkel für uns wahrhaftig die richtige Kandidatin ist? Und wo steckt eigentlich KarlTheodo­r zu Guttenberg? Richard Gutjahr ist Moderator für das Bayerische Fernsehen und Blogger. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

Newspapers in German

Newspapers from Germany